Warum kann ich nicht ohne Scheidungsantrag die Scheidung einreichen?
Die für den Antrag und das Scheidungsverfahren maßgeblichen Rechtsvorschriften finden sich im Eherecht des Bürgerlichen Gesetzbuches (§§ 1564 ff. BGB) und im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen (§§ 121 ff. FamFG).
Man könnte meinen, es sei Privatsache der Eheleute, getrennte Wege zu gehen und ihre Scheidung einreichen wollen. Dann wäre die Institution „Ehe“ ins Belieben der Eheleute gestellt. Die Ehe ist aber mehr als das bloße Versprechen, miteinander leben zu wollen. Wer sich auf die Ehe einlässt, muss wissen, dass er damit eine Verpflichtung eingeht, die das Gesetz in § 1353 BGB dahingehend definiert, dass die Ehe auf Lebenszeit geschlossen wird und die Ehegatten zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet sind. Sie tragen hierfür Verantwortung füreinander.
Will ein Partner Scheidung einreichen, muss er den formellen Weg des Scheidungsverfahrens gehen. Ein weiterer Aspekt ist, dass die eheliche Lebensgemeinschaft mit vielerlei weitergehenden Verpflichtungen verbunden ist. Dazu gehört die Verantwortung für die gemeinsamen Kinder, die Verantwortung für wirtschaftliche und finanzielle Verpflichtungen, gemeinsames Vermögen und nicht zuletzt die Vorsorge für das Alter. Wird die Ehe aufgelöst, müssen Regelungen getroffen werden, die all diesen Verpflichtungen Rechnung tragen. Im Scheidungsverfahren sind demgemäß zu berücksichtigen:
Mit dem Scheidungsantrag die Scheidung einreichen
Der Antrag kann frühestens nach Ablauf des Trennungsjahres beim Familiengericht eingereicht werden (§ 1565 I BGB). Voraussetzung dafür ist, dass die Ehe gescheitert ist (§ 1565 II Satz 2 BGB). Sobald ein Partner die Scheidung einreichen möchte, empfiehlt sich ein erstes anwaltliches Beratungsgespräch, um die Scheidungsvoraussetzungen abzuklären (Trennung, Trennungszeit, Zuständigkeit des Gerichts, Rechtswahl - falls ein oder beide Partner Ausländer sind oder im Ausland wohnen).
Scheidungsunterlagen zusammenstellen
Um die Scheidung einreichen zu können, sind Unterlagen erforderlich. Es empfiehlt sich, die Unterlagen für den Scheidungsantrag frühzeitig zusammenzustellen. Der Rechtsanwalt muss bestimmte, vom Gesetz vorgegebene Unterlagen beim Familiengericht einreichen:
- Kopie Familienstammbuch oder Heiratsurkunde (Vorlage Original im Scheidungstermin erforderlich!)
- Kopie Geburtsurkunde der gemeinsamen Kinder
- Beglaubigte Kopie einer eventuell beurkundeten notariellen Scheidungsfolgenvereinbarung
- Formulare zur Beantragung des Versorgungsausgleichs
- Vorlage Personalausweis im Scheidungstermin
- Verfahrenskostenhilfeantrag nebst Vorlage Gehaltsbelege, Nachweise über Verbindlichkeiten, Mietvertrag.
Warum benötige ich einen Anwalt?
Ohne Rechtsanwalt geht es nicht, zumindest nicht ganz ohne. Aufgabe des Anwalts ist es, aus dem Sachvortrag seines Mandanten das heraus zu kristallisieren, was für den Scheidungsantrag tatsächlich relevant ist. Alles andere interessiert den Familiengericht nicht oder allenfalls am Rande. Aus diesem Grunde kann ein Antragsteller im familiengerichtlichen Verfahren nur im Beisein seines Anwalts verhandeln und Anträge stellen.
Scheidung bei beschränkter Geschäftsfähigkeit
Auch ein in der Geschäftsfähigkeit beschränkter Ehegatte kann die Scheidung einreichen (§ 125 FamFG). Ist der Ehegatte geschäftsunfähig (z.B. dement oder unter Betreuung stehend), wird das Verfahren durch seinen gesetzlichen Vertreter geführt. Der gesetzliche Vertreter benötigt für den Antrag allerdings die Genehmigung des Familien- oder Betreuungsgerichts.
Der Rechtsanwalt des antragstellenden Ehepartners reicht den Scheidungsantrag nach Ablauf des Trennungsjahres beim örtlich zuständigen Familiengericht ein. Der Antrag ist mit einer Erklärung der Partei über die Scheidungsfolgesachen zu verbinden (§ 133 FamFG). Ist eine Folgesache streitig, ist deren Regelung zu beantragen. Er kann allenfalls wenige Wochen vor Ablauf des Trennungsjahres eingereicht werden. Die Zustellung an den Partner durch das Familiengericht erfolgt aber dennoch erst dann, wenn feststeht, dass das Trennungsjahr vollzogen ist.
