Vom Rentner zum Nichtrentner?

Ob und wann eine „Entrentnerung“ sinnvoll ist

Samstag, 01.06.2024 , geschrieben von iurFRIEND-Redaktion

Als Früh- oder Altersrentner die Beine hochlegen - eigentlich müssten Sie doch jetzt ein glücklicher Mensch sein. Trotzdem könnte es Gründe geben, auf diesen Status wieder zu verzichten und zum Nichtrentner zu werden. Geht das? Erfahren Sie hier, wann Ihr Rentenbescheid rechtskräftig wird, welche Optionen es gibt, wenn Sie als Rentner einfach zusätzlich Geld verdienen möchten, und wie Unterhalt und Versorgungsausgleich bei diesem Vorhaben zu berücksichtigen sind. Gerne informieren Sie sich auch erst einmal mit Hilfe unseres Gratis-InfoPakets zur Scheidung, falls diese ins Haus steht. 

Wenn Ihr Rentenbescheid noch nicht rechtskräftig ist…

Haben Sie die Früh-, Alters- oder Erwerbsminderungsrente beantragt, können Sie den Antrag jederzeit zurücknehmen, solange Sie noch keinen förmlichen Rentenbescheid erhalten haben oder ein übersandter Rentenbescheid noch nicht rechtskräftig ist. Haben Sie den Rentenbescheid erhalten, wird der Rentenbescheid rechtskräftig und damit unanfechtbar, sobald entweder 

  • die Widerspruchsfrist abgelaufen ist oder
  • Sie gegen den Bescheid Widerspruch eingelegt und gegen den ablehnenden Widerspruchsbescheid nicht Klage beim Sozialgericht eingelegt haben.

Die Widerspruchsfrist gegen den Rentenbewilligungsbescheid beträgt einen Monat. Die gleiche Frist gilt, wenn Sie den ablehnenden Widerspruchsbescheid erhalten haben. Die Frist beginnt ab dem Zeitpunkt, an dem Sie einen dieser Bescheide in Ihrer Post haben. Sollte ein Bescheid im Ausland bekanntgegeben werden, beträgt die Widerspruchsfrist 12 Wochen. Details zu den Rechtsbehelfen entnehmen Sie dem Rentenbescheid.

Wenn Ihr Rentenbescheid rechtskräftig geworden ist…

Ist Ihr Rentenbescheid rechtskräftig, sind Sie formal Rentner. Möchten Sie auf diesen Status als Rentner verzichten und sich sozusagen „entrentnern“, können Sie gegenüber der Deutschen Rentenversicherung in einem formlosen Schreiben den Verzicht erklären (Quelle: Auskunft Deutsche Rentenversicherung Bund). Sie wechseln dann in den Nichtrentnerstatus. Damit ist die Frage verbunden, in welchem neuen Status Sie sich dann befinden und wie Sie dann Ihren Lebensunterhalt verdienen.

EXPERTENTIPP

Kein leichtfertiger Verzicht bei Erwerbsminderungsrente

Beziehen Sie eine Erwerbsminderungsrente, könnten Sie mit Ihrem Verzicht die Frage provozieren, aufgrund welcher Angaben Sie die Rente beantragt haben. Ergibt sich, dass Sie doch nicht so erwerbsgemindert waren, wie Sie vorgegeben haben, könnten Sie sich dafür rechtfertigen müssen. Es wäre zu empfehlen, dass Sie sich in diesem Fall vorher anwaltlich beraten lassen.

Kann man als Rentner, statt Rente rückgängig zu machen, nicht trotzdem Vollzeit arbeiten gehen?

Die eigentliche Frage ist, ob es denn überhaupt zweckmäßig ist, auf den Status als Rentner zu verzichten. Möchten Sie beispielsweise wieder voll arbeiten und eigenes Geld verdienen, ist der Verzicht auf den Rentnerstatus nicht zwingend notwendig. Neuerdings dürfen Sie als Früh- oder Altersrentner nämlich unbegrenzt hinzuverdienen, ohne dass der Verdienst auf die Rente angerechnet wird. Beziehen Sie eine Erwerbsminderungsrente, gelten allerdings Verdienstgrenzen.

