Haben Sie je darüber nachgedacht, wie eine Ehegatten-Innengesellschaft Ihre Entscheidung zur Scheidung beeinflussen könnte? Wenn rechtliche und finanzielle Hürden Ihre Überlegungen bestimmen, ist es wichtig, die Details zu kennen. In diesem Beitrag zeigen wir anhand von Beispielen auf, wie das Vermögen bei Unternehmer-Paaren in verschiedenen Konstellationen aufgeteilt wird. Sie werden sehen: Auf die Scheidung müssen Sie weder wegen der Ehegatten-Innengesellschaft noch aus anderen finanziellen Bedenken verzichten. Wenn Sie ein persönliches Gespräch über Ihre individuelle Situation wünschen, können Sie kostenfrei und unverbindlich jederzeit einen Rückruf zu Ihrem Wunschtermin anfordern.
Wie wird das Vermögen aufgeteilt?
Eheleute stehen sich grundsätzlich rechtsgeschäftlich wie nicht verheiratete Personen gegenüber:
- Sie können sich Sachen gegenseitig verkaufen oder vermieten,
- Geld-, Sach-, Dienst- oder Werkleistungen erbringen
- oder ausdrücklich den Ausgleich von erbrachten Leistungen durch Abschluss eines Dienst-, Werk- oder Gesellschaftsvertrages schaffen.
Sie können insbesondere eine Vereinbarung über den Ausgleich auch nur für den Fall der Scheidung treffen. Vor allem, wenn die Leistung eines Ehepartners die gesetzliche Verpflichtung zum Familienunterhalt (§ 1360 BGB) und die Verpflichtung, auf die Belange des anderen die gebotene Rücksicht zu nehmen (§ 1356 BGB), übersteigt.
Gründet ein Ehepartner im eigenen Namen ein Unternehmen oder eine freiberufliche Praxis, trägt der Partner oft über Jahre hinweg durch seine Mitarbeit planvoll und zielstrebig zu dessen Aufbau wesentlich bei. Arbeiten beide Ehepartner zusammen und organisieren das Unternehmen nach Maßgabe ihrer Fähigkeiten und Kompetenzen, bestehen mindestens drei Optionen, um die Mit- oder Zusammenarbeit der Ehepartner rechtlich zu gestalten.
Option 1: Gesellschaftsvertrag
Die Ehepartner können gemeinsam eine Gesellschaft gründen. Dies kann
- eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts,
- eine offene Handelsgesellschaft
- oder eine Kapitalgesellschaft sein.
Dann ist klar, dass beide Ehepartner Gesellschafter sind und sich ihre Rechte und Pflichten nach den Vereinbarungen des Gesellschaftsvertrages bestimmen. Kommt es zur Scheidung, bestehen die Rechte und Pflichten normalerweise unverändert fort. Sofern im Gesellschaftsvertrag für den Fall einer Scheidung vorsorglich eine Regelung enthalten ist, bestimmt sich, wie und ob die Gesellschaft fortgesetzt wird. So könnte beispielsweise vereinbart sein, dass ein Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet und der andere berechtigt ist, dessen Gesellschaftsanteil zu übernehmen. Wird die Scheidung beantragt, würde sich die Beteiligung des ausscheidenden Partners am vorhandenen Vermögen nach den Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag bestimmen.
Option 2: Arbeitsverhältnis
Schließen die Ehepartner für die Mitarbeit eines Partners einen schriftlichen Arbeitsvertrag, bestimmen sich die Rechte und Pflichten nach diesem Arbeitsvertrag. Dann ist die Tätigkeit des angestellten Ehepartners untergeordneter Natur. Er ist gegenüber dem anderen Ehepartner, seinem Arbeitgeber, weisungsgebunden.