Wie erkenne ich einen kompetenten Anwalt?
Die Wahl der richtigen anwaltlichen Vertretung ist wichtig - worauf sollten Sie bei der Suche also achten? Und wie können Sie den Anwalt wechseln, wenn Sie unzufrieden sind?
Es genügt, wenn bei der einvernehmlichen Scheidung ein Ehepartner anwaltlich vertreten ist. Dieser Partner kann die Scheidung einreichen. Der andere Ehepartner kann dann allerdings lediglich zustimmen und sein Einverständnis mit der Scheidung erklären. Er selbst kann aber beim Familiengericht nicht selbst verhandeln und keine Anträge stellen. Dafür spart er die Kosten für den eigenen Anwalt.
Wann wird einer Partei ein Rechtsanwalt von Amts wegen beigeordnet?
Soweit der Antragsgegner im Scheidungsverfahren nicht anwaltlich vertreten ist, hat ihn das Gericht von Amts wegen zur Wahrnehmung seiner Rechte einen Rechtsanwalt beizuordnen, wenn diese Maßnahme nach der freien Überzeugung des Gerichts zum Schutz des beteiligten Partners unabweisbar erscheint (§ 138 FamFG).
Hat das Gericht den Eindruck, dass der Partner mit dem Scheidungsantrag faktisch überfahren wird und nicht in der Lage ist, seine Rechte im Scheidungsverfahren ordnungsgemäß und interessengerecht wahrzunehmen, ist es verpflichtet, ihm einen Rechtsanwalt zur Seite zu stellen.
Welches Gericht ist zuständig?
Der Scheidungsantrag lässt sich nicht beliebig bei irgendeinem Amtsgericht einreichen. Details regelt § 122 Familienverfahrensgesetz (FamFG). Es bestimmt eine Rangfolge, nach der die Zuständigkeit des örtlich zuständigen Familiengerichts zu prüfen ist. Die Familiengerichte sind dabei Unterabteilungen der Amtsgerichte.
- Leben die Partner innerhalb der Ehewohnung getrennt, ist das örtliche Familiengericht zuständig.
- Leben die Ehepartner getrennt, haben aber gemeinsame Kinder, ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Partner mit den Kindern lebt. Grund ist, dass das Jugendamt eingebunden werden muss.
- Haben die Partner keine gemeinsamen Kinder, kommt es darauf an, ob ein Partner noch im Bezirk der gemeinsamen Ehewohnung lebt. Dann ist das örtliche Familiengericht zuständig.
- Leben beide Partner an einem anderen Wohnort und haben keine gemeinsamen Kinder, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Fehlt es daran, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
- In Zweifelsfällen und wenn sich eine Zuständigkeit anderweitig nicht begründen lässt, ist das Amtsgericht Berlin-Schöneberg zuständig.
Nach Möglichkeit Amtsgericht strategisch wählen
Das Scheidungsverfahren lässt sich insoweit beeinflussen, als durch die Wahl des Wohnortes ein Amtsgericht zuständig werden kann, bei dem Scheidungsverfahren erfahrungsgemäß zügig und effektiv abgewickelt werden. Wer es also besonders eilig hat, sollte seinen neuen Wohnort strategisch wählen.
Inhalt des Scheidungsantrags
§ 133 FamFG regelt den Inhalt. So muss die Antragsschrift enthalten:
- Name und Geburtsdaten der gemeinschaftlichen minderjährigen Kinder sowie die Mitteilung ihres gewöhnlichen Aufenthalts
- Die Erklärung, ob die Ehegatten zu folgenden Punkten eine Regelung getroffen haben:
Ferner ist zu erklären, ob Familiensachen an einem anderen Familiengericht noch anhängig sind. Soweit auch beantragt wird, über eine der vorgenannten Folgesachen zu verhandeln, soll der Familienrichter über die Scheidung und Folgesachen möglichst zusammen verhandeln und entscheiden. Das wird „ Verbundverfahren“ genannt.
Zustellung des Scheidungsantrags erst nach Zahlung des Gerichtskostenvorschuss
Der Antrag muss dem anderen Ehepartner durch das Familiengericht förmlich zugestellt werden. Dazu muss der Antragsteller bei der Gerichtskasse den Gerichtskostenvorschuss bezahlen. Erst dann wird das Gericht den Antrag dem Partner amtlich (gelbes Briefcouvert) zustellen. Auch der beauftragte Anwalt erwartet einen Kostenvorschuss.
