Trennen Sie sich vom Partner und sind derjenige, der aus der ehelichen Wohnung auszieht, sollten Sie wissen, wo Sie nach der Trennung wohnen. Vielleicht verfügen Sie nicht über genügend Liquidität, um sofort eine eigene Wohnung anzumieten und haben auch keine Möglichkeit, zumindest vorübergehend bei Bekannten oder Eltern unterzukommen. Dennoch brauchen Sie nicht wirklich zu befürchten, obdachlos zu werden. Es gibt eine Reihe von Ansätzen, die sich als Lösung anbieten.
Gibt es einen Unterschied zwischen Wohnungslosigkeit und Obdachlosigkeit?
Wohnungslos ist derjenige, der keinen festen Wohnsitz oder privaten Wohnraum hat. Obdachlos ist hingegen, wer über keinen festen Wohnsitz verfügt und im öffentlichen Raum, im Freien oder in Notunterkünften übernachtet. Nicht obdachlos sind Wohnungslose, die vorübergehend in Heimen, Frauenhäusern, Männerhäusern oder bei Verwandten wohnen. Demnach bezeichnet Obdachlosigkeit lediglich einen Teil der Wohnungslosigkeit.
Was tun, wenn Sie tatsächlich obdachlos sind?
Sind Sie tatsächlich nach dem freiwilligen oder unfreiwilligen Auszug aus Ihrer ehelichen Wohnung obdachlos, gibt es kostenlose Hilfsangebote für wohnungs- und obdachlose Menschen. An vielen Orten erhalten Betroffene Bekleidung, Schuhe, Decken oder Schlafsäcke. Die DRK-Wohnungslosenhilfe beispielsweise leistet hierbei uneigennützig Hilfe. Auch andere karitative Organisationen wie die Heilsarmee bieten Unterstützung an. In Cafés und Wärmestuben, Tagesstätten, Notunterkünften und Übernachtungsheimen in vielen Großstädten ist jeder ohne Ansehen der Person willkommen. Auch bei der ASB-Wohnungslosenhilfe finden Menschen, die keine Wohnung mehr haben oder von Obdachlosigkeit bedroht sind, vielfältige Unterstützung.
Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) bietet wohnungslosen und obdachlosen Menschen:
- Notunterkünfte/Übernachtungsheime,
- Tagesstätten bzw. Tagesaufenthalte,
- Beratungs- und Betreuungsstellen,
- Wohnheime und betreutes Wohnen,
- Erste Hilfe und medizinische Betreuung,
- Wärmestuben in der kalten Jahreszeit und
- Kältebusse.
Bevor Sie Hilfsangebote in Anspruch nehmen und in Ihrer Obdachlosigkeit resignieren, sollten Sie die Optionen prüfen, in der ehelichen Wohnung zu verbleiben oder in einer eigenen Wohnung unterzukommen.
Geht Aussperren aus der ehelichen Wohnung?
Die Wohnung, die Sie in der Ehe gemeinsam bewohnt haben, ist Ihre eheliche Wohnung. Daran ändert die Trennung nichts, auch wenn Sie spätestens mit der Scheidung wegen der Nutzung der Wohnung eine Regelung gefunden haben sollten. Dadurch, dass die Wohnung Ihre gemeinsame eheliche Wohnung ist, haben beide Partner die gleichen Rechte und Pflichten an der Wohnung.
Kein Partner hat das Recht, den anderen aus der Wohnung auszusperren. Genauso wenig besteht das Recht, das Türschloss auszutauschen und dem Partner den Zutritt zur Wohnung zu verwehren. Kein Partner kann ein Betretungsverbot für die Ehewohnung aussprechen. Sie haben beide gleichermaßen das Nutzungsrecht. Vor Ablauf des Trennungsjahres sollen nämlich keine Verhältnisse geschaffen werden, die der Chance auf eine eventuelle Versöhnung im Wege stehen.
Das gemeinsame Nutzungsrecht besteht unabhängig davon, wer Eigentümer der Wohnung ist oder den Mietvertrag unterschrieben hat. Entscheidend ist allein, dass die Wohnung Ihre eheliche Wohnung ist und Sie allein aufgrund dieser Tatsache unabhängig von dem Eigentums- oder Mietverhältnis ein Nutzungsrecht haben.