Option 1: Sie sind Frührentner

Seit dem 1. Januar 2023 gibt es bei vorgezogenen Altersrenten keine Hinzuverdienstgrenzen mehr. Das bedeutet, Sie können so viel hinzuverdienen, wie Sie möchten, ohne dass Ihre Rente gekürzt wird. Es ist also möglich, zwei Einkünfte, nämlich Ihre Rente und Ihr Arbeitsentgelt nebeneinander zu beziehen. Für Bezieher von Erwerbsminderungsrenten gelten allerdings weiterhin Hinzuverdienstgrenzen. 

 

Beziehen Sie eine vorgezogene Altersrente und üben weiterhin eine rentenversicherungspflichtige Tätigkeit aus, bleiben Sie weiter rentenversicherungspflichtig. Sie zahlen also immer noch Beiträge zur Rentenversicherung. Alle Beiträge, die Sie zwischen dem Beginn Ihrer vorgezogenen Altersrente und dem Erreichen der Regelaltersgrenze gezahlt haben, finden Berücksichtigung bei Ihrer späteren Rente, sobald Sie die Regelaltersgrenze erreicht haben. Für Freiberufler gilt dies nicht. Freiberufler dürfen aber freiwillig in die Rentenkasse einzahlen.

 

Bei der vorgezogenen Altersrente gibt es die abschlagsfreie „Altersrente für besonders langjährig Versicherte“ ab dem 63. Lebensjahr. Anders ist es bei der vorgezogenen „Altersrente für langjährig Versicherte“. Wird diese Altersrente ab dem 63. Lebensjahr vorzeitig bezogen, müssen Abschläge in Kauf genommen werden. 

 

Bei der Altersrente für langjährig Versicherte ist es so, dass Sie für jeden Monat, den Sie vor der Regelaltersgrenze in Rente gehen, 0,3 % Abschlag von der Rente in Kauf nehmen müssen, im Jahr also 3,6 %. Diese Kürzung findet lebenslang statt, also nicht nur bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, sondern für immer. In Abhängigkeit vom Geburtsjahr betragen die Abschläge 9,9 % (Geburtsjahr 1955) - 14,4 % (Geburtsjahr 1964). Diese Abschläge lassen sich vermeiden, wenn Sie nach Rentenbezug wenigstens noch in Teilzeit arbeiten. Gehen Sie dann bis zum offiziellen Altersruhestand in Teilzeit, brauchen Sie keine Kürzung Ihrer Rentenansprüche hinzunehmen. Außerdem sammeln Sie weiter Rentenpunkte bis zur Regelaltersgrenze.

GUT ZU WISSEN

Mehr als 20% der Rentner weiter beschäftigt

„Erwerbsarbeit im Rentenalter ist, anders als oft angenommen, kein Indiz für Altersarmut. Hauptgründe sind Spaß an der Arbeit, Kontakt zu anderen Menschen und das Gefühl, gebraucht zu werden“ (Quelle: Hubertus Heil, damaliger Bundesarbeitsminister). Insoweit verwundert es nicht, dass mehr als 21 % der erwerbstätigen Rentner weiter sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind. Dies sind doppelt so viele wie 2005.

Option 2: Sie sind Altersrentner

Haben Sie die Regelaltersgrenze erreicht und beziehen die Altersrente, dürfen Sie unbegrenzt hinzuverdienen. Auch wenn Sie wegen Erreichens der Regelaltersgrenze nicht mehr rentenversicherungspflichtig sind, dürfen Sie freiwillig Beiträge zur Rentenversicherung leisten und erhöhen dadurch einmal im Jahr Ihre Altersrente. Ihre Rente wird dann jeweils neu berechnet. Dazu müssen Sie gegenüber Ihrem Arbeitgeber erklären, dass Sie auf die Rentenversicherungsfreiheit verzichten und noch weiterhin eigene Rentenversicherungsbeiträge zahlen möchten.

