Was passiert mit meinem gesetzlichen Erbrecht bei der Scheidung?
Solange Sie verheiratet sind, steht Ihnen im Fall des Todes Ihres Ehepartners ein gesetzliches Erbrecht zu (§ 1931 BGB). Sie haben ein Ehegattenerbrecht. Als Ehepartner sind Sie jedoch nur bei bestehender Ehe erbberechtigt. Mit der Scheidung entfällt Ihr gesetzliches Erbrecht. Sie haben dann keinerlei Ansprüche gegen den Nachlass. Das gesetzliche Erbrecht Ihrer Kinder besteht, unabhängig davon ob Ihre Ehe besteht oder geschieden ist, unverändert fort.
Für ein gesetzliches Erbrecht gibt es infolge der Auflösung Ihrer Ehe keinen rechtfertigenden Grund mehr. Dies hat auch praktische Gründe. Würde das gesetzliche Erbrecht fortbestehen und hätte Ihr Ehepartner nach Ihrer Scheidung erneut oder gar mehrfach neu geheiratet, hätten alle Ehepartner ein gesetzliches Erbrecht. Die erbrechtliche Situation würde sich verkomplizieren und wäre irgendwann unüberschaubar.
Wann genau entfällt mein gesetzliches Erbrecht bei der Scheidung?
Ihr gesetzliches Erbrecht entfällt nicht etwa erst mit Ihrer rechtskräftigen Scheidung. Der Scheidungsbeschluss wird in der juristischen Sprache „rechtskräftig“, wenn beide Ehepartner im Scheidungstermin auf Rechtsmittel verzichten oder innerhalb einer Frist von einem Monat nach der Zustellung des Scheidungsbeschlusses keine Rechtsmittel beim Landgericht einlegen.
Ihr gesetzliches Erbrecht entfällt bereits, wenn:
- Sie die Scheidung beantragt und Ihr verstorbener Ehepartner Ihrem Scheidungswunsch zugestimmt hat oder
- umgekehrt Ihr Ehepartner die Scheidung beantragt hat und der Scheidungsantrag beim Familiengericht rechtshängig ist und
- in beiden Alternativen die Voraussetzungen der Scheidung gegeben waren.
Auch wenn Ihre Ehe formal noch bis zur Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses besteht, ist Ihr gesetzliches Erbrecht bereits vorher entfallen.
Wann ist der Scheidungsantrag rechtshängig?
Ihr gesetzliches Erbrecht als Ehegatte erlischt, wenn der Scheidungsantrag Ihres Ehepartners beim Familiengericht rechtshängig ist. Die Rechtshängigkeit ist der dafür maßgebliche Zeitpunkt. Der Scheidungsantrag wird rechtshängig, wenn die Gebührenrechnung der Gerichtskasse bezahlt wird und das Gericht den Scheidungsantrag dem Partner förmlich zustellt. Vorher ist der Antrag nur bei Gericht anhängig. Solange ein Antrag nur anhängig ist, hat er keinen Einfluss auf das Ehegattenerbrecht. Auch Ihre Trennung oder Ihr Auftrag an einen Rechtsanwalt, den Scheidungsantrag einzureichen, führt noch nicht zur Rechtshängigkeit.
Wie ist das mit meinem gesetzlichen Pflichtteil bei der Scheidung?
Sie haben als Ehepartner einen gesetzlichen Pflichtteil, wenn Ihr Ehepartner Sie in einem Testament enterbt und eine andere Person zu seinem Erben bestimmt hat. Da der Pflichtteil auf dem gesetzlichen Erbteil beruht und dem Hinterbliebenen einen Mindestanspruch am Nachlass gewähren soll, entfällt folgerichtig auch der Pflichtteil, wenn der gesetzliche Erbteil infolge Ihrer Scheidung entfallen ist. Sie erben also im Hinblick auf Ihre Scheidung tatsächlich nichts.
Unterhaltsanspruch nach der Scheidung?
