Ist der Ehe- oder Lebenspartner aufgrund der physischen oder psychischen Umstände nicht in der Lage, rechtsgeschäftlich zu handeln, bestellt das Betreuungsgericht einen Betreuer. Dieser ist in seinem Aufgabenbereich gesetzlicher Vertreter des Betreuten, darf von seiner Bevollmächtigung aber nur Gebrauch machen, soweit dies erforderlich ist. Ist die betreute Person verheiratet, ergeben sich im Hinblick auf Eheschließung, Scheidung, Unterhalt und Testierfähigkeit teils komplexe Fragen.
Wann wird ein Betreuer bestellt?
Jeder Mensch hat das Recht, selbst über sein Leben zu bestimmen. Ist ein Mensch wegen einer psychischen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung ganz oder teilweise nicht in der Lage, rechtsgeschäftlich zu handeln, benötigt er Unterstützung, Hilfe und Schutz. In dieser Situation kann ein Betreuer helfen. Dieser wird je nach Typ auf unterschiedliche Arten bestellt.
Rechtlicher Betreuer
Im Idealfall hat die zu betreuende Person für den möglicherweise eintretenden Betreuungsfall bereits in guten Zeiten in einer Vorsorgevollmacht oder zumindest in einer Betreuungsverfügung eine vertrauenswürdige Person bevollmächtigt, die die Person bei Eintritt des Betreuungsfalls betreut und im Namen der Person rechtsgeschäftlich handelt („rechtlicher Betreuer“). Als Betreuer kommt mithin der eigene Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner in Betracht. Auch der nicht eingetragene Lebenspartner kann zum Betreuer bestellt werden. Tritt der Betreuungsfall ein, kann der Betreuer alles tun und veranlassen, zu was er oder sie in der Vorsorgevollmacht bevollmächtigt ist.
Gesetzlicher Betreuer
Gibt es keine derartige Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung, kann auf Antrag des Betroffenen oder von Amts wegen ein Betreuer bestellt werden („gesetzlicher Betreuer“). Die Anregung dazu kommt meist von Angehörigen oder Ärzten. Im Unterschied zum rechtlich bestellten Betreuer muss dem Betreuungsgericht ein ärztliches Attest vorliegen, aus dem der Betreuungsbedarf hervorgeht. Soll der Betreuer gegen den erklärten Willen des Betroffenen bestellt werden, bedarf es eines Sachverständigengutachtens. Zudem muss der Betreute vom Gericht angehört werden. In seinem Aufgabenbereich kann der Betreuer den Betreuten gerichtlich und außergerichtlich vertreten (§ 1823 BGB).
Kann der Ehegatte zum Betreuer bestellt werden?
Es ist Angelegenheit und Entscheidung des betreuungsbedürftigen Partners, den eigenen Ehepartner oder Lebenspartner zum rechtlichen Betreuer zu bestellen. Muss der Betreuer von Amts wegen durch das Betreuungsgericht bestellt werden, berücksichtigt das Betreuungsgericht die Wünsche der zu betreuenden Person. Gibt es keinen derartigen Vorschlag oder Wunsch, berücksichtigt das Betreuungsgericht bei der Auswahl des Betreuers vornehmlich die familiären Beziehungen zum Ehegatten und den Kindern. Dabei ist die Gefahr von Interessenkonflikten zu berücksichtigen (§ 1816 Abs. III BGB).
Bedeutet die Betreuung zugleich Entmündigung?
Das Betreuungsrecht hat die frühere Entmündigung abgeschafft. Eine betreuungsbedürftige oder geschäftsunfähige Person wird lediglich betreut und zwar nur in dem Umfang, der im Hinblick auf die physischen und psychischen Gegebenheiten der betreuten Person erforderlich ist (§ 1814 BGB). Das Betreuungsrecht wurde zum 1. Januar 2023 reformiert. Danach stehen die Wünsche des Betreuten verstärkt im Vordergrund. Der Betreuer darf von den Wünschen des Betreuten nur abweichen bei
- erheblicher Gefährdung,
- krankheitsbedingter verminderter Erkenntnis
- oder Unzumutbarkeit für den Betreuer.
