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Definition: Wer hat das Aufenthaltsbestimmungsrecht?

DEFINITION

Definition: Wer hat das Aufenthalts­bestimmungs­recht?

Einfach erkärt: Das Aufenthalts­bestimmungs­recht ist das Recht der Eltern oder eines Elternteils, zu bestimmen, wo sich das gemeinsame Kind aufhält. Leben die Eltern gemeinsam in einem Haushalt, in dem auch das Kind betreut wird, und haben sie das gemeinsame Sorgerecht, ist die Situation unproblematisch. Mit der Trennung der Eltern und spätestens mit der Scheidung stellt sich die Frage, bei welchem Elternteil sich das Kind aufhält und welcher Elternteil also unter Umständen das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht ausübt. Können sich die Eltern nicht einigen, entscheidet auf Antrag eines Elternteils das Familiengericht über das Aufenthaltsbestimmungsrecht oder die Übertragung des alleinigen Sorgerechts.

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Kurzfassung - Alles auf einen Blick

  • Das Aufenthaltsbestimmungsrecht ist Teil der Personensorge für das Kind. Es beinhaltet das Recht der sorgeberechtigten Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils, den Aufenthalt des Kindes zu bestimmen.
  • Das Wohl des Kindes steht dabei im Mittelpunkt. Schließlich soll es möglichst geborgen und glücklich aufwachsen können.
  • Möchte ein Elternteil mit dem Kind auswandern und kommt es deswegen zu Streit, kann die Gefahr der Kindesentführung bestehen. In dem Fall sollten Sie zügig handeln.

Aufenthaltsbestimmungsrecht als Teil des Sorgerechts

Schaubild

Das Recht zur Bestimmung des Aufenthaltes minderjähriger Kinder ist Teil der Personensorge. Personensorge bedeutet die Pflicht und das Recht der Eltern, für das minderjährige Kind zu sorgen. Es obliegt den Eltern, den Aufenthalt ihres minderjährigen Kindes zu bestimmen. Sie legen also fest,

 

  • an welchem Ort
  • und in welcher Wohnung das Kind dauernd
  • oder vorübergehend leben soll und leben darf.

 

Das Recht umfasst neben der Entscheidung über den gewöhnlichen dauerhaften Aufenthalt des Kindes auch die Entscheidung über den vorübergehenden Aufenthalt des Kindes, wo es also Freizeit und Urlaub verbringt.

GUT ZU WISSEN

Aufenthaltsbestimmungsrecht beim Pflegekind

§ 1632 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bestimmt einen besonderen familienrechtlichen Anspruch auf Herausgabe des Kindes gegenüber jedem, der das Kind den personensorgeberechtigten Eltern widerrechtlich vorenthält. Ein solcher Fall kann sich entwickeln, wenn die Eltern aufgrund persönlicher Schwierigkeiten das Kind in Pflege gegeben haben (z.B. zu den Großeltern) und die Pflegeperson sich weigert, das Kind zurückzugeben. Da die Eltern ihr Kind auch gesetzlich vertreten, ist die Aufenthaltsbestimmung gegenüber Dritten rechtlich verbindlich. Wollen die Eltern das Kind, das seit längerer Zeit in Familienpflege lebt, von der Pflegeperson wegnehmen, kann das Familiengericht von Amts wegen oder auf Antrag der Pflegeperson anordnen, dass das Kind bei der Pflegeperson verbleibt, wenn und solange das Kindeswohl durch die Wegnahme gefährdet würde (§ 1632 Abs. IV BGB).

Sind die Eltern verheiratet, versteht es sich von selbst, dass sie ein gemeinsames Aufenthaltsbestimmungsrecht haben. Sind die Eltern nicht miteinander verheiratet, steht ihnen ein gemeinsames Aufenthaltsbestimmungsrecht nur dann zu, wenn sie einander heiraten oder sie erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen oder ihnen das Familiengericht das gemeinsame Recht zur Bestimmung des Aufenthaltes überträgt. Andernfalls hat die allein sorgeberechtigte Mutter das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht.

 

Das Aufenthaltsbestimmungsrecht bei gemeinsamem Sorgerecht steht beiden Elternteilen zu. Sie haben die elterliche Sorge in eigener Verantwortung und in gegenseitigem Einvernehmen zum Wohl des Kindes auszuüben. Bei Meinungsverschiedenheiten müssen sie versuchen, sich zu einigen. Können sich die Eltern nicht einigen, so kann ein Elternteil alleiniges Aufenthaltsbestimmungsrecht beantragen.

