Gibt es in Deutschland Gerichtsferien?

Weihnachtsmann iurFRIEND® AG

Mittwoch, 20.12.2023 , geschrieben von iurFRIEND-Redaktion

Haben Sie die Scheidung beantragt oder ein anderes Verfahren laufen, möchten Sie natürlich, dass alles zügig seinen Gang geht. Durch die Corona-Pandemie, aber nicht nur, haben Sie vielleicht schon erlebt, dass manche Gerichte sehr zögerlich arbeiten und Sie erst auf telefonische Nachfrage hin den Stein ins Rollen brachten. Anlässlich der nahenden Weihnachtsfeiertage stellt sich so mancher Leser vielleicht die Frage, ob es die sogenannten Gerichtsferien noch gibt, und wenn ja, ob es währenddessen für dringende Fälle einen „Notfallkontakt“ gibt. Unser Kontakt für Sie für alle Fälle 24/7, so viel sei gesagt, ist unser InfoPoint, erreichbar unter 0800 34 86 72 3.

Ausflug in die 1990er – was waren bitte Gerichtsferien?

Die Zeitform verrät es sogleich: Seit dem 1.1.1997 gibt es in Deutschland keine Gerichtsferien mehr. Bis dahin wurden im Zeitraum vom 15. Juli bis 15. September an den deutschen Gerichten nur sogenannte Feriensachen verhandelt. Feriensachen waren rechtliche Streitigkeiten, die keinen Aufschub duldeten. Scheidungen gehörten nicht dazu. Dieser Zeitraum wurde als Gerichtsferien bezeichnet. Die Gerichtsferien sind keinesfalls mit den Schulferien identisch. Um die Feiertage Ostern und Weihnachten herum waren keine Gerichtsferien vorgesehen.

 

Die Gerichtsferien hatten einen historischen Hintergrund. Sie wurden im Jahr 1880 eingeführt. Während der Erntezeit sollten nur die dringendsten gerichtlichen Verfahren stattfinden. Dazu gehörten

  • Strafverfahren,
  • einstweilige Verfügungen,
  • Räumungsklagen,
  • aber auch Unterhaltsklagen
  • sowie Vaterschaftsfeststellungs- und Vaterschaftsanfechtungsklagen.

Soweit diese Voraussetzungen nicht vorlagen, hatte jeder Prozessbeteiligte das Recht, in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August ohne Angabe von Gründen zu verlangen, dass das Gericht einen anberaumten Termin für den Zeitraum nach den Gerichtsferien verlegte.

GUT ZU WISSEN

Unterschied Verlegung und Vertagung

Verlegung und Vertagung sind zu unterscheiden. Hat das Gericht Termin bestimmt und sind die Beteiligten in einem gerichtlichen Termin anwesend, kann das Gericht den Termin vertagen und einen neuen Termin bestimmen. Wurde hingegen lediglich ein Termin bestimmt, kann der Termin vom Gericht verlegt (aufgehoben) und ein neuer Termin bestimmt werden.

Arbeiten Gerichte heutzutage über Weihnachten?

Wir wissen jetzt, dass es keine Gerichtsferien gibt. Trotzdem gibt es und muss es Möglichkeiten geben, Termine aufzuheben oder zu verlegen. Insoweit bestimmt § 227 Abs. I Zivilprozessordnung, dass ein Termin aus erheblichen Gründen aufgehoben oder verlegt werden kann. Verhandlungen können vertagt werden.

 

Das Gesetz stellt ausdrücklich klar, dass das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, im Termin nicht zu erscheinen, keinen erheblichen Grund für die Aufhebung oder Vertagung darstellt. Erhebliche Gründe sind beispielsweise eine Erkrankung, die es dem Betreffenden unzumutbar macht, den Termin wahrzunehmen. Dabei ist die Weihnachtszeit für sich kein Grund für eine Terminsverlegung. Dies bedeutet, dass die Gerichte im Prinzip auch über Weihnachten arbeiten.

 

Lediglich für den Zeitraum vom 1. Juli bis 31. August erlaubt es § 227 Abs. III ZPO, dass ein gerichtlich bestimmter Termin auf Antrag einer Partei innerhalb einer Woche nach Zugang der Ladung verlegt werden kann. Es müssen keine erheblichen Gründe vorliegen. Damit wird auf die allgemeine Ferienzeit Rücksicht genommen, in der es immer wieder vorkommt, dass ein Prozessbeteiligter im Urlaub ist. Über die Aufhebung oder Verlegung eines Termins entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

 

Für den Zeitraum Ostern oder Weihnachten gibt es keine derartige Vorschrift. Sollte ein Termin bestimmt werden, müssen Sie grundsätzlich erscheinen und hätten keinen gesetzlich begründeten Anspruch, dass der Termin verlegt wird.