Welche Aufgaben nimmt ein Betreuer wahr?
Durch die in einer Vorsorgevollmacht bestimmte rechtliche Betreuung wird die Geschäfts-, Ehe- und Testierfähigkeit der betreuten Person nicht beeinträchtigt. Die betreute Person kann, soweit sie aufgrund ihrer physischen und psychischen Gegebenheiten dazu in der Lage ist, die Bevollmächtigung jederzeit widerrufen oder dem Betreuer Anweisungen erteilen, was zu tun oder zu unterlassen ist.
Wurde die Betreuung vom Betreuungsgericht angeordnet und ein gesetzlicher Vertreter bestellt, ist der Betreuer der gesetzliche Vertreter in den ihm übertragenen Aufgabenbereichen. Die Aufgabenbereiche sind vom Betreuungsgericht im Einzelnen anzuordnen (z.B. Gesundheitssorge, Vermögenssorge).
Der Betreute kann weiter handeln, soweit er dazu in der Lage ist. Der Betreuer nimmt insoweit alle Tätigkeiten vor, die erforderlich sind, um die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen. Er unterstützt den Betreuten dabei, seine Angelegenheiten rechtlich so weit als möglich selbst auszuüben und macht von seiner Vertretungsmacht nur Gebrauch, soweit dies erforderlich ist.
Außerdem hat der Betreuer darauf Rücksicht zu nehmen, dass der Betreute im Rahmen seiner Möglichkeiten sein Leben nach seinen Wünschen gestalten kann. Der Betreuer hat den Wünschen des Betreuten zu entsprechen und diesen bei der Umsetzung rechtlich zu unterstützen. Dies gilt auch für die Wünsche, die der Betreute vor der Bestellung des Betreuers geäußert hat, es sei denn, dass er an diesen Wünschen erkennbar nicht festhalten will.
Der Betreuer darf und braucht den Wünschen des Betreuten nicht zu entsprechen, soweit die Person des Betreuten oder dessen Vermögen dadurch erheblich gefährdet würde und der Betreute diese Gefahr aufgrund seiner Erkrankung oder Behinderung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann.
GUT ZU WISSEN
Vorsorgevollmacht trotz neuen Gesetzes erstellen
Seit dem 1.1.2023 gibt es das Notvertretungsrecht unter Ehegatten. Das Recht regelt die gegenseitige Vertretung von Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitssorge. Voraussetzung ist, dass ein Partner aufgrund von Bewusstlosigkeit oder Krankheit nicht selbst handeln kann. Die Vertretungsmacht ist nicht auf die Einwilligung in ärztliche Maßnahmen beschränkt, sondern umfasst freiheitsentziehende Maßnahmen durch mechanische Vorrichtungen, die Verabreichung von Medikamenten, den Abschluss von Wartungsverträgen, Krankenhausverträgen und Verträgen zur Rehabilitation und Pflege. In diesem Umfang sind die Ärzte von ihrer Schweigepflicht entbunden. Das Notvertretungsrecht besteht nicht und wird auch nicht benötigt, wenn ein Betreuer bereits bestellt ist und endet, wenn ein Betreuer bestellt wird. Zudem ist das Notvertretungsrecht auf sechs Monate befristet. Um die damit verbundenen Detailfragen zu umgehen, empfiehlt sich, eine Vorsorgevollmacht zu erstellen.
Eheschließung von betreutem Partner
Ein Mensch kann heiraten, wenn er geschäftsfähig ist. Nur derjenige, der erkennbar geschäftsunfähig ist, kann keine Ehe eingehen (§ 1304 BGB). Solange die heiratswillige Person die Tragweite der Eheschließung beurteilen kann, kann sie heiraten.