 

Aber: Sie sind nicht verpflichtet, Ihre Rente zu beantragen und Rente zu beziehen. Schieben Sie den Rentenbeginn hinaus oder verzichten auf den Rentnerstatus, werden Sie mit Zuschlägen belohnt und erhöhen Ihre spätere Altersrente. Wer über die Regelaltersgrenze hinaus arbeitet und keine Rente beantragt, erhält für jeden Monat einen Rentenzuschlag von 0,5 %, im Jahr also 6 % mehr. Haben Sie eine Rente von 1000 € zu erwarten, erhöhen Sie die Rente allein durch diesen Zuschlag um 60 €.

 

Zusätzlich erhöht sich die Rente noch durch Ihre laufenden Beitragszahlungen zur Rentenversicherung. Die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entfallen. Aber: Werden Sie nach Erreichen der Regelaltersgrenze arbeitslos, besteht kein Anspruch auf Arbeitslosengeld I mehr.

 

Fazit:

Verzichten Sie in diesem Fall auf Ihre bereits bewilligte Rente, profitieren Sie davon, dass Sie mit dem Rentenzuschlag von 0,5 % pro Monat, den laufenden Beitragszahlungen und den jährlichen Rentenerhöhungen Ihre Altersrente zusätzlich erhöhen. Aber: Trotzdem ist der Verzicht nicht unbedingt zu empfehlen. Die Rente bekommen Sie allein wegen des Alters. Die möglichen Zuschläge stehen wahrscheinlich nicht im Verhältnis zu dem, was Sie an Rente beziehen könnten. Besser ist, die Rente zu vereinnahmen und zusätzlich im Job Geld zu verdienen.

Option 3: Sie arbeiten im Minijob

Beziehen Sie Ihre Rente, können Sie problemlos in einem Minijob weiterarbeiten. Es lassen sich auch mehrere Minijobs kombinieren, solange das Gesamteinkommen die Verdienstgrenze von derzeit 538 € (Stand 2024) monatlich nicht übersteigt. Vorteilhaft ist, dass es bei Minijobs keine Abzüge für Kranken- und Pflegeversicherung gibt. Soweit der Minijob rentenversicherungspflichtig ist, können Sie sich als Frührentner oder Altersrentner davon befreien lassen. 

 

Da Sie Ihre Rente durch einen Minijob problemlos aufbessern können, besteht nicht unbedingt ein Grund, auf Ihre Rente verzichten.

Endet das Arbeitsverhältnis laut Vertrag mit der Regelaltersgrenze?

In Arbeitsverträgen oder Tarifverträgen heißt es oft standardmäßig, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Teilweise wird einschränkend formuliert, dass das Arbeitsverhältnis erst dann endet, wenn eine Altersrente bezogen wird. 

 

Möchten Sie trotz Rentenbezug weiterarbeiten, besteht jedoch immer die Option, mit dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in einer zu vereinbarenden Form zu vereinbaren. Wegen der Formulierung der Klausel in Ihrem Arbeitsvertrag kommt es auf den Wortlaut an. Sie sollten sich dazu mit Ihrem Arbeitgeber besprechen oder juristisch beraten lassen.

Sind Rentner einkommensteuerpflichtig?

Ein Teil Ihrer Rente gehört zum steuerpflichtigen Einkommen. Ob Sie dafür tatsächlich Einkommensteuer zahlen müssen, hängt davon ab, wann Sie in Rente gehen. Wer in 2020 in Rente ging, muss 80 % der Rente versteuern. Gehen Sie in 2024 in Rente, sind 84 % und in 2025 85 % der Rente steuerpflichtig. Ab 2040 ist dann die komplette Rente steuerpflichtig. 