Mit Ihrer Scheidung verlieren Sie nach dem Tod Ihres Ehepartners Ihr Ehegattenerbrecht. Sie behalten aber Ihre Unterhaltsansprüche (§ 1586b BGB). Nach dem Tod Ihres verstorbenen Ehepartners geht dessen Unterhaltspflicht als Nachlassverbindlichkeit auf die Erben über. Sind Ihre gemeinsamen Kinder erbberechtigt, zahlen die Kinder Ihren Ehegattenunterhalt.
Sie haben nach Ihrer Scheidung Anspruch auf Ehegattenunterhalt, weil Ihnen aufgrund Ihres fortgeschrittenen Alters keine Erwerbstätigkeit zuzumuten war. Die Erben müssen diesen Unterhaltsanspruch erfüllen, vorausgesetzt, dass die dafür maßgeblichen Voraussetzungen auch künftig vorliegen. Sollten Sie doch wieder Arbeit finden, kann es sein, dass der Unterhaltsanspruch entfällt.
Was ist, wenn mein Ehepartner vor der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags verstirbt?
Die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ist der maßgebliche Zeitpunkt dafür, dass das gesetzliche Erbrecht eines Ehepartners entfällt. Dann lässt sich bisweilen nicht verhindern, dass das gesetzliche Erbrecht fortbesteht.
Scheidung beantragt, Ehepartner vor Zustimmung verstorben
Sie beantragen die Scheidung. Dann verstirbt Ihr Ehepartner, bevor er Ihrem Scheidungsantrag zustimmen konnte. Auch dann besteht Ihr gesetzliches Erbrecht fort. Ihr gesetzliches Erbrecht bestimmt sich dann nach den gesetzlichen Regeln. In diesem Fall konnte Ihr verstorbener Ehepartner seinen Wunsch, Sie gesetzlich zu enterben, nicht mehr realisieren.
Möchten Sie umgekehrt selbst nach Ihrer Trennung vermeiden, dass Ihr Ehepartner für den Fall Ihres vorzeitigen Ablebens Ihr gesetzlicher Erbe wird, sollten Sie nach Vollzug des Trennungsjahres den Scheidungsantrag stellen und umgehend dessen Rechtshängigkeit herbeiführen. Um Zeit zu gewinnen, empfiehlt sich, den Scheidungsantrag online zu stellen und die Scheidung als Online-Scheidung zu betreiben. Dann entfällt die oft mühsame Suche nach einem Rechtsanwalt und die dafür notwendige Terminierung eines Besprechungstermins in der Kanzlei.
Was ist, wenn meine Ehe aufgehoben wird?
Haben Sie geheiratet, obwohl das Gesetz einen Aufhebungsgrund bestimmt, lässt die Aufhebung der Ehe Ihr gesetzliches Erbrecht als Ehepartner gleichfalls entfallen (§ 1318 V BGB), vorausgesetzt, Sie kannten bei der Heirat den Aufhebungsgrund.
Erbrecht bei Scheinehe
Sie haben eine Scheinehe geschlossen. Da Sie den Hintergrund für die Ehe kannten, sind Sie nicht erbberechtigt, wenn Ihre Ehe beispielsweise auf Antrag der Verwaltungsbehörde aufgehoben wird und der Ehepartner zwischenzeitlich verstirbt. Maßgeblicher Zeitpunkt ist das Datum der Antragstellung.
Wann habe ich in der bestehenden Ehe ein Erbrecht?
Um Ihre gesetzliche Erbfolge zu bestimmen, ist zunächst festzustellen, welche Verwandten vorhanden sind, die als gesetzliche Erben in Betracht kommen. Stehen die Verwandten als gesetzliche Erben fest, bemisst sich Ihr Erbanteil noch zusätzlich nach Ihrem Güterstand.
Es sind keine Kinder und keine Verwandten vorhanden
Verstirbt Ihr Ehepartner, während Ihre Ehe besteht, werden Sie gesetzlicher Erbe (§ 1931 Abs. II BGB). Sind aus Ihrer Ehe keine Kinder hervorgegangen (Erben 1. Ordnung) und sind weder Eltern noch Großeltern (Erben 2. Ordnung) vorhanden, erhalten Sie als Ehepartner die gesamte Erbschaft. Sie erben alles und allein. Dabei spielt es keine Rolle, in welchem Güterstand (Zugewinngemeinschaft, Gütertrennung) Sie lebten. Der Güterstand spielt nur eine Rolle, wenn Sie neben Kindern oder Verwandten anderer Ordnung als Miterbe erben.