GUT ZU WISSEN
Pflicht zur Mitarbeit im Betrieb des Partners
Ursprünglich verpflichtete das Bürgerliche Gesetzbuch den Ehepartner, allerdings nur die Ehefrau, zur Mitarbeit im Betrieb des Partners. Das Gleichberechtigungsgesetz übertrug konsequenterweise eine solche Pflicht auch auf den Mann im Betrieb der Frau. Nach § 1356 Abs. 2 BGB sind die Ehepartner verpflichtet, bei der Wahl und Ausübung einer Erwerbstätigkeit auf die Belange des anderen Ehepartners und der Familie die gebotene Rücksicht zu nehmen. Die Mitarbeit darf daher nur in Notfällen nicht verweigert werden. Da ein Ehepartner zugleich seine Arbeitskraft entsprechend seinen Wünschen frei verwenden darf, wird diese nicht auf Dauer geschuldet, sondern nur freiwillig geleistet. Geht die Mitarbeit über das übliche Maß hinaus, öffnen sich regelungsbedürftige Bereiche.
Option 3: Ehegatten-Innengesellschaft
Schwieriger wird es, wenn die Mitarbeit eines Ehepartners nicht untergeordnet wie im Angestelltenverhältnis erfolgt, sondern gleichberechtigter Natur ist. In solchen Fällen schließen die Ehepartner meist keinen Arbeitsvertrag und lassen offen, wie die Mitarbeit des Partners am Aufbau des Unternehmens und dessen Organisation rechtlich zu bewerten und ein eventueller Gewinn zu verteilen ist.
Die Rechtsprechung erkennt in diesen Fällen die Möglichkeit einer sogenannten Ehegatten-Innengesellschaft an. Eine solche kommt in Betracht, wenn die Ehepartner planvoll, zielstrebig und dauerhaft am Aufbau des Unternehmens mitarbeiten, um gemeinsam Vermögen zu erwerben oder um den Familienunterhalt zu sichern, wobei Geschäftsinhaber und Inhaber des Vermögens nur einer der Ehepartner ist.
So hat die Rechtsprechung beispielsweise eine Ehegatten-Innengesellschaft beim
- gemeinsamen Betrieb und der Pacht einer Gastwirtschaft anerkannt (BGHZ 8, 249),
- ebenso bei jahrelanger gemeinsamer Verwaltung von Immobilienvermögen (BGH FamRZ 1999, 1580),
- bei beiderseitiger Mitarbeit in einem Lebensmittel- und Textilgeschäft auf dem Grundstück der Frau (BGHZ 31, 197)
sowie beim Erwerb eines Wohn- und Geschäftshauses zur Alterssicherung (OLG Schleswig NJW-RR 2004, 972).
Abgelehnt wurde jedoch ein gemeinsamer Hausbau (BGH NJW 2012, 3374) oder die bloße Geldzuwendung zur Errichtung einer Arztpraxis (BGH NJW 1974, 2045).
Woran erkennt man eine Ehegatten-Innengesellschaft?
Der Bundesgerichtshof erkennt eine Ehegatten-Innengesellschaft an (BGH NJW 1999, 2962). Dies bedeutet nichts anderes, als dass die Ehepartner zwar formal keine Personen- oder Kapitalgesellschaft gegründet haben, gleichwohl aber wie Gesellschafter zusammenwirken. Dabei kommt es nicht allein auf die Arbeitsleistung eines Ehepartners an. Es wird darauf abgestellt, ob der Beitrag eines Ehepartners wesentlich für den Vermögensaufbau des Partners war. Dies ist auch dann der Fall, wenn der Ehepartner zwar keine Arbeitsleistung erbracht hat, aber eine wesentliche Sach- oder Kapitalleistung zur Verfügung stellte. Zum Beispiel: Bargeld für die Gründung, Räumlichkeiten für den Geschäftsbetrieb. Die bloße Finanzierung durch Bankkredite oder Gewährung von dinglichen Sicherheiten (Grundschuld) genügt nicht. Eine Ehegatten-Innengesellschaft hat folgende Merkmale:
- Das Unternehmen wird ausschließlich auf den Namen eines Ehepartners gegründet, der nach außen allein als Gesellschafter in Erscheinung tritt. Es besteht keine Vertretungsregelung der Ehepartner untereinander. Der andere, nicht nach außen hin am Rechtsverkehr teilnehmende Ehepartner haftet nicht für die Gesellschaftsschulden.