Diese Argumentation stützt sich auf § 1361b Abs. III BGB. Wenn der Partner den Auszug fordert, haben Sie eine gute Argumentationshilfe, wenn Sie diese Vorschrift zitieren. Ist nach der Trennung ein Partner aus der Ehewohnung ausgezogen und bekundet innerhalb von sechs Monaten nach dem Auszug, dass er bzw. sie in die Wohnung zurückkehren möchte, vermutet das Gesetz, dass der- bzw. diejenige das Nutzungsrecht in Anspruch nehmen will und nicht die Absicht hat, dem verbliebenen Ehepartner das alleinige Nutzungsrecht zu überlassen. Umgekehrt vermutet das Gesetz, dass Sie nach Ihrem Auszug dem in der Ehewohnung verbliebenen Ehegatten das alleinige Nutzungsrecht überlassen haben, wenn Sie nicht innerhalb von sechs Monaten die Absicht bekunden, zurückzukehren.
Wurden Sie aus Ihrer Wohnung ausgesperrt, könnten Sie (zumindest theoretisch, praktisch eher weniger konstruktiv) beim Familiengericht beantragen, dass Ihnen per einstweiliger Verfügung das Nutzungsrecht an Ihrer ehelichen Wohnung wieder eingeräumt wird. Ein eventuell ausgetauschtes Türschloss wäre wieder zurückzutauschen oder Sie hätten Anspruch auf einen Wohnungsschlüssel für das neue Schloss. Dabei muss klar sein, dass eine solche Regelung keine Perspektive hat und Sie früher oder später eine bessere Lösung finden müssen.
EXPERTENTIPP
Trennung unter einem Dach
Statt auszuziehen und die perfekte räumliche Trennung zu vollziehen, kommt auch eine Trennung innerhalb Ihrer ehelichen Wohnung in Betracht. Voraussetzung ist, dass Sie mindestens einen Raum haben, den Sie alleine für sich nutzen können. Die Nutzung von Küche und Bad wäre gemeinschaftlich möglich. Dann könnten Sie zumindest für einen überschaubaren Zeitraum in der Wohnung wohnen bleiben, eine eventuelle Obdachlosigkeit vermeiden und nach einer besseren Lösung suchen.
Im Härtefall die Zuweisung der Wohnung beantragen
Können Sie sich wegen der Nutzung der Wohnung nicht verständigen, haben Sie möglicherweise Anspruch darauf, dass Ihnen die Wohnung oder einzelne Räumlichkeiten zur alleinigen Nutzung überlassen werden, wenn Sie aufgrund Ihrer Lebenssituation vorrangig auf die Nutzung der Wohnung angewiesen sind. Es gilt, einen Härtefall zu begründen (§ 1361b BGB). Ein solcher Härtefall kommt in Betracht, wenn Sie beispielsweise Kinder haben, die in ihrer sozialen Umgebung verbleiben sollen oder sich der Ehepartner aus Anlass der Trennung als gewalttätig erweist. Vielleicht sind Sie auch krank oder so gebrechlich, dass es Ihnen augenblicklich nicht zuzumuten ist, aus der Wohnung ausziehen und sich eine neue Bleibe suchen zu müssen.
Durch Gewaltschutzgesetz den Auszug des anderen erreichen
Vor allem, wenn der Ehepartner gewalttätig ist, lässt sich die Zuweisung der ehelichen Wohnung zur alleinigen Nutzung effektiv über die Regelung des Gewaltschutzgesetzes erreichen. Danach kann das Familiengericht mithin anordnen, dass ein gewalttätiger Ehepartner die Wohnung nicht betreten oder sich der Wohnung bis auf einen vom Gericht bestimmten Umkreis nicht mehr nähern darf.
Wem die Immobilie gehört, ist bis zur Scheidung egal
Auf die Eigentums- oder Mietverhältnisse kommt es dabei nicht an. Auch hier ist entscheidend, dass die Wohnung Ihre bisherige eheliche Wohnung war und Sie unabhängig von den Eigentums- oder Mietverhältnissen ein Nutzungsrecht haben. Spätestens mit der Scheidung sollten Sie aber eine bessere Lösung finden.