Aufenthaltsbestimmungsrecht nach Trennung und Scheidung

Mit der Trennung der Eltern ist auch der Aufenthaltsort des Kindes zu bestimmen. Keinesfalls ist es so, dass ein gemeinsames Kind automatisch bei dem Elternteil, der die bislang gemeinsam genutzte Ehewohnung weiterhin bewohnt, verbleibt oder dass es sozusagen von Natur aus bei der Mutter verbleibt. Solange die gemeinsame Personensorge für das Kind fortbesteht, haben die Elternteile das gemeinsame Aufenthaltsbestimmungsrecht bei gemeinsamem Sorgerecht.

 

Keiner kann verlangen, dass das Kind ausschließlich bei ihm wohnt und der andere Elternteil darauf verzichtet, das Kind zu sich zu nehmen. Im Idealfall einigen sich die Eltern auf ein Wechselmodell, bei dem sich das Kind abwechselnd bei einem Elternteil aufhält. Damit tragen die Eltern auch der gesetzlichen Regelung Rechnung, dass das Kind das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil hat und jeder Elternteil zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt ist. Das Sorgerecht muss also auch das Umgangsrecht beider Elternteile einbeziehen.

Können sich die Elternteile nicht verständigen, wo sich das Kind dauerhaft und vorrangig aufhält, kann ein Elternteil das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht beantragen. Dabei ist maßgeblich auf die Überlegung abzustellen, dass ein Kind möglichst nicht aus seiner gewohnten Umgebung herausgerissen werden soll und es ihm wenig vorteilhaft ist, wenn es zwischen den Wohnungen seiner beiden Elternteile hin und her pendelt und nicht weiß, wo es wirklich hingehört.

 

Im Streitfall kann das Familiengericht einem Elternteil alleiniges Aufenthaltsbestimmungsrecht zuerkennen. Dann entscheidet dieser Elternteil allein, wo das Kind lebt und wohnt. Im Übrigen kann die Personensorge an sich bei beiden Elternteilen verbleiben, so dass ein Elternteil ausschließlich über den Aufenthalt des Kindes entscheidet, während andere Entscheidungen, die die Angelegenheiten des Kindes betreffen, beide Elternteile weiterhin gemeinsam entscheiden (z.B. Schulbesuch).

Alleiniges Aufenthaltsbestimmungsrecht beantragen

Ein Elternteil kann das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht beantragen. Das Familiengericht spricht alleiniges Aufenthaltsbestimmungsrecht einem Elternteil allein zu, wenn es das Kindeswohl gebietet. Für Eltern ist wichtig zu wissen, dass ausschließlich das Kindeswohl entscheidend ist. Das Gesetz stellt das Kindeswohlprinzip ausdrücklich in das Zentrum. Auf die persönlichen Interessen der Eltern kommt es daher weniger an. Allein der Umstand, dass ein Elternteil die bisherige Ehewohnung auflöst und einen Umzug in eine andere Stadt oder ein anderes Land möchte, ist kein hinreichender Grund, das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht zu erhalten. Familiengerichte stellen bei der Kindeswohlprüfung mithin auf folgende Umstände ab:

 

  • Grundsatz der Kontinuität für das Kind. Das Kind soll möglichst nicht aus seiner gewohnten Umgebung herausgerissen werden.
  • Die sozialen Kontakte des Kindes sollen möglichst erhalten bleiben und durch einen Wohnungswechsel nicht gefährdet werden.
  • Gibt es Geschwister, sollen die Geschwister möglichst zusammen wohnen und nicht auseinander gerissen werden.
  • Erweist sich ein Elternteil als ungeeignet, das Kind angemessen zu betreuen und zu erziehen, spricht vieles dafür, ihm insoweit das Recht zur Bestimmung des Aufenthaltes als Teil der Personensorge zu entziehen und dem anderen Elternteil alleiniges Aufenthaltsbestimmungsrecht zuzuweisen (z.B. Gewaltausbrüche oder Alkoholismus).
  • Kinder ab 14 Jahren sind im Regelfall so verständig, dass es besonderer Argumente bedarf, um eine Entscheidung über ihren Aufenthaltsbestimmungsort gegen ihren Willen zu treffen. Im Gerichtsverfahren hat das Kind ein Anhörungsrecht.

