Powerfrauen und Leibeigene - Ehe und Scheidung in der Renaissance

Montag, 01.10.2012 , geschrieben von iurFRIEND-Redaktion

Mit dem Ende des Mittelalters begann das Zeitalter der Renaissance. Es war, wie die deutsche Bedeutung des Wortes schon vermuteten lässt, eine Zeit der „Wiedergeburt“. Und zwar vor allem der Wiedergeburt und Wiederentdeckung der antiken Kultur. Darüber hinaus begann der Mensch sich ein Stück weit von der Kirche zu lösen und Werte wie Freiheit, Gleichheit und Selbstverwirklichung gewannen an Bedeutung. Vor allem der weibliche Teil der Bevölkerung hatte von diesen Fortschritten aber nur wenig. Und auch für Ehepaare und Scheidungswillige blieb das Leben kompliziert.

Weiblichkeit? Ein Glücksspiel!

Für die Frauen in der Renaissance war das Leben sehr unterschiedlich. Jene, die das Glück hatten, einer wohlhabenden bürgerlichen oder sogar einer adligen Familie anzugehören, profitierten vom neuen humanistischen Denken. Vor allem dann, wenn sie in der Stadt lebten. Diese weibliche Oberschicht erfuhr eine spürbare Aufwertung und hatte – in begrenztem Rahmen - die Möglichkeit ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Es kam hier sogar zu einer regelrechten Bildungsoffensive für Frauen. Adlige Frauen erhielten privaten Unterricht in Religion, Lesen und Schreiben, um ihrem gesellschaftlichen Status gerecht werden zu können. Einige bildeten sich aber auch aus eigenem Antrieb noch intensiver weiter und begannen sich kulturell zu engagieren: Sie malten, dichteten, hielten Reden in der Öffentlichkeit und beschränkten sich nicht allein auf ihre eigenen vier Wände. Städterinnen konnten außerdem einen Beruf ausüben und frei über ihr Geld verfügen. Wenn ihr Mann starb, so konnte sie auch sein Geschäft übernehmen und weiterführen. Insgesamt konnten Frauen so zumindest einen gewissen Einfluss auf die Entwicklung in dieser neuen Epoche nehmen. Allerdings unterlagen gebildete oder unabhängige Frauen auch dem Risiko als „vermännlicht“ oder gar als Hexe betrachtet zu werden.

 

Für die normale Renaissance-Frau, vor allem auf dem Land, änderte sich aber im Vergleich zum Mittelalter nicht viel. Sie unterlag weiterhin der Autorität des Mannes, war von ihm finanziell abhängig und hatte eine rechtlose Stellung. Auch die formale Bildung an den Universitäten war ihr verboten. Es herrschte noch immer das Frauenbild der Bibel vor. Die Frau galt demnach als minderwertig, weil sie laut der Schöpfungsgeschichte nur aus Adams Rippe entstanden war und beim Sündenfall die Schuld an der Verbannung aus dem Paradies trug.

 

Diese Auffassung dürfte zusammen mit den bescheidenen Freiheiten, die einige privilegierte Frauen besaßen, auch der Auslöser für die Hexenverfolgungen ab dem späten 16. Jahrhundert gewesen sein, unter der die Frauen der Renaissance ebenso zu leiden hatten, wie unter Kriegen und Wirtschaftskrisen. Besonders für bäuerliche Frauen kam noch eine gewaltige Arbeitslast hinzu. Sie mussten neben der Hausarbeit oft noch mehr als 14 Stunden auf dem Feld arbeiten.

„Ja, ich will!“ - auch wenn ich nicht will

Dass die protestantische Kirche die Gleichheit von Mann und Frau gegenüber Gott verkündete, half da wenig und hatte in der Praxis nur geringe Auswirkungen.

 

Frauen heirateten während der Renaissance meist im Alter von 12 bis 16 Jahren. Mädchen konnten aber gelegentlich schon mit 7 Jahren verheiratet werden, wenn sie dem zustimmten. Jungen traten in der Regel erst ab 14 Jahren in den Stand der Ehe ein.

 

Zumindest in weiblicher Lyrik und Literatur begann sich ein veränderter Anspruch an die Ehe zu entwickeln. Zuneigung und das individuelle Erscheinungsbild des Partners, sollten demnach eine größere Rolle bei der Partnerwahl spielen.