Ihr verstorbener Ehepartner hinterlässt Kinder
Hinterlässt Ihr Ehepartner Kinder (Erben erster Ordnung), erben Sie als Ehepartner neben den Kindern je ein Viertel. Kinder sind sowohl Ihre gemeinsamen leiblichen Kinder als auch Kinder Ihres verstorbenen Ehepartners aus einer anderen Ehe oder nichteheliche Kinder. Alle Kinder erben gleichberechtigt. Pflegekinder sind keine gesetzlichen Erben.
Zusätzlich bestimmt sich Ihr Erbteil als überlebender Ehepartner nach Ihrem Güterstand. Als Güterstand kommt der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft (Normalfall) oder Gütertrennung in Betracht.
Ihr verstorbener Ehepartner hinterlässt Verwandte zweiter Ordnung
Sind aus Ihrer Ehe keine Kinder hervorgegangen, erben Sie neben Verwandten der zweiten Ordnung (Eltern des verstorbenen Ehepartners und deren Abkömmlinge = Geschwister des Ehepartners) sowie bei noch lebenden Großelternteilen die Hälfte der Erbschaft.
Erben in der Zugewinngemeinschaft
Lebten Sie im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, steht Ihnen ein weiterer Erbanteil zu. Da durch den Tod des Ehepartners der Zugewinnausgleich bei einer Scheidung nicht mehr möglich ist, wird Ihr Zugewinn dadurch ausgeglichen, dass Ihr gesetzlicher Erbteil (den Sie danach berechnet haben, welche Verwandten vorhanden sind) um ein weiteres Viertel der Erbschaft erhöht wird (§ 1371 BGB). So erben Sie neben Kindern die Hälfte des Nachlasses. Die andere Hälfte steht dem Kind oder den Kindern zu.
Sind aus Ihrer Ehe keine Kinder hervorgegangen, erben Sie neben einem noch lebenden Elternteil oder Großelternteil Ihres verstorbenen Ehepartners die Hälfte des Nachlasses (Erben zweiter Ordnung).
Möglicherweise haben Sie den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft durch notarielle Vereinbarung ausgeschlossen und stattdessen Gütertrennung vereinbart. Dann findet keinerlei Zugewinnausgleich mehr statt.
- Haben Sie ein gemeinsames Kind, teilen Sie sich mit dem Kind den Nachlass. Jeder erhält die Hälfte.
- Haben Sie zwei Kinder, erben Sie als überlebender Ehepartner und die beiden Kinder jeweils ein Drittel.
- Haben Sie drei und mehr Kinder, erben Sie ein Viertel des Vermögens. Den Rest teilen die Kinder unter sich auf.
- Leben nur Verwandte zweiter Ordnung, erben Sie die Hälfte des Erbes.
- Leben auch keine Verwandte zweiter Ordnung mehr, erben Sie das gesamte Vermögen.
Steuerfreibetrag nutzen
Nachteilig ist, dass Sie bei der Gütertrennung das Erbe voll versteuern müssen und, soweit der Nachlass Ihre Freibeträge übersteigt, Erbschaftssteuern entrichten müssen. Ihr persönlicher Freibetrag als überlebender Ehepartner beträgt 500.000 EUR Erst wenn der Nachlasswert diesen Freibetrag übersteigt, müssen Sie den übersteigenden Wert versteuern.
Was passiert mit meinem testamentarisch bestimmten Erbrecht bei der Scheidung?
Hat Sie Ihr verstorbener Ehepartner in einem Testament oder einem Erbvertrag als Erbe bedacht, entfällt mit der Scheidung gleichfalls Ihr Erbrecht. Bezüglich des maßgeblichen Zeitpunkts gelten die gleichen Voraussetzungen wie beim gesetzlichen Erbrecht. Ausnahmsweise kann Ihr Erbrecht trotz der beantragten oder bereits rechtskräftig gewordenen Scheidung fortbestehen, wenn Ihr verstorbener Ehepartner Sie unabhängig vom Bestand Ihrer Ehe bedenken wollte.