Die Höhe der an Gerichtskasse und Rechtsanwalt zu entrichtenden die Gebühren richtet sich nach den Gegenstandswerten des Scheidungsverfahrens. Will man lediglich die Scheidung einreichen, fällt nur der Gegenstandswert für die Scheidung an. Müssen auch Scheidungsfolgen geregelt werden, wird für jedes Scheidungsfolgenverfahren ein eigenständiger Gegenstandswert beziffert, der zwangsläufig den Kostenaufwand in die Höhe treibt. Um den Kostenaufwand einzudämmen, empfiehlt sich die einvernehmliche Scheidungsfolgenvereinbarung.
Ausgehend vom Gegenstandswert rechnen das Gericht seine Gebühren nach Maßgabe des Gerichtskostengesetzes und der Rechtsanwalt nach Maßgabe der Gebührenordnung für Rechtsanwälte ab. Bei geringem Einkommen kann jede Partei beim Familiengericht staatliche Verfahrenskostenhilfe beantragen.
Unterhaltsvorschuss geht Verfahrenskostenhilfe vor
Kann ein Ehepartner die Kosten eines Rechtsstreits nicht selbst tragen, ist der leistungsfähige Partner verpflichtet, ihm diese Kosten vorzuschießen (§ 1360a Abs. IV BGB). Der Kostenvorschuss ist Teil seiner Unterhaltsverpflichtung.
Wie wird bei einvernehmlicher / streitiger Scheidung verfahren?
Im Idealfall verständigen sich die Parteien darauf, dass sie beide die Scheidung einreichen wollen und einigen sich über sämtliche damit verbundenen Folgesachen. Nach Möglichkeit treffen sie eine Scheidungsfolgenvereinbarung. Dann genügt es, wenn ein Ehepartner allein die Scheidung beantragt. Der Andere braucht einfach nur zuzustimmen.
Was können Sie in einer Scheidungsfolgenvereinbarung regeln?
Sie können alle Folgen der Scheidung, wie z.B. Zugewinn-, Versorgungsausgleich, Unterhalt und Sorgerecht, klären. So gelingt die Scheidung einvernehmlich!
Können sich die Ehegatten nicht einvernehmlich verständigen, kann das Gericht unterschiedlich reagieren.
- Widerspricht der Partner dem Scheidungsantrag nur im Hinblick auf die Scheidung, prüft das Gericht die Voraussetzungen der Scheidung. Ist die Ehe aufgrund der Trennungszeit gescheitert, erfolgt die Scheidung durch Beschluss (siehe dazu § 1566 BGB).
- Ist das Gericht der Auffassung, dass „Aussicht auf Fortsetzung der Ehe“ besteht, kann es das Verfahren von Amts wegen bis auf die Dauer von einem Jahr aussetzen. Ist die Trennungszeit länger als ein Jahr, ist die Aussetzung nur mit Zustimmung beider Eheleute möglich (§ 136 FamFG).
- Sind Scheidungsfolgesachen beim Familiengericht anhängig (also zur Entscheidung eingereicht) kann das Gericht anordnen, dass die Ehegatten einzeln oder gemeinsam an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder einer anderen Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung teilnehmen und hierüber eine Bestätigung vorlegen. Die dafür kompetente Person oder Stelle wird vom Gericht benannt. Die Anordnung ist nicht selbständig anfechtbar, allerdings auch nicht mit Zwangsmitteln durchsetzbar (§ 135 FamFG).
Verfahrensablauf der Scheidung im Termin
Das Gericht bestimmt, nachdem der Scheidungsantrag eingegangen und der Antrag an den Partner zugestellt wurde, den mündlichen Verhandlungstermin. Der Ehepartner kann seinen Scheidungsantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung im Termin zurücknehmen, der andere kann seine Zustimmung zur Scheidung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung widerrufen und sodann streitig verhandeln (§ 134 FamFG).
Die Verhandlungstermine vor dem Familiengericht sind nicht öffentlich. Lediglich die beteiligten Ehegatten sowie ihre Rechtsvertreter, bei Einbeziehung von Kindern auch der Vertreter des Jugendamtes, nehmen teil.
Online-Scheidung in Erwägung ziehen
Wickeln Sie das Verfahren online ab, können Sie nicht nur die Scheidung online einreichen, sondern ggf. auch am Gerichtstermin online per Videokonferenz teilnehmen. Dazu muss das Gericht die richtige technische Ausstattung haben und es darf in der Scheidungssache selber nichts dagegensprechen. Besonders gute Chancen haben Sie mit der einvernehmlichen Scheidung.