- Die Ehepartner verfolgen einen über die Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgehenden Zweck. Indizien dafür sind beträchtliche Kapitalinvestitionen, Renovierungsmaßnahmen, gemeinsame Vermietung und Verwaltung einer Immobilie (BGH NJW 19 99,2962), nicht aber gelegentliche Aushilfsarbeiten (BGH FamRZ 1987, 907). Auch der Erwerb und die Finanzierung eines Eigenheims dürfte insoweit keinen über die eheliche Lebensgemeinschaft hinausgehenden Zweck darstellen, sondern mehr Inhalt und Grundlage der Lebensgemeinschaft sein.
- Die Position beider Ehepartner im Betrieb ist weitgehend gleichberechtigt. Beide leisten beiderseitige Beiträge von größerem Gewicht und erbringen Leistungen, die über den typischen Rahmen einer Ehe hinausgehen.
- In der Konsequenz bildet nur einer der Ehepartner Vermögen, so dass kein Gesamthandsvermögen der Ehepartner gebildet wird. Fehlen sämtliche Anhaltspunkte, wie die Beteiligungsquote des mitarbeitenden Ehepartners zu bewerten ist, kommt die hälftige Beteiligung in Betracht (§ 722 BGB). Stichtag für die zur Berechnung der Beteiligungsquote erforderliche Bestandsaufnahme und Bewertung des Gesellschaftsvermögens ist der Zeitpunkt der Auflösung der Gesellschaft, sprich der Zeitpunkt der Trennung.
Beispiele für Scheidungen mit eigenen Unternehmen
Haben Sie in der Ehe gemeinsam unter dem Namen Ihres Partners ein Unternehmen gegründet oder im Unternehmen Ihres Partners tatkräftig mitgearbeitet oder gemeinsam eine zu vermietende Immobilie erworben oder auf andere Art planvoll und zielstrebig Vermögen gebildet, sollten Sie auch nach der Scheidung von diesen gemeinsamen Aktivitäten profitieren.
Wie das genau aussieht, richtet sich nach den Umständen im Einzelfall:
Beispiel 1: Mitarbeit in Zahnarztpraxis des Ehepartners
Die Ehefrau war selbstständige Zahnärztin. Der Ehemann, der selbst nicht als Zahnarzt ausgebildet war, hatte seine früher erlernten Beruf aufgegeben, kümmerte sich um die Finanzen in der Praxis und übte auch klassische Tätigkeiten eines Zahnarzthelfers aus. Nach der Trennung forderte der Ehemann Zugewinnausgleich. Der Ausgleich scheiterte, da die Frau am Ende der Ehe weniger Vermögen besaß als bei der Eheschließung und somit kein Zugewinn erzielt wurde. Da der Ehemann seine Arbeitskraft und seinen Lebensalltag auf die Zahnarztpraxis ausgerichtet hatte, forderte er einen Ausgleich über den Weg der sogenannten Ehegatten-Innengesellschaft (Fallbeispiel nach Kammergericht Berlin, Beschluss vom 8.5.2021, Az. 17 UF 310/11).
Beispiel 2: Scheidung von Vermietern
Die Eheleute A und B haben unter Einsatz ihres jeweils eigenen Vermögens und des persönlichen Arbeitseinsatzes eine Immobilie gekauft, ausgebaut und vermietet. Im Grundbuch ist lediglich A als Eigentümer eingetragen. Absprachegemäß sollte die Immobilie jedoch beiden gehören und die gemeinsame Nutzung auch für den Fall der Scheidung fortgesetzt werden. A und B haben den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft ausgeschlossen und stattdessen Gütertrennung vereinbart. Nach der Scheidung fordert B einen Ausgleich, der sich nach dem Wert der Immobilie richten soll.
