Donnerstag, 23.02.2023 , geschrieben von iurFRIEND-Redaktion
Haben Sie oder Ihr Ehepartner die Scheidung beantragt, muss das Familiengericht Sie zu einem Scheidungstermin vor Gericht laden und Sie beide persönlich im Termin anhören. Die Ladungsfrist für Ihre Scheidung beträgt mindestens eine Woche. Was sich nach einer klaren Aussage anhört, wirft in der anwaltlichen und gerichtlichen Praxis jedoch eine Reihe teils schwieriger Fragen auf. Als beteiligter Ehepartner können Sie erheblich dazu beitragen, diese Schwierigkeiten zu vermeiden.
Wozu bestimmt das Gesetz überhaupt Fristen?
Ihre Scheidung läuft in einem gerichtlichen Verfahren ab. Dabei geht es darum, dass Ihre Interessen, aber auch die Interessen Ihres Partners angemessen berücksichtigt werden. Um das Verfahren zielführend zu betreiben und Ihre Scheidung zu beschließen, muss das Gericht alle Beteiligten dazu verpflichten können, innerhalb vorgegebener Fristen Anträge einzureichen oder auf Anträge Stellungnahmen abzugeben. Wenn Sie innerhalb einer vorgegebenen Frist nicht fristgerecht reagieren, darf das Gericht einen verspäteten Antrag oder eine verspätete Stellungnahme nicht mehr berücksichtigen. Fristen dienen insoweit der rechtssicheren Abwicklung Ihrer Scheidung.
Was ist die Ladungsfrist bei Gericht?
Schaubild
Wurde beim Familiengericht der Scheidungsantrag eingereicht, gibt das Gericht dem anderen Ehepartner Gelegenheit, zum Antrag Stellung zu nehmen. Der Ehepartner kann eigene Anträge stellen oder dem Scheidungsantrag schlicht zustimmen. Hat das Familiengericht die Einschätzung, dass alles vorgetragen wurde, was zur Abwicklung Ihrer Scheidung wesentlich ist, kann es den mündlichen Scheidungstermin anberaumen.
Die Ladungsfrist zum Scheidungstermin beträgt dann mindestens eine Woche (§ 217 ZPO). Auch wenn die Ladungsfrist oft mehr als eine Woche beträgt, müssen Sie darauf achten, dass darüber hinaus auch noch Antragsfristen bestehen. Antragsfristen regeln, bis wann Sie eventuelle Anträge im Scheidungsverfahren bei Gericht vortragen können.
SchaubildiurFRIEND Schaubild: Scheidungstermin vor Gericht
Zusammenhang zwischen Ladungsfrist und Scheidungsverbund
Die Regelung zur Ladungsfrist und zur Antragsfrist steht im Zusammenhang mit dem Begriff des Scheidungsverbundes. Scheidungsverbund bedeutet, dass die Scheidung als solche mit den sich aus der Auflösung Ihrer Ehe ergebenden Folgesachen möglichst verfahrensmäßig verbunden werden soll (§ 137 FamFG). Man spricht vom sogenannten Scheidungsverbund.
Zweck ist, dass alle im Zusammenhang mit einer Scheidung stehenden Folgen abschließend in einem einzigen Verfahren geregelt werden. Dadurch soll den Ehegatten die Konsequenzen der Auflösung der Ehe im Hinblick auf die persönlichen, wirtschaftlichen und rechtlichen Folgen vor Augen geführt werden. Zugleich soll auch der andere Ehepartner vor einer Vielzahl parallel nebeneinander verlaufender Verfahren geschützt werden. Nicht zuletzt soll die Konzentration auf ein einziges Verfahren das Familiengericht von doppelter Arbeit entlasten, die entstünde, wenn es sich wegen der gleichen Sache mit mehreren Verfahren beschäftigen muss.
Beantragen Sie also
den Versorgungsausgleich,
die Regelung von Kindesunterhalt oder Ehegattenunterhalt,
die Regelung der Nutzungsverhältnisse an Ihrer ehelichen Wohnung
die Aufteilung Ihres Hausrats
oder den Zugewinnausgleich,
entscheidet das Gericht im Scheidungsverbund und damit einheitlich über die Abwicklung Ihrer Ehe. Möchten Sie eine dieser Folgesachen geregelt wissen, müssen Sie die dafür maßgebliche Antragsfrist beachten.
CHECKLISTE
Was muss ich zum Versorgungsausgleich wissen?
Bei der Scheidung werden Ihre Rentenanwartschaften in der Regel aufgeteilt - was ist dabei zu beachten?
Eine Ausnahme gilt nur für Kindschaftssachen, die die Übertragung oder Entziehung der elterlichen Sorge, das Umgangsrecht oder die Herausgabe eines gemeinschaftlichen Kindes der Ehepartner oder das Umgangsrecht betreffen. In diesen Fällen steht das Wohl und Interesse des Kindes im Vordergrund, das nicht unbedingt allein im Interesse der zweckmäßigen Entscheidungsfindung in den Scheidungsverbund hineingezwängt werden soll. In diesem Fall genügt es, wenn ein Ehepartner vor Schluss der letzten mündlichen Verhandlung die Einbeziehung in den Scheidungsverbund beantragt. Hier kommt es auf keine Antragsfrist an.
