Was passiert mit dem Erbrecht bei meiner Scheidung?
Solange Sie verheiratet sind, ist Ihr Ehepartner Ihr gesetzlicher Erbe. Mit der Scheidung ändert sich die Situation. Unterscheiden Sie, ob Ihr Ehepartner gesetzlicher Erbe nach der gesetzlichen Erbfolge wäre oder ob Sie ihn/sie in einem Ehegattentestament bedacht haben.
Erbrecht nach der gesetzlichen Erbfolge
Werden Sie geschieden, steht Ihrem geschiedenen Ehegatten kein gesetzliches Erbrecht mehr zu. Er hat auch keinen Anspruch auf den Pflichtteil. Er erbt nichts und ist an Ihrem Nachlass nicht beteiligt. Haben Sie Kinder, erben Ihre Kinder Ihren Nachlass allein.
Erbrecht aufgrund einer letztwilligen Verfügung
Haben Sie in einem Testament die gesetzliche Erbfolge abgewandelt und Ihren Ehepartner beispielsweise als Ihren alleinigen Erben bedacht, ist auch das Testament bei der Scheidung hinfällig. Eine Ausnahme besteht nur, wenn Ihr Testament so auszulegen ist, dass das Erbrecht Ihres Ehegatten auch nach der Scheidung fortbestehen soll. Ob dies der Fall ist, ist eine Frage der Interpretation Ihres Testamentes. In Betracht kommt auch, dass Sie die Erbfolge in einem Ehegattentestament oder einem Erbvertrag geregelt haben. Auch in diesen Fällen entfällt das Erbrecht Ihres geschiedenen Ehepartners.
Wann genau entfällt das Erbrecht?
Das gesetzliche und das testamentarische Erbrecht entfallen nicht erst in dem Zeitpunkt, in dem Sie vor dem Richtertisch geschieden werden. Vielmehr ist das Erbrecht Ihres Ehegatten bereits dann ausgeschlossen, wenn im Zeitpunkt Ihres Todes die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben sind und Sie die Scheidung selbst beantragt oder dem Scheidungsantrag Ihres Ehepartners zugestimmt haben. Allein Ihre Trennung lässt das Erbrecht noch nicht entfallen.
Stellen Sie den Scheidungsantrag, ist wichtig, dass Ihr Scheidungsantrag dem Ehepartner durch das Gericht förmlich zugestellt wird. Die Zustellung erfolgt, sobald Sie den Gerichtskostenvorschuss an die Gerichtskasse überwiesen haben. Erst mit der Zustellung wird Ihr Scheidungsantrag bei Gericht rechtshängig.
Scheidung schnell (online) einleiten
Möchten Sie also verhindern, dass Ihr Ehepartner Sie für den Fall Ihres Ablebens nach der Trennung beerbt, sollten Sie umgehend den Scheidungsantrag über einen Rechtsanwalt beim Familiengericht einreichen. Bei der Online-Scheidung können Sie die Scheidung zeitlich und örtlich unabhängig schnell in die Wege leiten.
Wieso könnte mein Ehepartner nach der Scheidung Zugriff auf meinen Nachlass haben?
Obwohl Ihr Ehepartner wegen Ihrer Scheidung nicht mehr erbberechtigt ist, könnte er dennoch Zugriff auf Ihrem Nachlass erhalten. Die Problematik zeigt sich im zwei Szenarien.
Szenario 1: Ihr Ex-Partner verfügt als gesetzlicher Vertreter Ihres Kindes über den Nachlass
Zwar hat Ihr Ehepartner nach Ihrer Scheidung keinerlei Erbrecht mehr. Soweit Sie allerdings gemeinsame Kinder haben, ist Vorsicht geboten. Versterben Sie nach der Scheidung, werden Sie von Ihren Kindern beerbt. Ist wenigstens eines Ihrer Kinder minderjährig, wird es durch Ihren Ex-Partner gesetzlich vertreten werden. Aufgrund des nach der Scheidung fortbestehenden gemeinsamen Sorgerechts, wäre Ihr Ex-Partner der gesetzliche Vertreter Ihres gemeinsamen Kindes.
Ihr Ex wäre berechtigt, im Rahmen der Personensorge auch die Vermögenssorge für Ihr minderjähriges Kind auszuüben. Ihr Kind dürfte faktisch wenig Möglichkeiten haben, Ihrem Ex Einwände entgegenzuhalten. Konsequenz wäre, dass er damit über das Kind auch auf Ihren Nachlass zugreifen könnte. Im ungünstigsten Fall könnte er den Nachlass für sich verbrauchen oder verschwenden. Ihr Kind ginge leer aus. Dieses Szenario können Sie nur vermeiden, wenn Sie ein Geschiedenentestament verfassen.
Szenario 2: Ihr Ex Partner beerbt Ihr verstorbenes Kind
Die Problematik zeigt sich auch darin, dass Ihr geschiedener Ehepartner mittelbar Erbe Ihres Nachlasses wird, wenn Ihr Kind verstirbt und er Ihr Kind nach Ihrem Ableben als dessen gesetzlicher Erbe beerben sollte. Er wird dadurch über das Kind in einem zweiten Schritt Erbe Ihres Nachlasses.
