Sehr geehrter Herr Pust, warum sollte man sich überhaupt mit dem Thema Bitcoin beschäftigen? Wie zukunftsgewandt ist die Investition aus Ihrem aktuellem Sichtpunkt?
Es gibt da ein passendes Zitat von Leon Luow: „Every informed person needs to know about Bitcoin because it might be one of the world’s most important developments.“ (englisch: Jede informierte Person sollte Bitcoin verstehen, weil es eine der wichtigsten Entwicklungen der Welt sein könnte). Dem stimme ich zu, denn für mich ist Bitcoin weit mehr als ein neues Investmentobjekt und verfügt über enormes Potential.
Ich persönlich mache keine Investmentberatung, sondern erkläre Bitcoin einfach und verständlich in Form von Vorträgen, Workshops und Seminaren. Was ich zu Ihrer Frage sagen kann: Ich gehe davon aus, dass der Bitcoin-Preis langfristig steigt und spare daher auch für meine kleine Tochter in Bitcoin.
In Ihrer Präsentation steht ein Zitat von John Oliver, wonach Kryptowährungen eine Kombination aus allem seien, was man nicht über Geld und Computer verstehen würde. Wie gut muss man Bitcoin selber verstehen, um darin zu investieren?
„Never invest in a business you cannot understand“ – so hat es Warren Buffet gesagt (englisch: Investiere niemals in ein Business, das du nicht verstehen kannst). Aber Bitcoin wirklich zu verstehen ist eine große Herausforderung. Nachdem ich meine Masterarbeit über Bitcoin geschrieben habe, dachte ich jetzt habe ich es verstanden – 5 Jahre später weiß ich wie wenig ich damals wusste. Daher spricht man auch oft vom Bitcoin Kaninchen-Bau, in dem es zahlreiche Abbiegungen und Themenfelder gibt, z.B. Kryptographie, Spieltheorie, Geldtheorie, Psychologie, ja selbst Philosophie. Hinzu kommt noch, dass sich Bitcoin stetig weiterentwickelt und es so wirklich immer etwas Neues zu entdecken gibt. Aber keine Angst: Um in Bitcoin zu investieren, muss man Bitcoin nicht verstehen. Ich weiß ja auch nicht, wie das Internet genau funktioniert aber nutze es täglich. Ein gewisses Verständnis für Bitcoin ist meiner Meinung aber auf jeden Fall unabdingbar. Insbesondere das sichere Verwahren der Bitcoins sollte erlernt werden.
Und wo fängt man da am besten an?
Bitcoin ist mehr als nur eine digitale Währung, es ist gleichzeitig auch ein Zahlungsnetzwerk. Wenn wir das mal mit dem Euro vergleichen, ist Bitcoin nicht nur die Währungseinheit Euro, sondern bietet auch ein Zahlungsnetzwerk, wie Visa oder SEPA. Bitcoin ist das Geld des Internets. Es ist eine Open Source Software, die ständig weiterentwickelt wird. Alle Transaktionen sind in der so genannten Blockchain verankert, die auf zehntausenden verschiedenen Computern gespeichert und aktualisiert wird. Bitcoin wird von keiner zentralen Einrichtung oder Institution kontrolliert - vergleichbar mit dem Internet. Die Anzahl von Bitcoin ist begrenzt, es wird maximal 21 Mio Bitcoin geben. Wenn man also einen Bitcoin besitzt, weiß man es ist einer von insgesamt 21 Millionen. Bitcoin ist offen für alle, das ist das Schöne daran. Bitcoin ist unabhängig von Staaten oder Banken und kann weltweit genutzt werden. Es ist außerdem zensurresistent, d. h. niemand kann einen davon abhalten, eine bestimmte Transaktion durchzuführen. Wie wichtig das ist, merkt man in Krisensituationen, z.B. wenn Menschen vor Krieg fliehen müssen und nicht an ihr Geld bei der Bank kommen. Das gilt aber nur, wenn man seinen Privaten Schlüssel selbst besitzt. Deswegen sagt man auch: „Not your keys, not your bitcoin!“ (Englisch: Nicht deine Schlüssel, nicht dein Bitcoin!).
Wer hat das eigentlich festgelegt, wie viel 1 Bitcoin wert ist?
Der Preis wird von Angebot und Nachfrage bestimmt. 1 Bitcoin lässt sich weiter unterteilen in 100 Mio Satoshi - benannt nach dem pseudonymen Erfinder. Man muss also nicht gleich einen ganzen Bitcoin kaufen, sondern kann auch einen Bruchteil erwerben. Die generelle Lage auf dem Markt wird natürlich von verschiedenen Faktoren beeinflusst, z.B. wirkt sich die Zinsrate in den USA auf die gesamten Märkte aus, so auch auf den Bitcoin Preis bzw. den Krypto Markt.
Wie kann man Bitcoin kaufen und verkaufen?
Über einen Krypto Broker kann man am einfachsten Bitcoin kaufen und verkaufen. Wichtig ist: Hier ist man nicht im vollen Besitz seiner Bitcoin, sondern vertraut dem Broker die Bitcoins sicher zu verwahren. Um Bitcoin selbst zu verwahren und zu nutzen braucht man ein Wallet (englisch: Geldbeutel), in dem das Schlüsselpaar für die eigenen Bitcoins gespeichert wird. Wir erinnern uns: "Not your keys, not your Bitcoin“. Man hat einen privaten und einen öffentlichen Schlüssel. Vereinfach gesagt, ist der private Schlüssel wie PIN und Passwort für das Online-Banking, und der öffentliche Schlüssel ist vergleichbar mit der Kontonummer oder IBAN. Mit diesen Schlüsseln kann man Zahlungen in der Blockchain versenden und erhalten. Die digitale Währung verlässt dabei nie die Blockchain – dem dezentralen Kassenbuch von Bitcoin. Generell hat man bei Bitcoin viel Eigenverantwortung. Zahlungen mit Bitcoin sind schnell erledigt, können aber auch nicht rückgängig gemacht werden. Im worst case ist das Geld weg. Man kann da nicht irgendwo anrufen wie bei der Sparkasse, wenn man einen Fehler gemacht hat. Auf der anderen Seite kann niemand die Bitcoins einfrieren oder Transaktionen blockieren – die Zensurresistenz von Bitcoin ist insbesondere in autoritären Ländern ein großer Vorteil.
Was hat es mit Mining auf sich?
Mining hat 3 verschiedene Funktionen. Mining ist wie der Buchhaltungsservice von Bitcoin und überprüft, ob alle Transaktionen korrekt sind. Am bekanntesten ist wahrscheinlich, dass über das Mining neue Bitcoins entstehen. Wie bei einer Gelddruckmaschine, da steckt jedoch eine komplexe Problemlösung hinter. Diese Problemlösung benötigt viel Strom.
Ein häufiger Kritikpunkt an Bitcoin.
Genau, aber entgegen vieler Berichte ist der hohe Stromverbrauch von Bitcoin keine Verschwendung, sondern ein Sicherungsmechanismus für Bitcoin – man kann es sich so wie ein riesiges Energieschild vorstellen, das das Bitcoin Netzwerk absichert.