Aufenthaltsbestimmung bei einem Umzug

Will ein minderjähriges Kind unter 18 Jahren aus der elterlichen Wohnung ausziehen, können die Eltern ihr Recht zur Bestimmung des Aufenthaltes geltend machen und den Umzug verbieten, zumindest theoretisch. Praktisch dürfte es wenig effektiv sein, dem Kind den Umzug zu verbieten und wenig förderlich, gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Soweit das Kind finanziell in der Lage ist, eine eigene Wohnung zu unterhalten, dürfte Eltern nichts anderes übrigbleiben, als die Situation zu akzeptieren und möglichst das Beste daraus zu machen. Ein gewisses Druckmittel haben die Eltern insoweit, als das Kind ihrer Unterschrift als gesetzliche Vertreter bedarf, soweit das Kind für die eigene Wohnung einen Mietvertrag abschließen möchte.

 

Sollte das Jugendamt der Auffassung sein, dass der eigene Wohnsitz des Kindes oder dessen Aufenthalt bei einem Dritten nicht dem „Kindeswohl“ entspricht, kann es das Kind anweisen, wieder zu Hause bei den Eltern einzuziehen oder das Kind in einer Hilfeeinrichtung unterbringen.

Wohnsitz bei Wechselmodell

Betreuen die Elternteile das Kind im Wechselmodell, bei dem das Kind im Wechsel bei beiden Elternteilen lebt, kann es zum Streit kommen, wo das Kind mit seinem Hauptwohnsitz gemeldet werden soll. Hat eine Person mehrere Wohnungen, kann nur eine dieser Wohnungen als Hauptwohnung gelten, alle anderen sind Nebenwohnungen (§ 21 Bundesmeldegesetz). Dabei ist auf die vorwiegend benutzte Wohnung abzustellen, in der sich das Kind vorwiegend auffällt.

 

Ist der vorwiegende Aufenthalt nicht festzustellen, sind die Aufenthaltszeiten qualitativ zu ermitteln und miteinander zu vergleichen. Können sich getrenntlebende Eltern nicht einigen, bestimmt die Meldebehörde die Hauptwohnung. Ist die Mutter allein sorgeberechtigt, gilt ihre Wohnung als Hauptwohnsitz des Kindes. Sie hat alleiniges Aufenthaltsbestimmungsrecht.

 

Beim paritätischen Wechselmodell (beide betreuen das Kind zeitlich gleich) kann es jedoch nicht Aufgabe der Meldebehörde sein, die Aufenthaltszeiten des Kindes zu ermitteln. Bei minderjährigen Kindern übt deshalb der allein personensorgeberechtigte Elternteil die Bestimmung des Hauptwohnsitzes aus (Verwaltungsgericht Berlin, Urteil v. 21.4.2016, Az. 23 K 270/14). Sind beide Elternteile personensorgeberechtigt, kann das Familiengericht die Entscheidung einem Elternteil zuweisen oder entscheidet selbst.

Alleiniges Aufenthaltsbestimmungsrecht und Umgangsrecht

Auch wenn ein Elternteil alleiniges Aufenthaltsbestimmungsrecht ausübt, bleibt das Umgangsrecht des anderen Elternteils bestehen. Es bedarf besonderer Gründe, dem Elternteil auch das Umgangsrecht zu entziehen. Das Umgangsrecht ist von der Personensorge und dem Recht zur Bestimmung des Aufenthaltes getrennt zu beurteilen.

Unterbringung in einer Institution

Wird das Kind mit Genehmigung des Familiengerichts in einer Institution untergebracht, bei der die Unterbringung mit einer Freiheitsentziehung verbunden ist, ist das gemeinsame Recht zur Bestimmung des Aufenthaltes der Eltern eingeschränkt.

 

Die Unterbringung ist zulässig, wenn sie zum Wohl des Kindes, insbesondere zur Abwendung einer erheblichen Selbst- oder Fremdgefährdung erforderlich ist und es keine andere Möglichkeit gibt, der Gefahr zu begegnen - beispielsweise durch Heimerziehung in einer offenen Einrichtung. Der Genehmigungspflicht des Familiengerichts unterliegt vor allem die Unterbringung von Kindern in geschlossenen Heil- und Pflegeanstalten, nicht aber die Unterbringung in gewöhnlichen Internaten, auch wenn die Hausordnung gewisse Ausgangsbeschränkungen vorsieht.