Scheidung des oder vom betreuten Ehepartner/s
Auch die Scheidung ist eine höchstpersönliche Entscheidung der betreuten Person. Sie bedarf, soweit die betreute Person nicht geschäftsunfähig ist und die Tragweite ihrer Entscheidung überblicken kann, nicht der Zustimmung des Betreuers.
Umgekehrt ist ein Ehepartner nicht gehindert, die Scheidung von seinem betreuten Partner einzuleiten. Eine Ausnahme kommt in Härtefällen in Betracht. Danach soll eine gescheiterte Ehe nicht geschieden werden, solange die Aufrechterhaltung der Ehe im Interesse des betreuten Ehepartners aufgrund außergewöhnlicher Umstände eine so schwere Härte darstellen würde, dass die Aufrechterhaltung der Ehe ausnahmsweise geboten erscheint (§ 1568 BGB). In Betracht kommt insbesondere, wenn der betreute Partner suizidgefährdet ist.
Ist der scheidungswillige Partner selbst Betreuer des anderen, kann das Betreuungsgericht für den betreuten Partner bei Bedarf einen Ergänzungsbetreuer bestellen (§ 1817 Abs. V BGB). Dies empfiehlt sich umso mehr, als es bei der Scheidung nicht allein darum geht, die Scheidung zu beantragen, sondern auch eine Reihe von Scheidungsfolgen zu regeln sind.
Testierfähigkeit einer betreuten Person
Die Anordnung einer gesetzlichen Betreuung führt nicht automatisch zur Annahme der Testierunfähigkeit. Bestehen Zweifel an der Testierfähigkeit der betreuten Person, wird das Nachlassgericht ein Sachverständigengutachten einholen. Die betreute Person kann also jederzeit testieren und ihre Erbfolge regeln. Da die Errichtung eines Testaments eine höchstpersönliche Angelegenheit darstellt, kann auch der Betreuer nicht in Vertretung des Betreuten ein Testament errichten. Will die betreute Person einen Erbvertrag beurkunden, prüft der Notar von Amts wegen die Testierfähigkeit. Soweit daran keine Zweifel bestehen, wird der Erbvertrag notariell beurkundet und ist rechtsgültig.
Unterhalt für betreuten Partner
Steht dem betreuten Partner für den Zeitraum der Trennung Trennungsunterhalt oder nach der Scheidung Ehegattenunterhalt zu, kann er bzw. sie auch im Einvernehmen mit dem Ehepartner nicht darauf verzichten. § 1614 BGB stellt unmissverständlich klar, dass für die Zukunft auf Unterhalt nicht verzichtet werden kann. Daraus folgt, dass jedwede Vereinbarung zwischen den Ehepartnern rechtlich nicht verbindlich ist.
Schenkungen durch betreute Person
Nach dem neuen Betreuungsrecht stehen die Wünsche des Betreuten im Vordergrund. Der Betreuer hat damit die Wünsche des Betreuten vorrangig zu berücksichtigen, auch wenn sie wirtschaftlich unvernünftig erscheinen und auf freier Willensbildung beruhen. Bis zur Reform durfte die betreute Person nur Schenkungen vornehmen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wurde oder es sich um Gelegenheitsgeschenke handelte. Künftig kann das Betreuungsgericht eine Schenkung auch dann gestatten, sofern sich die Lebens- und Versorgungssituation nicht erheblich verschlechtert und der Betreute erkennen kann, was er tut. Verfügungen über das Vermögen als Ganzes, die Aufnahme von Krediten oder die Eingehung von Bürgschaften bedürfen jedoch der Genehmigung des Betreuungsgerichts (§ 1854 BGB).
Alles in allem
Das Betreuungsrecht ist eine komplexe Rechtsmaterie. Es ist eine Gratwanderung festzustellen, welche Interessen eine betreuungsbedürftige Person hat, wenn diese aufgrund der Betreuungssituation selbst keine Entscheidungen mehr treffen kann. Eine Scheidung ist in vielen Fällen jedoch möglich.