Wie schätzt man den Wert eines Unternehmens?

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Dienstag, 16.01.2024 , geschrieben von iurFRIEND-Redaktion

Wird eine Ehe geschieden, wird auf Antrag eines Ehegatten der Zugewinnausgleich durchgeführt. Ist ein Ehegatte Eigentümer eines Unternehmens, muss dafür dessen Wert ermittelt werden. Was dabei wichtig ist, erfahren Sie in diesem Artikel. Um die mit der Bewertung verbundenen Schwierigkeiten jedoch zu vermeiden und um die Liquidität des Unternehmens nicht zu gefährden, empfiehlt sich, das Unternehmen aus dem Zugewinnausgleich herauszunehmen und vertraglich zu regeln, wie sich der Wert eines Unternehmen bei der Scheidung niederschlägt. Benötigen Sie Unterstützung bei der Durchführung Ihrer Scheidung, können Sie bei uns online bequem Ihren Scheidungsantrag hier stellen.

Wie entsteht der Wert eines Unternehmens?

Sehen Sie sich wegen Ihrer Scheidung mit dem Zugewinnausgleich konfrontiert, sollten Sie zumindest ansatzweise wissen, wie der Unternehmenswert bestimmt wird und in den Zugewinnausgleich einfließt. Soll das Unternehmen beim Zugewinnausgleich keine direkte Berücksichtigung finden, sollten Sie wissen, wie der Unternehmenswert durch den modifizierten Zugewinnausgleich Berücksichtigung finden kann. Die Kenntnis all dieser maßgeblichen Faktoren kann die Strategie der Verhandlungsführung bestimmen.

 

Der Wert eines Unternehmens entsteht aus einer Vielzahl von Faktoren und wird durch interne und externe Einflüsse bestimmt.

Umsatz und Gewinn

Der finanzielle Erfolg eines Unternehmens, gemessen an seinem Umsatz und Gewinn, ist ein entscheidender Faktor für seinen Wert. Je höher der Umsatz und Gewinn, desto höher ist in der Regel der Wert des Unternehmens.

Wachstumsaussichten

Ein Unternehmen, das starke Wachstumsaussichten hat, wird in der Regel höher bewertet als eines mit begrenzten Wachstumsaussichten.

Marktposition und Wettbewerbsvorteile

Die Position eines Unternehmens im Markt und seine Fähigkeit, Wettbewerbsvorteile zu nutzen, sind wichtige wertbildende Faktoren. Ein Unternehmen mit einer starken Marktposition und klaren Wettbewerbsvorteilen kann in der Regel einen höheren Wert erzielen.

Vermögenswerte und Schulden

Der Verkehrswert der Vermögenswerte eines Unternehmens, einschließlich physischer Vermögenswerte wie Immobilien und Ausrüstung sowie immaterieller Vermögenswerte wie Marken und Patente, spielt eine Rolle. Gleichzeitig können hohe Schulden den Wert eines Unternehmens mindern.

Cashflow und Liquidität

Der Cashflow, insbesondere der freie Cashflow, ist ein wichtiger Indikator für die finanzielle Gesundheit eines Unternehmens und seinen Wert. Ein Unternehmen mit einem positiven Cashflow und ausreichender Liquidität wird oft höher bewertet.

Managementteam

Die Qualität des Managementteams und die Fähigkeit, das Unternehmen erfolgreich zu führen und zu steuern, können einen erheblichen Einfluss auf den Wert haben.

Markttrends und externe Faktoren

Makroökonomische Trends, Branchentrends und externe Faktoren wie Gesetze und Vorschriften können den Wert eines Unternehmens beeinflussen.

Risiken und Unsicherheiten

Die Identifizierung und Bewertung von Risiken und Unsicherheiten, die das Unternehmen betreffen, ist ebenfalls wichtig. Unternehmen mit geringeren Risiken werden oft höher bewertet.

Wie erfolgt eine Unternehmensbewertung?