Extremfall: Kindesentführung

Trennen sich Eltern, kommt es vor, dass ein Elternteil das gemeinsame Kind gegen den Willen des anderen Elternteils „mitnimmt“. Rechtlich handelt sich dabei meist um eine Kindesentführung (Entziehung Minderjähriger § 235 StGB). Eine Kindesentführung liegt vor, wenn ein Elternteil, der weder die alleinige elterliche Sorge noch das Recht zur Bestimmung des Aufenthaltes besitzt, das gemeinsame Kind gegen den Willen des anderen Elternteils aus der bisherigen Wohnung an einen anderen Ort verbringt.

 

Gemeinsam sorgeberechtigte Eltern müssen auch nach der Trennung und nach der Scheidung gemeinsam über den Aufenthalt des Kindes entscheiden. Vor allem wenn ein Kind nach einem vereinbarten Urlaub im Ausland nicht zurückgebracht wird, kann eine strafrechtlich relevante Kindesentführung vorliegen. Gerade wenn ein Elternteil damit droht, das gemeinsame Kind in ein anderes Land zu verbringen, versucht er den Partner an seiner verwundbarsten Stelle zu treffen und Druck auszuüben. Wenn sich Elternteile bei begründeter Angst vor Kindesentführung schützen wollen, können Sie folgende Maßnahmen in Betracht ziehen:

 

  • Verwahrung der Personalausweise, Reisepässe und Geburtsurkunden an einem sicheren Ort
  • Registrierung des Kindes bei der Grenzbehörde, um eine eventuelle Ausreise zu verhindern
  • Antrag beim Familiengericht, einem Elternteil die alleinige Sorge oder wenigstens alleiniges Aufenthaltsbestimmungsrecht im Wege einer einstweiligen Anordnung zu übertragen.
  • Information an Kindergarten und Schule, mit dem Hinweis, das Kind nicht dem anderen Elternpartner mitzugeben, sofern der Elternteil das alleinige Sorgerecht oder alleiniges Aufenthaltsbestimmungsrecht besitzt.

Verfahrenskostenhilfe, wenn Sie alleiniges Aufenthaltsbestimmungsrecht beantragen möchten

Möchte ein Elternteil alleiniges Aufenthaltsbestimmungsrecht beantragen, kann er bei unzureichenden wirtschaftlichen Verhältnissen einen Antrag auf staatliche Verfahrenskostenhilfe bestellen. Der Staat übernimmt dann die Gerichts- und Anwaltskosten. Voraussetzung ist normalerweise, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Erfolgsaussichten hat und nicht mutwillig erscheint. In Sorgerechtsstreitigkeiten ist diese Voraussetzung jedoch geringer zu bewerten, da die Elternrechte nach dem Grundgesetz besonderen Schutz genießen. So sollen Familiengerichte verpflichtet sein, einen vielleicht unvollständigen Sachverhalt umfassend im Interesse des Kindeswohls zu ermitteln (OLG Hamm Beschluss v. 16.8.2016, Az. 2 WF 46/15).

CHECKLISTE

Wann kann ich Verfahrenskostenhilfe erhalten?

Verfahrenskostenhilfe ist eine staatliche Finanzierungshilfe, die Sie beantragen können, wenn Sie das Verfahren nicht selber finanzieren können. 

Checkliste

Verfahrenskostenhilfe (VKH)

Wenn Sie diese Voraussetzungen erfüllen, erhalten Sie wahrscheinlich eine finanzielle Unterstützung vom Staat für Ihr Gerichtsverfahren.

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Ausklang - Am Ende wird alles immer gut

Bevor es zu einem Sorgerechtsstreit vor Gericht kommt, sollten Sie sich um eine einvernehmliche Lösung zum Wohle Ihres Kindes bemühen. Je nach Alter und Einsichtsvermögen können Sie auch Ihr Kind mit einbeziehen, wo es leben möchte. Sollte letztendlich doch eine gerichtliche Entscheidung nötig sein, nutzen Sie die Möglichkeit der Verfahrenskostenhilfe und lassen sich vorab umfassend anwaltlich beraten.