Problem der Obdachlosigkeit kann sich umkehren
Sie könnten also beim Familiengericht beantragen, Ihnen die Wohnung oder gegebenenfalls auch einzelne Räumlichkeiten zur alleinigen Nutzung zuzuweisen. Die Zuweisung der Ehewohnung oder einzelner Räumlichkeiten zur alleinigen Nutzung ist aber lediglich eine vorläufige Maßnahme des Familiengerichts, die auf Dauer der Überprüfung bedarf. Sollten Sie die Zuweisung der Wohnung zur alleinigen Nutzung erreichen, könnte die Thematik der Obdachlosigkeit natürlich genauso in Bezug auf die Person des Ehepartners entstehen. Dafür müsste wiederum der Ehepartner eine Lösung finden.
Im Frauenhaus oder Männerhaus finden Sie Zuflucht
Erscheint Ihnen der Aufenthalt in Ihrer ehelichen Wohnung als bedrohlich, könnten Sie versuchen, als Frau in einem Frauenhaus, Wohnheim oder Mutter-Kind-Heim oder als Mann in einem Männerhaus unterzukommen. Es gibt derzeit in Deutschland ca. 350 Frauenhäuser mit ca. 7000 Plätzen.
Alternativ können Sie auch im Internet schauen, ob es in Ihrer Nähe Angebote wie WG mit Kind – Wohnung für Alleinerziehende gibt.
Wohnberechtigungsschein beantragen
Möchten Sie nach Ihrer Trennung und Scheidung in eine Mietwohnung ziehen, können Sie beim Wohnungsamt Ihrer Gemeinde beantragen, dass Ihnen eine mit öffentlichen Mitteln geförderte Wohnung zugewiesen wird. Im Regelfall müssen Sie dazu einen gewissen Zeitraum bereits in der Gemeinde wohnen, um Anspruch auf eine Wohnung zu haben. Die Gemeinden legen bei der Zuweisung einer Wohnung Dringlichkeitsstufen fest, die auf drohende Obdachlosigkeit, Krankheit oder einen sehr kurzfristigen Bedarf abstellen. Da jede Gemeinde eigenständige Regelungen hat, sollten Sie sich beim Wohnungsamt Ihrer Gemeinde informieren.
CHECKLISTE
Das Leben nach der Trennung - wie geht es weiter?
Beim Neubeginn nach der Trennung und Scheidung sind Sie nicht auf sich allein gestellt - welche Hilfen und Zuschüsse gibt es?
Checkliste
Zuschüsse und Hilfen beim Neustart
Haben Sie nach einer Trennung finanzielle Engpässe, helfen Ihnen diese Stellen.
Wohngeld beantragen
Fehlt die Liquidität für die Anmeldung einer Wohnung, haben Sie wahrscheinlich Anspruch auf Wohngeld Ihrer Gemeinde. Voraussetzung ist, dass Sie kein Arbeitslosengeld II, Sozialgeld, Sozialhilfe oder Grundsicherungsleistung im Alter oder bei Erwerbsminderung beziehen und im Hinblick auf den Zusammenzug mit einem neuen Lebenspartner auch nicht Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft sind.
Ihre Wohngeldberechtigung hängt auch von der Zahl ihrer Haushaltsmitglieder ab, so dass Kinder zusätzlich zählen. Weiterhin kommt es auf die Höhe Ihres Einkommens und die Höhe der zuschussfähigen Miete an. In Abhängigkeit vom örtlichen Mietniveau ergeben sich bestimmte Höchstbeträge. Zuständige Behörde ist die kommunale Wohngeldstelle an Ihrem Wohnort, wo Sie auch weitere Informationen und das notwendige Antragsformular erhalten.
Alles in allem
Sehen Sie sich durch Ihre Trennung und Scheidung veranlasst, Ihre Wohnverhältnisse anzupassen, werden Sie sicherlich von sich aus alles tun, um nicht wohnungslos oder gar obdachlos zu werden. Keinesfalls sollten Sie resignieren. Besser ist, wenn Sie sich von kompetenter Stelle beraten lassen. Wenn Sie anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen, hilft ein Beratungshilfeschein vom Amtsgericht, so dass Sie sich bei einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin Ihrer Wahl gebührenfrei informieren und beraten lassen können. Es dürfte eine hohe Wahrscheinlichkeit bestehen, dass Sie eine bessere Lösung finden, als diejenige, die vielleicht Anlass für eine drohende Obdachlosigkeit ist.