Um den Unternehmenswert zu bemessen, kommen mehrere Methoden in Betracht:

  1. Die Ertragswertmethode basiert auf der Schätzung der zukünftigen Cashflows, die das Unternehmen generieren wird. Die zukünftigen Cashflows werden auf ihren Barwert diskontiert, um ihren heutigen Wert zu ermitteln. Diese Methode berücksichtigt die erwarteten Einnahmen, Kosten und Wachstumsraten des Unternehmens.
  2. Mit der Vergleichswertmethode wird der Wert des Unternehmens anhand von Vergleichen mit ähnlichen Unternehmen in der Branche ermittelt. Dies kann anhand von Kennzahlen wie dem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) oder dem Umsatzmultiplikator geschehen.
  3. Die Substanzwertmethode betrachtet den Wert der Vermögenswerte des Unternehmens abzüglich seiner Verbindlichkeiten. Sie ist besonders relevant für Unternehmen mit erheblichem Sachanlagevermögen, wie Immobilien oder Maschinen.
  4. Die Marktkapitalisierung kommt bei börsennotierten Unternehmen in Betracht. Hier kann der Wert oft einfach durch die Multiplikation des aktuellen Aktienkurses mit der Anzahl der ausstehenden Aktien ermittelt werden. Dies ist jedoch möglicherweise nicht die genaueste Methode, da der Aktienkurs von vielen Faktoren beeinflusst wird und nicht immer den wahren Wert des Unternehmens widerspiegelt.
  5. Bei der Liquidationswertmethode wird der Wert des Unternehmens geschätzt, indem alle Vermögenswerte des Unternehmens zu ihrem Liquidationswert bewertet werden. Dies kann relevant sein, wenn das Unternehmen geschlossen und seine Vermögenswerte verkauft werden sollen.

Die Wahl der Methode hängt von der Branche ab, in der sich das Unternehmen befindet, seiner finanziellen Situation, seiner Wachstumsaussichten und der Verfügbarkeit von Vergleichsdaten. Oft ist es sinnvoll, mehrere Methoden zu verwenden und die Ergebnisse zu vergleichen, um eine genauere Schätzung des Unternehmenswerts zu erhalten.

Wie viel ist ein Kundenstamm wert?

Es gibt keine feste Regel oder eine einzige Formel, um den genauen Wert eines Kundenstamms zu bestimmen, da dies stark von der Branche, dem Geschäftsmodell und den individuellen Umständen abhängt.

  • Branche: In einigen Branchen, wie beispielsweise der Software-Branche, kann der Wert eines Kundenstamms besonders hoch sein, da wiederkehrende Einnahmen und langfristige Kundenbeziehungen eine große Rolle spielen.
  • Kundenbeziehung: Die Qualität der Beziehung zu den Kunden und deren Treue kann den Wert des Kundenstamms erheblich steigern. Langfristige und loyale Kunden sind in der Regel wertvoller als solche, die einmalige Transaktionen tätigen.
  • Umsatz pro Kunde: Der durchschnittliche Umsatz, den ein einzelner Kunde für das Unternehmen generiert, ist ein wichtiger Faktor. Kunden, die hohe Umsätze erzielen oder wiederkehrende Einnahmen generieren, tragen tendenziell mehr zum Wert des Kundenstamms bei.
  • Kundenlebensdauer: Die geschätzte Dauer, über die ein Kunde dem Unternehmen Einnahmen bringt, spielt eine entscheidende Rolle. Ein langer Kundenlebenszyklus bedeutet, dass der Wert eines Kunden über einen längeren Zeitraum realisiert werden kann.
  • Kundenbindung: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kunde dem Unternehmen treu bleibt und nicht zur Konkurrenz wechselt, beeinflusst den Wert des Kundenstamms. Kundenbindung kann den Wert erhöhen.
  • Demografische und geografische Daten: Informationen über die demografischen Merkmale und den geografischen Standort der Kunden können den Wert eines Kundenstamms beeinflussen, insbesondere wenn diese Daten für gezielte Marketing- und Verkaufsaktivitäten verwendet werden können.
  •  Marktkonditionen: Die wirtschaftlichen Bedingungen und die Wettbewerbssituation in der Branche können den Wert eines Kundenstamms beeinflussen. Ein Kundenstamm in einem wachsenden Markt kann tendenziell wertvoller sein.
  • Verhandlungsgeschick: Der Wert eines Kundenstamms kann auch davon abhängen, wie gut ein Unternehmen in der Lage ist, diesen Kundenstamm zu monetarisieren. Geschickte Marketing- und Vertriebsstrategien können den Wert steigern.