Was ist die Antragsfrist im Scheidungsverbund?
Die Ladungsfrist zum mündlichen Scheidungstermin beträgt zwar eine Woche (§ 217 ZPO), Anträge zur Regelung der zuvor benannten Scheidungsfolgen müssen jedoch spätestens zwei Wochen vor der mündlichen Verhandlung von den Ehegatten anhängig gemacht werden. Daraus ergibt sich ein Problem.
Da die Ladungsfrist von einer Woche kürzer ist als die Frist zur Beantragung der Regelung einer Folgesache, kann die Zwei-Wochen-Antragsfrist bei kurzfristiger Terminierung durch das Gericht mit dem Zugang der Ladung zum Termin bereits abgelaufen sein. In diesem Fall bestünde für die Beteiligten keine Möglichkeit mehr, eine Folgesache zum Scheidungstermin zur Regelung zu beantragen. Das Gericht dürfte also verfahrenstechnisch nicht mehr über den Antrag zur Regelung der Folgesache entscheiden.
Die Antragsfrist von zwei Wochen soll verhindern, dass ein Ehepartner kurzfristig Anträge stellt und damit die mündliche Verhandlung und Entscheidung des Gerichts absichtlich verzögert. Vor allem wäre es dem Gericht nicht möglich, sich angemessen auf den Scheidungstermin vorzubereiten. Das Gericht müsste den Termin aufheben oder vertagen.
Deshalb hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass das Familiengericht den Termin in einer Scheidungssache so bestimmen muss, dass es den Ehegatten auch noch nach Zugang der Ladung unter Berücksichtigung der Ladungsfrist von einer Woche möglich sein muss, unter Einhaltung der Zwei-Wochenfrist eine Scheidungsfolgesache bei Gericht anhängig zu machen. Zur Vorbereitung eines solchen Antrags muss den Ehegatten zusätzlich eine Woche zur Verfügung stehen (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.3.2012, Az. XII ZB 447/10).
Erhalten Sie als Ehepartner also die Ladung zum mündlichen Scheidungstermin, haben Sie insgesamt drei Wochen Zeit, beim Familiengericht noch einen Antrag zur Regelung einer Scheidungsfolge einzureichen. Sofern die Ladungsfrist von vornherein mehr als drei Wochen beträgt, besteht das Problem nicht.
Wie wird die Zwei-Wochenfrist berechnet?
In der anwaltlichen Praxis kommt es oft auf die letzte Stunde und vielleicht sogar Minute an. Insbesondere ist die Zwei-Wochenfrist schwierig zu berechnen. Es erfolgt eine Rückwärtsrechnung. Dabei zählt der Tag der mündlichen Verhandlung nicht mit.
Praxisbeispiel
Bis wann muss der Antrag im Nachtbriefkasten sein?
Das Familiengericht terminiert die mündliche Verhandlung auf den 20.4.2022. Die betreffende Zwei-Wochenfrist beginnt am 19.4.2022 rückwärts zu laufen und wird durch den 6.4.2022 um 0:00 Uhr begrenzt. Möchten Sie fristgerecht die Regelung einer Scheidungsfolge beantragen, müssen Sie Ihren Antrag über Ihren Rechtsanwalt spätestens bis 5.4.2022, 24.00 Uhr, beim Familiengericht einreichen. Das Datum wird durch den Einwurf in den Nachtbriefkasten des Gerichts dokumentiert. Eine Sekunde nach 24.00 Uhr wäre also zu spät.
Lässt sich der Scheidungstermin verschieben?
Haben Sie die Ladung zum Scheidungstermin bekommen, sind Sie verpflichtet, zum Termin zu erscheinen. Sie können den Termin nur ausnahmsweise unter Angabe nachvollziehbarer Gründe nebst Nachweis verschieben oder aufheben lassen. In Betracht kommt, dass Sie
nachweislich krank sind,
Ihren Urlaub fest gebucht haben
oder bereits unterwegs im Urlaub sind.
Sind Sie anwaltlich vertreten, sprechen Sie unbedingt so schnell als möglich Ihren Anwalt an. Sind Sie anwaltlich nicht vertreten, sollten Sie umgehend Kontakt zum Familiengericht aufnehmen. Versäumen Sie den Termin, riskieren Sie ein Ordnungsgeld.
Praxisbeispiel
Verlegung des Scheidungstermins nach außerhalb des Trennungsjahres
Ein Antrag, den Scheidungstermin zu verlegen, ist unzulässig, wenn Sie Ihren Scheidungsantrag vor Ablauf des Trennungsjahres eingereicht haben und Ihr Verlegungsantrag nur darauf abzielt, das Trennungsjahr zu vollziehen (Amtsgericht Wismar, FamRZ 2017, 1698). Es sei verfahrensfehlerhaft, einen Termin beim Familiengericht nur deshalb zu verschieben, um den Scheidungsantrag nach Ablauf des Trennungsjahres als begründet erscheinen zu lassen.
Alles in allem
Gerade, weil Parteien immer wieder Ladungen und Fristen versäumen, gehen viele Prozesse verloren oder Verfahren in die falsche Richtung. Nehmen Sie derartige Fristen also unbedingt ernst. Informieren Sie sich, was im Einzelfall zu tun ist. Überlassen Sie besser nichts dem Zufall.