Praxisbeispiel
Auflösung der Beispielfälle
In den oben genannten Beispielen 1 und 2 ist jeweils von einer Ehegatten-Innengesellschaft auszugehen. Im Fall der Zahnarztpraxis hatte es das Kammergericht Berlin (Beschluss vom 8.5.2012, Az. 17 UF 310/11) ausreichen lassen, dass mit dem gemeinsamen Betreiben der Zahnarztpraxis zwar kein wesentliches Vermögen aufgebaut, sondern letztlich nur der Lebensunterhalt der Ehepartner bestritten wurde. Dies genüge für einen gemeinsamen planvollen und zielstrebigen Aufbau des Vermögens beider Ehepartner. Das Kammergericht bestätigte auch, dass der Ehemann gleichberechtigt in der Praxis mitgearbeitet habe. Dagegen spreche auch nicht, dass der Ehemann nicht als Zahnarzt zugelassen sei. Es genüge, wenn der Ehepartner einen wesentlichen Beitrag geleistet habe. Es komme nicht darauf an, dass beide Ehepartnern annähernd gleichbedeutende Beiträge geleistet hätten (BGH NJW 1999, 2962).
Ein Problem ergab sich insoweit, als das Kammergericht den Ehemann für verpflichtet hielt, zunächst eine Abrechnung der Ehegatten-Innengesellschaft vorzulegen. Erst nach Vorlage einer Auseinandersetzungsbilanz könne er sein Abfindungsguthaben ermitteln. Nach Auskunftserteilung der Ehefrau müsse er eine solche Bilanz erstellen. Weigere sich die Ehefrau, ihn danach auszuzahlen, müsste er erneut Klage vor dem Kammergericht erheben und Zahlung verlangen.
Wie das Verhältnis zwischen Zugewinnausgleich, Gütertrennung und Ehegatten-Innengesellschaft?
Ansprüche aus einem Zugewinnausgleich und einer Ehegatten-Innengesellschaft schließen sich nicht gegenseitig aus. Ein Ausgleich über das Rechtskonstrukt der Ehegatten-Innengesellschaft kann neben und zusätzlich zum Zugewinnausgleich erfolgen. Dies betrifft Fälle, in denen der Zugewinnausgleich nicht möglich erscheint, weil das Endvermögen eines Ehepartners niedriger ist als sein Anfangsvermögen und der dem Grundsatz nach ausgleichsberechtigte Ehepartner insoweit leer ausgeht.
Im Einzelfall wäre zu prüfen, welche Option leichter und besser ins Ziel führt oder ob beide Optionen kombiniert werden sollten. Aber auch hier ist Vorsicht geboten. Leben die Ehepartner im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, war der Bundesgerichtshof zumindest in früheren Entscheidungen der Auffassung, dass der gesetzliche Güterstand ein wesentliches Indiz gegen das Zustandekommen einer Innengesellschaft durch schlüssiges Verhalten darstelle (BGH FamRZ 2006, 607).
Haben die Partner Gütertrennung vereinbart, ist der Güterstand nicht unbedingt ein Indiz für oder gegen die Annahme einer Ehegatten-Innengesellschaft (BGH FamRZ 1999, 1582). Zwar spreche das Fehlen einer güterrechtlichen Regelung des Ausgleichs für eine solche Ehegatten-Innengesellschaft. Andererseits hätten sich die Ehepartner bewusst gegen eine Ausgleichsregelung entschieden, die bei Annahme eines gesellschaftsrechtlichen Ausgleichs unterlaufen werden würde.
Alles in allem
Wenn Sie eine Scheidung in Erwägung ziehen, stellt sich die wichtige Frage, wie das Engagement eines Ehepartners zugunsten des anderen vermögensrechtlich bewertet wird. Neben dem gesetzlich geregelten Zugewinnausgleich hat die Rechtsprechung das Rechtskonstrukt der Ehegatten-Innengesellschaft entwickelt. Sind Sie betroffen, kommt es darauf an, Ihre Ansprüche nach Maßgabe der möglichen Optionen zu begründen. Dabei unterstützt Sie Ihre anwaltliche Beratung.