Haben Anwälte Ferien?

Dinge, die nicht geklärt sind, belasten einen. Der Kopf ist voll mit den Gedanken, aber es scheint kaum möglich, sich auf etwas anderes zu konzentrieren. Klar, dass dabei das Bedürfnis entsteht, eine Regelung zu finden und zumindest den ersten Schritt zu tun, um das Problem zu lösen. Haben Sie sich vor den Sommerferien getrennt, haben Sie vielleicht den Wunsch, sich noch vor Antritt der Ferien wegen Ihrer Trennung und Scheidung zu informieren und beraten zu lassen.

Womöglich ist sogar Ihr Trennungsjahr fast um und Sie möchten mit Hilfe eines Anwalts den Scheidungsantrag bei Gericht einreichen. Besonders, wenn Sie in einer Kleinstadt mit weniger hohen Anwaltsdichte leben, kann es jedoch sein, dass die Kanzlei(en) dort dann Betriebsferien haben oder in Aussicht stellen, dass neue Mandate erst ab Zeitpunkt X in Angriff genommen werden können.

Was also nun tun?

Auch Anwälte brauchen ab und zu Urlaub. Da Anwälte Freiberufler sind, entscheiden sie nach eigenem Ermessen, ob, wann und wie viel Urlaub sie sich leisten. Wie viel Urlaub man als Anwalt hat, hängt von jedem Anwalt selbst ab. Insoweit kommt es auch nicht darauf an, ob der Anwalt zugleich als Familienrechtsanwalt bzw. als Fachanwalt für Familienrecht tätig ist oder auch andere Rechtsgebiete bearbeitet.

Die Urlaubszeit bedeutet aber nicht, dass die Kanzlei eines Anwalts wegen dessen Urlaubs zwangsläufig rund um die Uhr geschlossen ist. Weil das Verhältnis zwischen Anwalt und Mandant ein Vertrauensverhältnis ist, unterliegen Anwälte standesrechtlichen Pflichten, die gewährleisten, dass Mandanten bereits laufender Fälle auch bei urlaubsbedingter Abwesenheit eines Anwalts weiterhin zuverlässig betreut werden. Nicht zuletzt ist es wichtig, dass der Anwalt während seiner Abwesenheit in der Kanzlei auch für die Gerichte erreichbar ist und gewährleistet bleibt, dass gerichtliche Fristen wahrgenommen werden können.

Das Gesetz macht deswegen genaue Vorgaben, wann ein Anwalt einen Vertreter bestellen muss.

Geht ein Rechtsanwalt in den Urlaub, muss er nach § 53 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) für seine Vertretung sorgen, wenn er

• länger als eine Woche dran gehindert ist, seinen Beruf auszuüben, oder
• sich länger als zwei Wochen von seiner Kanzlei entfernen will.

Ist der Anwalt alleine ortsabwesend, ist dies noch kein Grund, einen Vertreter zu bestellen. Vielmehr kommt es darauf an, dass der Rechtsanwalt nicht in der Lage ist, seinen Beruf auszuüben und den Kontakt zu seinen Mandanten zu halten oder seine Mandate zu bearbeiten. Die Möglichkeiten der modernen elektronischen Kommunikation und die Arbeit im Home Office führen dazu, dass Anwälte von überall aus arbeiten können. Bei der Vertreterbestellung geht es also nur um Sachverhalte, in denen der Anwalt seinen Beruf für mindestens zwei Wochen aus physischen oder psychischen Gründen nicht ausüben kann.

Will der Anwalt auch im Urlaub seinen Beruf hinter sich lassen, wird er bzw. sie verpflichtet sein, in der Kanzlei für eine Vertretung zu sorgen. Nicht zuletzt liegt die Bestellung eines Vertreters im eigenen Interesse des Anwalts, der sich so sicher sein kann, dass in der Kanzlei nichts „anbrennt“.

Die Vertretung soll einem anderen Rechtsanwalt übertragen werden. Die Vertretung kann auch durch Personen erfolgen, die die Befähigung zum Richteramt erworben (Volljuristen) oder als Referendare mindestens zwölf Monate Vorbereitungsdienst abgeleistet haben.

Ist in der Kanzlei ein weiterer Anwalt tätig, wird dieser regelmäßig als Vertreter bestellt. Ist der Anwalt als Einzelanwalt in der Kanzlei tätig, kann er jeden Kollegen oder jede Kollegin bestellen, zu der das notwendige Vertrauen besteht. Dabei ist darauf zu achten, dass es nicht zu einer Interessenkollision kommt. Diese könnte dann auftreten, wenn der Vertreter beispielsweise bereits den Ehepartner des Mandanten vertritt.

Unterlässt es der Anwalt pflichtwidrig eine Vertretung anzuberaumen, soll die Rechtsanwaltskammer eine Vertretung von Amts wegen bestellen. Zuvor soll sie den Rechtsanwalt auffordern, die Vertretung selbst zu bestellen.

Die Frage, Anwalt im Urlaub - was tun, ist also kein Grund, dass Sie als Mandant Nachteile zu befürchten hätten. Sie dürfen sich sicher sein, dass auch Ihr Anwalt Vorsorge getroffen hat und es in der Kanzlei einen Vertreter geben wird, der auf Ihr Anliegen reagieren kann oder reagieren wird, wenn aus gerichtlichen Gründen Anlass besteht, etwas zu veranlassen.

Vor Urlaubsantritt ist meist vieles zu erledigen. Haben Sie das Bedürfnis, sich im Hinblick auf Ihre Trennung und Scheidung zu informieren und beraten zu lassen, besteht kein Grund, den Kontakt zu einem Anwalt oder zu einer Anwältin aufzuschieben. Gerade, wenn Sie sich an einen Scheidungsservice wenden, haben Sie alle Optionen, die mit Ihrer Trennung und Scheidung verbundenen Rechte und Pflichten einzuordnen und zu gestalten. Das Gefühl, richtig informiert kompetent beraten zu sein, kann eine gute Grundlage darstellen, dass Sie sich in Ihrem Urlaub erholen.