Ihr Ex-Partner wird somit möglicherweise alleiniger Erbe Ihres unverheirateten Kindes, das selbst keine Abkömmlinge hat. Auch dann, wenn Ihr Kind verheiratet ist und keine Abkömmlinge hat, erbt Ihr geschiedener Ehepartner neben dem Ehepartner des Kindes als gesetzlicher Erbe zweiter Ordnung Teile Ihres Nachlasses. Sie können dieses Szenario nur vermeiden, wenn Sie ein Geschiedenentestament verfassen.
Was kann ich in einem Geschiedenentestament regeln?
Sie haben die Möglichkeit, in einem Geschiedenentestament die Vermögenssorge des anderen Elternteils über das Vermögen, das Ihr Kind nach Ihrem Ableben als Ihr gesetzlicher Erbe erwirbt, auszuschließen. Sie können also durch letztwillige Verfügung bestimmen, dass Ihr geschiedener Ex-Partner das dem Kind zufließende Nachlassvermögen nicht verwalten darf. Um den Nachlass des Kindes zu verwalten, können Sie zugleich eine Vertrauensperson als „Ergänzungspfleger“ bestimmen. Der Ergänzungspfleger hätte die Aufgabe, den Nachlass wenigstens so lange zu verwalten, bis das Kind volljährig ist.
Wie sollten Sie Ihr Testament anlässlich der Scheidung anpassen?
Wenn Sie geschieden sind und mit Ihrem Ex-Partner gemeinsame Kinder haben, kommt für Sie das Geschiedenentestament in Frage.
Welche Bedeutung hat die Vor- und Nacherbfolge im Geschiedenentestament?
Typisches Gestaltungselement eines Geschiedenentestaments ist die Vor- und Nacherbfolge. Mit diesem Instrument können Sie Ihren Nachlass steuern. Der eingesetzte Vorerbe wird dann zunächst Erbe, aber nur für eine bestimmte Zeit. Er ist Erbe auf Zeit. Erst wenn der Vorerbe verstirbt, erbt der Nacherbe endgültig Ihren Nachlass. Ihr Nachlass ist ein Sondervermögen. Sie können die Nacherbschaft auch hinfällig machen, indem Sie bestimmen, dass die Vor- und Nacherbschaft entfällt, wenn der Vorerbe ein bestimmtes Lebensalter erreicht hat (z.B. 25 Jahre alt wird) oder eine von Ihnen bestimmte Bedingung (z.B. Beendigung des Studiums) eingetreten ist.
Auch Wunschenkel können als Nacherben benannt werden
Nacherbe kann auch eine noch nicht gezeugte Person, wie etwa das erhoffte Enkelkind sein, auch wenn Ihr eigenes Kind erst zehn Jahre alt ist. Lediglich bei Eintritt des Nacherbfalls muss das Enkelkind dann bereits gezeugt sein.
Also: Sie setzen Ihr gemeinsames Kind lediglich als „Vorerbe“ ein. Zum „Nacherben“ benennen Sie eine dritte Person. Sollte also Ihr Kind vorzeitig versterben und Sie eine dritte Person Ihrer Wahl zum Nacherben bestimmt haben, schließen Sie dadurch Ihren Ex-Partner als gesetzlichen Erben Ihres verstorbenen Kindes insoweit aus. Statt eines Verwandten können Sie auch eine Institution, beispielsweise den örtlichen Tierschutzverein oder die Krebsforschung als Nacherben bestimmen. Verstirbt Ihr Kind als Vorerbe, fällt Ihr Nachlass automatisch dem Nacherben zu. Auch hätte Ihr Ex-Partner als gesetzlicher Erbe des Kindes keinen Pflichtteilsanspruch.
Wie kann ich die Vor- und Nacherbfolge gestalten?
Der Vorerbe ist erheblichen Beschränkungen in der Verfügung und Verwaltung des Nachlasses unterworfen. So könnte der Vorerbe den Nachlass zu seinen Lebzeiten nicht verschenken oder selbst vererben. Er ist nur der Vorerbe und muss den Nachlass für den Nacherben erhalten. Er darf lediglich die Nutzungen aus dem Nachlass ziehen.
Vor- und Nacherbe bei Wohnhaus
Sie vererben Ihrem Kind ein Wohnhaus. Als Vorerbe dürfte das Kind das Haus nicht verkaufen. Es darf es aber vermieten und die Mieteinnahmen für sich vereinnahmen.
Es ist Ihnen überlassen, ob Sie den Vorerben von den normalerweise bestehenden Beschränkungen befreien, so dass er über den Nachlass frei verfügen kann. Ordnen Sie nichts dergleichen an, dann ist der Vorerbe ein sogenannter nicht befreiter Vorerbe. Er ist durch starre gesetzliche Regeln in seiner Verfügungsmacht beschränkt. Das Ziel ist, die Erbschaft ungeschmälert in ihrem Bestand für den Nacherben zu erhalten.
Sie können das Problem der Verfügungsbeschränkung aber damit entschärfen, dass Sie die Vor- und Nacherbschaft nur befristet anordnen, so dass diese mit einem bestimmten Lebensalter des Kindes entfällt. In der Konsequenz könnte Ihr Ex-Partner wenigstens bis zur Volljährigkeit Ihres Kindes als Vorerbe nicht über Ihren Nachlass verfügen oder gar Erträge hieraus für den eigenen Lebensunterhalt verwenden. Mit der Volljährigkeit des Kindes erledigt sich das Problem. Dann kann es ausschließlich selbst über den Nachlass bestimmen und ist nicht mehr auf die Mitwirkung des Elternteils als seinem gesetzlichen Vertreter angewiesen.