 

Die Realität sah aber weiterhin anders aus. Die persönlichen Wünsche der Frauen waren irrelevant und Ehen wurden noch immer nicht aus Liebe geschlossen. Im Gegenteil: Arrangierte Zweckehen aus politischen und wirtschaftlichen Gründen, zum Teil mit großen Altersunterschieden, waren nach wie vor an der Tagesordnung. Oft wurde auch geheiratet, um so den eigenen sozialen Status zu verbessern. Dieser Weg stand aber auch nicht jedem armen Sohn eines Bauern offen. Der Vater gab die Tochter nur an Männer, die wirtschaftlich gut genug gestellt waren, um eine Familie zu ernähren.

 

Trotz dieser strikten Ehe- und Heiratsordnung kam es auch gelegentlich vor, dass Menschen sich ihren Partner selber aussuchten. Sehr selten kam es auch zu nicht ehelichen Verbindungen, die Jahre oder sogar ein Leben lang Bestand hatten. Das waren allerdings besondere Ausnahmefälle.

 

Der Kern der meisten Hochzeitszeremonien war die Hochzeitsprozession, die Übergabe der Ehefrau durch ihren Vater und die Heimführung ins eheliche Haus durch den Ehemann. Renaissance-Hochzeiten zeichneten sich durch einen etwas freizügigeren Kleidungsstil als ihre mittelalterlichen Pendants aus. So wurde etwa das Dekolleté der Frau durch den Schnitt ihrer Kleidung eher betont als verborgen.

 

Neben der Ehe stand Männern auch die Option des Konkubinats offen. Hier waren keine finanziellen oder politischen Erwägungen für eine Verbindung ausschlaggebend, sondern allein das Bedürfnis nach Nähe, Gesellschaft und Sex.

 

Während der Renaissance lebten auch Bischöfe und der hohe Klerus oder sogar manche Päpste offen mit Konkubinen zusammen. Trotz des bestehenden Zölibats, welches ohnehin von der auf dem Vormarsch befindlichen Reformation skeptisch betrachtet wurde.

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Du gehörst mir!

Das Eheleben wurde weiterhin durch den Mann dominiert und hielt strenge Verhaltensregeln für Frauen bereit. Sie erwartete meist ein Leben, dass nur von der Rolle als Mutter, Ehefrau und „Haushälterin“ bestimmt wurde. Tugendhaftigkeit und ein liebevolles Wesen wurden bei Frauen sehr geschätzt. Die wichtigste Tugend war aber der Gehorsam. Noch immer war die Frau in der Ehe im Besitz des Mannes. Das galt gleichermaßen für sie als Person als auch für ihren Körper. Ein Mann konnte im Grunde alles mit einer Frau machen und viele Männer glaubten, ihre Frau formen und erziehen zu können. Und es zu müssen. Notfalls auch mit Schlägen.

 

Die Treue einer Frau stand unter ständiger Beobachtung. Wenn sie Ehebruch beging, so verging sie sich damit gleichermaßen an ihrem Mann, wie auch an dessen Sippe. Sie wurde verstoßen und alle Kinder, die aus dem Seitensprung entstanden waren, erhielten keinen Erbanspruch. Auch Frauen konnten nur dann erben, wenn es keine männlichen Erben gab. Und selbst dann mussten sie bald wieder heiraten, um das Erbe nicht zu verlieren. Immerhin durften sie als Witwe das Sorgerecht für minderjährige Kinder behalten.

 

Einer der wenigen Auswege aus der Unterdrückung durch die Männer war das Kloster, wo Frauen sich auch weiterbilden oder sogar Handel treiben konnten. Für eine Frau, die weder mit Gott, noch mit einem Mann liiert war, gab es in der Gesellschaft keinen Platz.

 

Scheidungen waren, trotz der nach wie vor starken Dominanz der Kirche, unter bestimmten Bedingungen möglich. So konnte sich ein Mann von einer Frau scheiden lassen, wenn sie Ehebruch beging, wenn sie alkoholsüchtig oder an einer schweren Krankheit wie Aussatz erkrankt war. Frauen konnten immerhin auf eine Scheidung hoffen, wenn ihr Mann impotent war oder das Familienvermögen verschwendet hatte. Für beide Geschlechter war außerdem eine ketzerische Neigung des Partners ein wirksamer Scheidungsgrund.

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