Kinderbuchrezension „Donnerstag“ von Ann Bonwill

Frau Liest Kind Buch Vor iurFRIEND® AG

Donnerstag, 17.11.2022 , geschrieben von iurFRIEND-Redaktion

„Sie sagten es ihr an einem Donnerstag. Donnerstag war ihr Lieblingstag. […] Jetzt aber mochte sie ihn von allen Wochentagen am allerwenigsten.“ Die Welt eines kleinen Mädchens wird auf den Kopf gestellt, als ihre Eltern ihr mitteilen, dass sie sich trennen. Auf einmal ist in ihrem Leben alles anders. In Ann Bonwills Kinderbuch „Donnerstag“ begleiten die Lesenden dieses Mädchen auf dem Weg, die Trennung ihrer Eltern zu verarbeiten und mit der neuen Normalität klarzukommen.

Kurze Zusammenfassung

Die kleine Protagonistin wird aus ihrem gewohnten Leben von einen Tag auf den nächsten herausgerissen:

  • keine gemeinsamen Familienmahlzeiten mehr,
  • getrennte Wohnungen und
  • ein neues Schulumfeld.

Doch sie findet ein kuscheliges Einhorn, das ihr dabei hilft, den Sorgen des ungewohnten neuen Lebens zu entfliehen. Gemeinsam erleben sie Abenteuer in einer Fantasiewelt: Präriehunde besuchen, so viel Zuckerwatte essen wie sie mögen, Meerestiere streicheln. Aber all das ist nicht von Dauer, denn vor seinen Gefühlen kann man schließlich nicht ewig davonlaufen.

 

Das Einhorn ist jedoch weiterhin für sie da, als sie – Stück für Stück – wieder Freude im Alltag findet. Neue, schöne Erinnerungen sammelt. So lernt das Mädchen, dass das Leben nun anders ist, manches ist schlechter, manches sogar besser als vorher. Mit der gewonnenen Zuversicht wird Donnerstag wieder zu einem ganz normalen Tag in der Woche, und allmählich ist das Mädchen weniger auf das Einhorn angewiesen. Das weiße Fabelwesen bleibt ihr aber immer zur Seite, falls die kleine Heldin wieder emotionale Unterstützung brauchen sollte.

Wie fühlt man sich, wenn man das Buch zuklappt?

Die ergreifenden Illustrationen hauchen der Erzählung Leben ein und lassen alle Mitfiebernden die Emotionen des Mädchens mitfühlen. Was in anderen Geschichten den Spannungsbogen darstellt, entspricht in diesem Buch sicherlich dem Gefühlsbogen. So ist man am Ende durchaus zuversichtlich, da das abschließende Bild des Mädchens mit ihrem kuscheligen Einhorn im Arm wohl jedem ein Lächeln entlocken dürfte.

 

Zugleich klingt die Trauer des Mädchens im Verlauf der Geschichte noch nach und lässt einen nicht ganz los. Das Buch zeigt nicht nur den Kleinen auf, wie sie ihre Emotionen bewältigen können, sondern führt auch den Großen eindeutig vor Augen, was für einen Umbruch so eine Trennung im Leben eines Kindes bedeutet. Insgesamt hat das Buch also trotz positivem Schluss eine nachdenkliche Note.

Warum dieses Buch für jeden Wochentag eine gute Wahl ist

Das Buch schönt am Thema Trennung nichts, es legt offen komplexe Emotionen dar. Es wird deutlich, dass es eine Weile dauert, bis der erste Schock und die Trauer darüber überwunden sind. Die letzte Seite von „Donnerstag“ führt zudem realistisch vor Augen, dass das Leben von Trennungskindern in den allermeisten Fällen kein märchenhaftes Happy End enthält. Denn das Einhorn ist weiterhin Teil des Lebens der Protagonistin. Dies tröstet und spendet Sicherheit, dient aber auch als Hinweis, dass es im weiteren Leben immer mal wieder Kummer und Bedarf für emotionale Unterstützung geben wird. Alle Menschen sind hin und wieder einmal traurig und das müssen sie ausdrücken können. Die fortwährende Anwesenheit des Einhorns muss also nicht, kann aber im Zusammenhang mit der Trennung der Eltern gesehen werden, z.B. wenn ein Elternteil einen neuen Partner vorstellt.

 

Kinder erkennen sich womöglich in der kleinen Protagonistin wieder und erleben mit, wie man lernen kann, mit der neuen Situation umzugehen. “Donnerstag“ bietet Gelegenheit, über die eigenen Gefühle, Erwartungen oder Wünsche zu sprechen.

 

Eltern erinnert das Buch von Ann Bonwill, dass nicht nur die Erwachsen, sondern auch ihre Kinder mit der Trennung zu kämpfen haben. Bereits Kleinigkeiten können dazu beitragen, dass eine Nachricht besser oder schlechter aufgenommen und verarbeitet wird. Zwar gibt es nicht den perfekten Zeitpunkt, doch schadet es sicher nicht, aus der Perspektive des Kindes zu prüfen, welcher Tag der richtige ist, um das Kind über die Trennung zu informieren. Auch sollte das Kind weiter emotional unterstützt werden und die Geschehnisse nach seinen eigenen Bedürfnissen im individuellen Tempo verarbeiten dürfen.