 

Ob Sie tatsächlich Einkommensteuer zahlen müssen, hängt von der Höhe der Rente und von weiteren Einkünften ab. Da für Rentner auch alle Steuerfreibeträge gelten (Grundfreibetrag, Werbungskostenpauschale, Sonderausgaben-Pauschbetrag, Altersentlastungsbetrag, Pauschalbetrag für Sparer) sind Sie nur steuerpflichtig, wenn sich tatsächlich ein steuerpflichtiges Einkommen ergibt.

 

Die Deutsche Rentenversicherung meldet die ausgezahlte Rente jährlich der Zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen. Die Zulagenstelle übermittelt die Daten an die Finanzverwaltung der Bundesländer. Da die Höhe Ihrer Renten dem Finanzamt bekannt ist, sollten Sie eine Einkommensteuererklärung abgeben, sofern Sie wegen der Höhe Ihrer Rente und Ihres Gesamteinkommens steuerpflichtig sind.

Sind Rentner unterhaltspflichtig?

Beziehen Sie eine Rente, gilt die Rente als Einkommen, nach dem sich Ihre Unterhaltspflicht bestimmt. Insoweit macht es keinen Unterschied, ob Sie die Rente als Altersrente, Frührente oder Erwerbsminderungsrente beziehen. Auch wenn Sie die Rente wegen der Scheidung im Wege des Versorgungsausgleichs von Ihrem Ex-Partner erworben haben, zählt diese Rente als Einkommen (BGH FamRZ 2003, 851). 

 

Darüber hinaus zählen auch Ihre sonstigen Einnahmen beispielsweise aus der Vermietung einer Mietimmobilie, Kapitaleinkünfte oder Steuerrückerstattungen zu Ihrem Einkommen. Aus diesem Einkommen insgesamt ist Ihr unterhaltsrelevantes Nettoeinkommen zu berechnen.

 

Verdienen Sie neben Ihrer Rente zusätzliches Geld durch eine Erwerbstätigkeit, bestehen gute Gründe, Ihre Einkünfte als überobligatorische Einkünfte zu bewerten und diese zumindest nicht in voller Höhe für den Unterhalt heranzuziehen. Grund ist, dass Sie bei Bezug einer Altersgrenze aufgrund Ihres Alters an sich nicht mehr verpflichtet wären überhaupt, noch erwerbstätig zu sein.

 

Der Unterhaltsberechtigte sollte also nicht davon profitieren, dass Sie sich trotz Ihres Alters noch abmühen und zusätzliches Geld verdienen. Letztlich kommt es darauf an, in welchem Umfang das aus einer überobligatorischen Tätigkeit erzielte Einkommen nach Billigkeitserwägungen für den Unterhalt einzusetzen ist (BGH FamRZ 2011, 454). Sollte dieses Einkommen unterhaltsrechtlich relevant sein, dürfen Sie jedenfalls berufsbedingte Aufwendungen und einen Erwerbstätigenbonus einkommensmindernd berücksichtigen.

 

> Unterhaltsberechnung bei iurFRIEND / unterhalt.com anfragen

Welche Rolle spielt die Rente beim Versorgungsausgleich?

Beziehen Sie eine Rente, zählt die Rente zum unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen. Davon dürfen weder berufsbedingte Aufwendungen noch ein Erwerbstätigenbonus abgezogen werden. Verzichten Sie auf die bewilligte Rente, haben Sie auf die Rente lediglich eine Anwartschaft. Kommt es zur Scheidung, werden Ihre Rentenanwartschaften mit dem Ehepartner geteilt. Beziehen Sie dann später Rente, hätten Sie aufgrund der geringeren Rente auch ein geringeres unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen. Welche Option günstiger ist, hängt von den Umständen ab. 

Alles in allem

Beantragen Sie die Rente, sollten Sie vorher genau prüfen und sich im Klaren sein, wie Sie künftig leben möchten. Sollte es dann tatsächlich so sein, dass Sie den Bezug der Rente rückgängig machen möchten, ist wichtig, die damit verbundenen Aspekte in die Abwägung einzubeziehen.

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