 

Die Bestimmung des exakten Werts eines Kundenstamms erfordert oft eine gründliche Analyse und Berücksichtigung dieser Faktoren. Unternehmen können versuchen, den Wert ihres Kundenstamms anhand von Kennzahlen wie Customer Lifetime Value (CLV) und Customer Acquisition Cost (CAC) zu schätzen. Diese Kennzahlen können dazu beitragen, die Rentabilität und den Wert jedes Kunden im Verhältnis zu den Marketing- und Vertriebskosten zu ermitteln.

Wie bestimmt das Familiengericht den Unternehmenswert?

Letztlich entscheidet das Familiengericht nach pflichtgemäßem Ermessen, welche Berechnungsmethode Anwendung findet. Dabei gibt es im Hinblick auf den Unternehmenstyp (Handwerksbetrieb, Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, gewerbliche Unternehmen, selbstständige Tätigkeiten und freiberufliche Berufe) seitens der Industrie- und Handelskammern und Berufsverbände spezifische Empfehlungen, um den Wert des Unternehmens zu ermitteln.

 

So ist das Ertragswertverfahren meist zutreffend, wenn das Unternehmen nicht personenabhängig ist und mit der Person des Unternehmers nicht steht und fällt und sich der Ertrag des Unternehmens anhand von Bilanzen oder Gewinn- und Verlustrechnungen zuverlässig feststellen lässt. Bei freiberuflich tätigen Unternehmen, bei denen der Unternehmer im Mittelpunkt des Geschehens steht, ist das reine Ertragswertverfahren kein passendes Verfahren. In der familienrechtlichen Rechtsprechung lässt sich eine gewisse Tendenz zur Anwendung der modifizierten Ertragswertmethode erkennen. Danach wird neben dem Substanzwert auch der Geschäftswert inklusive des good will angesetzt (BGH FamRZ 2011, 622). Auch wenn der Wert einer freiberuflichen Praxis zur Debatte steht, wendet der Bundesgerichtshof das modifizierte Ertragswertverfahren an. Danach kann der Wert über den Substanzwert am Stichtag sowie durch die Bewertung der ideellen Werte im Hinblick auf die letzten drei bis fünf Jahre ermittelt werden (BGH, Beschluss v. 22.11.2017, XII ZB 230/17).

 

Da das Gericht im Regelfall nicht über eine eigene Sachkompetenz verfügt, wird das Gericht regelmäßig einen Sachverständigen beauftragen, der den Unternehmenswert gutachterlich ermittelt.

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Unternehmen im modifizierten Zugewinnausgleich erfassen

Sie sind bei der Scheidung nicht darauf angewiesen, den Zugewinnausgleich unbedingt nach Maßgabe des Gesetzes vorzunehmen und den Vermögenszuwachs eines Ehegatten 50 zu 50 aufzuteilen. Gerade, wenn es um Unternehmen geht, kann der Zugewinnausgleich dazu führen, dass der Ehegatte sich genötigt sieht, Unternehmensteile oder das Unternehmen aus der Not heraus unter Wert verkaufen zu müssen oder so viel Liquidität aus dem Unternehmen abfließt, dass es seine Marktposition nicht mehr aufrechterhalten kann.

 

Angesichts des Streitpotenzials empfiehlt sich im Regelfall, den Zugewinnausgleich nach Maßgabe einer ehevertraglichen Vereinbarung so zu gestalten, so dass jeder Partner zufrieden ist. Sie modifizieren den gesetzlich vorgesehenen Zugewinnausgleich individuell. Die Vereinbarung bedarf der notariellen Beurkundung. Die Vereinbarung kann jederzeit aus Anlass der Eheschließung, während der Ehe oder im Hinblick auf die anstehende Trennung und Scheidung speziell als Scheidungsfolgenvereinbarung abgeschlossen werden. Es bestehen beispielhaft folgende Optionen, die Sie möglichst mit Ihrem Anwalt besprechen sollten:

  • Sie schließen den Zugewinnausgleich vollständig aus.
  • Sie vereinbaren ein bestimmtes Anfangsvermögen, bei dem auch der Wert des Unternehmens berücksichtigt wird.
  • