Haben Sie als ortsansässiger Bürger in Ihrer Gemeinde zu einem vergünstigten Preis Bauland erworben und mit Ihrem Familienwohnhaus bebaut, haben Sie im Kaufvertrag wahrscheinlich bestimmte Nutzungsbindungen vereinbart. Lassen Sie sich jetzt scheiden, gibt es dabei ein paar Besonderheiten. Wir erklären, was das Einheimischenmodell ist, wo der Unterschied zu anderen Maßnahmen der Wohnraumförderung liegt und welche Risiken Sie im Hinblick auf Ihre Trennung und Scheidung vermeiden sollten. PS: Möchten Sie schon einmal wissen, wie viel Ihre Online-Scheidung bei uns kosten würde? Dann fordern Sie gern schon einmal hier Ihren Kostenvoranschlag dafür an!
Was ist das Einheimischenmodell?
Bauland ist vielerorts knapp. Da immer mehr Städter aufs Land ziehen, konkurriert die ortsansässige Bevölkerung um das wenig verfügbare Bauland mit den auswärtigen Interessenten. Um zu verhindern, dass in der Gemeinde geborene und oft finanzschwächere Bürger zwangsläufig abwandern, haben viele Gemeinden Modelle entwickelt, um ortsansässige Bürger in diesem Wettbewerb zu unterstützen.
Im Einheimischenmodell unterbreitet der Grundstückseigentümer der Gemeinde ein Kaufangebot. Die Gemeinde erklärt, dieses Angebot nicht anzunehmen, sofern der Grundstückseigentümer das Grundstück innerhalb einer bestimmten Frist an einen genau definierten Personenkreis von Einheimischen verkauft und der Kaufpreis dem Angebot entspricht, das der Grundstückseigentümer der Gemeinde unterbreitet hat.
Die Rechtsprechung hat derartige Verfahren ausdrücklich gebilligt. Voraussetzung ist, dass die Vergabeentscheidungen
- im Voraus bekannt,
- hinreichend konkret,
- objektiv
- und nicht diskriminierend sind.
Die Ungleichbehandlung im Verhältnis zu auswärtigen Interessenten ist zulässig, soweit die kulturellen und sozialen Belange der örtlichen Gemeinschaft gefördert und der kommunale Zusammenhalt gestärkt wird.
Welche Rolle spielt das Einheimischenmodell bei der Scheidung?
Damit auch wirklich die einheimische Bevölkerung zum Zuge kommt, beschließen die Gemeinden in Vergabevorschriften die Kriterien, an denen sie ihre Vergabeentscheidung ausrichten. Diese Vergabekriterien haben wahrscheinlich auch in Ihrem Kaufvertrag für das Grundstück ihren Niederschlag gefunden. Diese Vergabevorschriften sind von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich. So könnte es sein, dass Sie ab Bezugsfertigkeit eine bestimmte Anzahl von Jahren darin wohnen oder beim vorzeitigen Verkauf einen Ausgleich an die Gemeinde entrichten müssen.
Haben Sie ein solches Grundstück im Einheimischenmodell erworben und stehen jetzt vor Ihrer Scheidung, sollten Sie unbedingt in Ihrem Kaufvertrag nachlesen, ob es Vorgaben gibt, die Sie bei Ihrer Scheidung und dem eventuell damit einhergehenden Verkauf des Grundstücks berücksichtigen müssen.
Beispiel: Verpflichtung, eigenes Grundstück 20 Jahre lang selbst zu nutzen
Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 16.4.2010, Az. V ZR 175/09) hatte einer Gemeinde Recht geben, die den ortsansässigen Käufer eines Grundstücks im Kaufvertrag verpflichtet hatte, das Grundstück 20 Jahre lang selbst zu nutzen (Einheimischenmodell). Im Gegenzug für die Selbstnutzungsverpflichtung war der zu zahlende Quadratmeterpreis um die Hälfte ermäßigt. Außerdem war vereinbart, dass beim vorzeitigen Wegzug ein Ausgleich in Höhe von 75 % des Grundstückswerts zu entrichten sei. Als sich das Eigentümerpaar trennte und das Objekt vermieten wollte, wollten die Eigentümer gerichtlich feststellen lassen, dass die Selbstnutzungsverpflichtung und die Ausgleichsvereinbarung unwirksam sind. Wollte man die Ausgleichsvereinbarung anerkennen, hätte dies einen Quadratmeterpreis von 125 % des Bodenrichtwerts zur Folge gehabt.
Der BGH stellte klar, dass die Selbstnutzungsverpflichtung wirksam sei. Die Gemeinde müsse aus haushaltsrechtlichen Gründen bei der Veräußerung von Grundstücken einen angemessenen Gegenwert erhalten. Verzichte die Gemeinde darauf ausnahmsweise im Interesse des Gemeinwohls, dürfe sie sich auch absichern. Eine Selbstnutzungsverpflichtung von 20 Jahren sei bei einem Preisnachlass von etwa 50 % nicht zu beanstanden.
Allerdings beanstandete der Bundesgerichtshof die Ausgleichsverpflichtung. Die fällige Ausgleichszahlung dürfe die dem Eigentümer beim Kauf gewährte Subvention nur ausgleichen, nicht aber überhöhen. Der Eigentümer könne allenfalls zu einer Ausgleichszahlung bis zur Höhe des beim Erwerb geltenden Bodenrichtwerts verpflichtet werden. Eine Nachforderung im Umfang des eingeräumten Preisvorteils sei aber möglich. Die Nachzahlungsverpflichtung in Höhe des verbilligten Kaufpreises stelle einen Widerruf einer an bestimmte Bedingungen geknüpften Subvention dar.
Beispiel: Ausgleichszahlung bei Verkauf vor Frist
Auch das Landgericht München hatte ein Ehepaar in Kleinberghofen darauf verwiesen, dass ein von der Gemeinde Erdweg im Rahmen eines Einheimischenmodells erworbenes Grundstück bei einem Verkauf vor Ende der eigentlichen Bindungsfrist einer Ausgleichszahlung unterliegt. Das Ehepaar wollte das Objekt gegen eine Ablösesumme zum aktuellen Marktwert verkaufen.
Verkauf von Grundstücken im Rahmen der Wohnraumförderung
Das Einheimischenmodell ist ein Modell der Wohnraumförderung, neben einigen anderen. Um dieses Modell wegen der unterschiedlichen rechtlichen Konsequenzen richtig einzuordnen, ist es gegenüber anderen Maßnahmen der Wohnraumförderung abzugrenzen. In der Rechtsprechung zur Wohnraumförderung erfolgt meist ein ausdrücklicher Hinweis, dass die Grundsätze des Einheimischenmodells nicht relevant sind.
Denn: Vielfach verkaufen Städte und Gemeinde Grundstücke aus dem eigenen Bestand an bauwillige Interessenten. Dabei muss sich der Käufer meist verpflichten, innerhalb einer bestimmten Frist ein Bauwerk zu errichten und es dann für einen bestimmten Zeitraum auch selbst zu nutzen. Sollte sich der Erwerber nicht daran halten, sind in den Verträgen unterschiedliche Sanktionen vorgesehen. Die Sanktionen reichen vom Recht der Gemeinde zum Rückkauf des Grundstücks bis zur Pflicht des Käufers, auf den Kaufpreis eine Ausgleichszahlung zu zerreißen.
Beispiel: Bebauung innerhalb von 8 Jahren, Bewohnen für 8 Jahre
Der Bundesgerichtshof entschied einen Fall, in dem der Erwerber sich verpflichtete, ein von der Gemeinde vergünstigt veräußertes Grundstück innerhalb von acht Jahren zu bebauen und acht Jahre lang selbst zu bewohnen. Sollte der Erwerber gegen die Selbstnutzungspflicht verstoßen, verpflichtete er sich zur Zahlung von fünf Euro pro Quadratmeter Entschädigung und zur Zahlung von 25 € pro Quadratmeter für den Fall des Weiterverkaufs vor Ablauf von acht Jahren ab Bezugsfertigkeit. Als der Erwerber das Grundstück wegen seiner Scheidung vorzeitig verkaufte, verlangte die Gemeinde 21.425 € als Ausgleich. Der Betrag überstieg die Wertsteigerung des Grundstücks erheblich. Allein im Hinblick auf diese Wertsteigerung stellte der Bundesgerichtshof fest, dass das Gebot angemessener Vertragsgestaltung beeinträchtigt war (Urteil vom 20.4.2018, Az. V ZR 169/17). Der Fall unterschied sich vom Einheimischenmodell dadurch, dass der Verkauf nicht zu einem unter dem Verkehrswert liegenden Preis erfolgt war.
Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof in einer neueren Entscheidung (Urteil vom 16.12.2022, Az. V ZR 144/21) wiederholt. Auch hier war im Kaufvertrag ein Widerrufsrecht vereinbart, für den Fall, dass der Erwerber das Grundstück nicht innerhalb von acht Jahren bebaut. Auch hier lag kein Einheimischenmodell vor. Dem Erwerber wurde nämlich keine langfristige Bindung gegen Gewährung eines besonders günstigen Preises auferlegt. Vielmehr war die einzige Pflicht des Käufers die Bebauung. Hätte er diese Pflicht erfüllt, wäre das Widerrufsrecht erloschen und er hätte das Grundstück nach Belieben verkaufen können.
Was ist steuerlich beim vorzeitigen Verkauf zu berücksichtigen?
Verkaufen Sie vorzeitig Ihr Eigenheim, sollte Ihr Augenmerk auf der Spekulationsfrist liegen. Der Verkauf und der daraus resultierende Mehrerlös unterliegen der Besteuerung, wenn Sie die Immobilie innerhalb von zehn Jahren nach dem notariellen Kaufvertrag wieder verkaufen. Das Risiko der Besteuerung besteht also vornehmlich dann, wenn die Immobilie zeitweise vermietet war oder bei Leerstand.
Diese Spekulationsfrist kommt aber ausnahmsweise dann nicht zum Tragen (§ 23 Einkommensteuergesetz), wenn:
- die Immobilie zwischen Anschaffung/Herstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde oder
- die Immobilie im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde.
CHECKLISTE
So gelingt die Einigung über die Scheidungsfolgen
Prüfen Sie anhand der Checkliste, ob Sie alles bzgl. Hausrat, Ehewohnung, Zugewinn- und Versorgungsausgleich etc. geregelt haben.
Checkliste
Scheidungsfolgenvereinbarung
Regeln Sie die finanziellen und weiteren rechtlichen Folgen der Scheidung einvernehmlich und verbindlich.
Im Einheimischenmodell auf typische Trennungsfallen achten
Droht im Fall einer vorzeitigen Veräußerung der Immobilie die Spekulationssteuer, sollten sich darauf verständigen, die Immobilie insgesamt oder Ihren Miteigentumsanteil erst dann zu übertragen, wenn die Zehnjahresfrist abgelaufen ist.
Achten Sie in diesem Zusammenhang auf typische Trennungsfallen.
- Haben Sie das Grundstück im Einheimischenmodell erworben, müssen Sie damit rechnen, dass die Gemeinde beim vorzeitigen Verkauf oder der Aufgabe der Selbstnutzung eine Ausgleichsentschädigung verlangt. Bestenfalls kann diese Entschädigung aus dem Kaufpreis bezahlt werden. Ist das Grundstück finanziert, ist wegen der vorzeitigen Kündigung des Darlehens meist auch eine Vorfälligkeitsentschädigung an die Bank zu zahlen. Der Kostenaufwand könnte Ihr Budget übersteigen.
- Beabsichtigen Sie, die Immobilie an einen Dritten zu verkaufen, sollte die Immobilie insgesamt oder Ihr Miteigentumsanteil nicht erst noch dem Ehegatten übertragen werden. In diesem Fall würde für den erwerbenden Ehegatten das Damoklesschwert der Zehnjahresfrist erneut zu laufen beginnen. Besser ist der direkte Verkauf an den Dritten.
- Sind Sie beide Eigentümer und zieht einer aus, muss die Frage der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken für jeden Ehegatten getrennt beurteilt werden. Derjenige, der auszieht und seinen Miteigentumsanteil später veräußert, muss die steuerlichen Nachteile im Blick haben. Vorteilhaft ist aber, dass die Übertragung des Miteigentumsanteils auf den Ehegatten im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung bei der Scheidung grunderwerbssteuerfrei bleibt.
- Sind Sie nur allein Eigentümer und ziehen wegen der Trennung aus, geben Sie Ihre Nutzung zu eigenen Wohnzwecken auf. Dies kann bei einem späteren Verkauf zum Verlust des Steuerprivilegs führen.
- Sofern im Fall eines Wertzuwachses der Immobilie eine Spekulationssteuer anfällt, wäre die Steuer bei der Bemessung des Zugewinnausgleichsanspruchs des ausgleichspflichtigen Ehepartners als Verbindlichkeit in seinem Endvermögen zu berücksichtigen. Dies könnte dazu führen, dass sich der Zugewinn um diese Position reduziert werde. Dies wiederum hätte zur Folge, dass sich auch der Zugewinnausgleichsanspruch des ausgleichsberechtigten Partners reduziert.
Alles in allem
Am Anfang war alles gut. Damit es auch nach Ihrer Trennung und Scheidung so bleibt und sich das Einheimischenmodell nicht als Verlustgeschäft erweist, sollten Sie sich frühzeitig informieren und kompetent beraten lassen. Machen Sie Nägel mit Köpfen und reichen Sie bei uns noch heute online die Scheidung ein, damit Sie und unsere Kooperationsanwälte sich frühzeitig mit allen Besonderheiten befassen können.