 

Allerdings sollten Sie die Angelegenheit pragmatisch betrachten. Auch wenn die Gerichte über Weihnachten im Prinzip arbeiten, ist es eher unwahrscheinlich, dass unmittelbar vor Weihnachten oder zwischen den Tagen mündliche Verhandlungstermine bestimmt werden. Letztlich bleibt es dem zuständigen Richter oder der zuständigen Richterin am Familiengericht überlassen, auf welchen Tag er oder sie den Scheidungstermin bestimmt.

 

Soweit eine Angelegenheit dringlich ist und keinen Aufschub duldet, besteht bei Gericht immer die Möglichkeit, Anträge zu stellen. Dabei geht es meist um einstweilige Verfügungen oder einstweilige Anordnungen bei denen eine umgehende Entscheidung geboten ist. Meist geht es dabei um Gewaltschutzsachen, in denen einem Ehegatten verboten wird, die eheliche Wohnung zu betreten.

Praxisbeispiel

Verlegung eines Gerichtstermins

Selbst wenn für die Weihnachtszeit ein Termin bestimmt werden sollte und Sie die persönliche Ladung erhalten haben, aber absolut keine Zeit haben, zum Termin zu erscheinen, bestehen immer Aussichten, dass das Gericht auf besonderen Wunsch einer Partei den anberaumten Termin verlegt. Sprechen Sie in diesem Fall umgehend Ihren anwaltlichen Vertreter an und bitten um Prüfung, ob Hinblick auf Ihre Gründe eine Verlegung des Termins in Betracht kommt. Sollten hierfür Aussichten bestehen, kann Ihr Anwalt bei Gericht vorstellig werden. In der Praxis wird oft so verfahren, dass der Anwalt versucht, den Richter oder die Richterin telefonisch zu erreichen und eine eventuelle Terminsverlegung bespricht. Ist auch der andere Ehegatte anwaltlich vertreten, kann sich empfehlen, zuerst mit dem Anwalt des Ehegatten Kontakt aufzunehmen und die Terminsverlegung mit Zustimmung des gegnerischen Anwalts beim Gericht anzuregen.

Praxisbeispiel

Verlängerung einer Frist

Werden Sie vom Gericht aufgefordert, in der Weihnachtszeit eine schriftliche Stellungnahme abzugeben, ist diese Aufforderung meist mit einer Frist verbunden. Fällt das Fristende in den Zeitraum zwischen den Tagen oder haben Sie aufgrund Ihres Urlaubs keine zumutbare Möglichkeit zu reagieren, sollten Sie über Ihren Anwalt umgehend unter Angabe nachvollziehbarer Gründe die Verlängerung der Frist bei Gericht beantragen. In der Regel wird die Fristverlängerung gewährt, insbesondere dann, wenn es die erste Verlängerung ist. Dabei muss klar sein, dass mehrfache Fristverlängerungen nicht dazu missbraucht werden dürfen, um ein gerichtliches Verfahren vorsätzlich in der Länge zu ziehen.

Mit der Online-Scheidung Zeit sparen

Haben Sie das Bedürfnis, Ihre Scheidung noch vor Weihnachten oder zwischen den Tagen auf den Weg zu bringen, sollten Sie auf die Möglichkeit der Online-Scheidung zurückgreifen. Nutzen Sie dazu das auf unserer Website vorgesehene Antragsformular. Sie brauchen nicht zu befürchten, dass Ihr Antrag aus urlaubsbedingten Gründen von uns nicht bearbeitet wird. Auch unter den Kooperationsanwälten ist zuverlässig gewährleistet, dass Sie als Mandant jederzeit einen Ansprechpartner haben.

 

Lesen Sie dazu auch den Artikel, wann ein Anwalt Ferien hat.

Alles in allem

Schön war die Zeit der 90er – die ersten Mobiltelefone, Grunge und HipHop zogen in die Musikwelt ein, „Titanic“ im Kino…und es gab noch Gerichtsferien, alles war noch etwas entschleunigt. Nicht, dass langsamer besser wäre, aber jede Zeit hat ihre Vor- und Nachteile. Gerichtsferien gibt es in der Theorie nicht mehr, in der Praxis werden Sie so gut wie nie einen Scheidungstermin zwischen den Jahren erhalten. Warum Sie mit der Trennung ohnehin noch bis Januar warten könnten, sei Ihnen im verlinkten Artikel verraten. Unabhängig vom Zeitpunkt können Sie sich solange aber auch noch über die zu erwartenden Kosten Ihrer Scheidung bei uns informieren: scheidung.de liefert Ihnen nämlich auch noch einen kostenlosen Kostenvoranschlag in Ihr Mail-Postfach, einfach anfordern und binnen 5 Minuten erhalten. Wir wünschen Frohe Feiertage!

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