 

Die Illustrationen dieses Kinderbuchs sind herzerwärmend, berühren tief in der Seele und gestalten sich in gewohnter Zuckersüß-Manier mit diversen Figuren. Vom flauschigen Einhorn mit rosa Mähne, über die vielsagende Mimik der Protagonistin bis hin zur an die Emotionen angepasste Farbwelt, gibt es auf jeder Seite viele Details zu bestaunen.

Interview mit Autorin Ann Bonwill

Ann Bonwill hat einen Abschluss in Psychology and Social Work, sie arbeitete als Sozialarbeiterin und Montessori-Lehrerin, bevor sie ihre bereits in Kindheitstagen entfachte Begeisterung für das Schreiben wiederentdeckte. Seitdem verfasst sie fantasievolle Kinderbücher. Ann Bonwill lebt mit ihrer Familie in Virginia. Wir konnten der Autorin ein paar Fragen zum Buch und ihrer Tätigkeit als Schriftstellerin stellen.

 

Hinweis: Das Interview wurde auf Englisch geführt und von der iurFRIEND-Redaktion auf Deutsch übersetzt.

 

Liebe Frau Bonwill, in der Geschichte wird die Protagonistin von einem Einhorn begleitet. Was symbolisiert es?

Ann Bonwill: Das Einhorn repräsentiert Unterstützung und Trost für das kleine Mädchen in der Geschichte. Einem Kind gefällt dies von einem Kuscheltier, einem imaginären Freund, einem Freund im wahren Leben oder von einer erwachsenen Vertrauensperson zu bekommen. Während sich die Geschichte auf die Reise des Mädchens konzentriert, wird sie aus der Sicht des Einhorns erzählt. Auf diese Weise ist das Buch nicht nur für Kinder, die Scheidung oder Verlust erleben, sondern auch für jene, die versuchen, ebendiesen Trost und diese Unterstützung Freunden und den Liebsten zu spenden, die emotional verletzt sind.

 

(Wie) beeinflusst die Montessori-Pädagogik Ihren Schreibstil bzw. Ihre Themenauswahl?

Ann Bonwill: Ein wichtiges Prinzip der Montessori-Pädagogik ist der Respekt gegenüber dem Kind. Ich versuche, dessen Wert des Respekts in alle Aspekte meines Schreibens einzubringen. Ich möchte die Gefühle und Erfahrungen der Kinder herausstellen und sie in Ihrer Entwicklung schreibtechnisch dort antreffen, wo sie gerade in ihrer Entwicklung sind.

 

Sie haben in den USA, England und sogar Deutschland gelebt! Wie haben diese Erfahrungen Sie als Schriftstellerin geformt oder inspiriert?

Ann Bonwill: Ich hatte das große Glück, an vielen wundervollen Orten zu leben! Ich wurde von der Landschaft, Kunst und Architektur inspiriert, ebenso von kulturellen Traditionen, dem Essen und, am wichtigsten: den Menschen. Auf meinen Reisen habe ich einige Unterschiede in Bilderbüchern bemerkt. In England sind Bilderbücher auch mal ruhig und reflektiert, in Deutschland lustig und frech, und in den USA werden sie oft von einem starken Hauptcharakter angeführt. Das sind natürlich Verallgemeinerungen, aber diese unterschiedlichen Stile zu lesen hat meinen eigenen Schreibstil geformt. Ich genieße es, Aspekte verschiedener Stile in meinen Büchern zu vermischen.

 

Arbeiten Sie aktuell an bestimmten Büchern, die wir 2023 erwarten können? Irgendwelche Hinweise für unsere Leserinnen und Leser?

Ann Bonwill: Ich arbeite gerade an einem Buch für jüngere Leser. Es spielt in einem Altersheim, in dem die Bewohner sich mit Kindern zusammentun, um Mysterien zu lösen. Ich schreibe auch ein Bilderbuch über Ziegen, denn Ziegen sind wunderbar!

Bibliografische Angaben für "Donnerstag"

  • Geschrieben von Ann Bonwill
  • Illustriert von Kayla Harren
  • Übersetzt von Pia Jüngert
  • Zuckersüß Verlag
  • Luna Ventures GmbH
  • 2022
  • ISBN 978 3 949315183
  • 32 Seiten
  • 24,90 EUR
  • Altersempfehlung des Verlags: Für Kinder ab 4 Jahren
5 Sterne 5.0
Icon: TÜV-NordIcon: TÜV-Nord
"Mein Vertrauen in iurFRIEND war gerechtfertigt!"
Frau Liest Kind Buch Vor iurFRIEND® AG
War diese Seite hilfreich für Sie?
Ja    Nein

96% der Benutzer finden diesen Beitrag hilfreich.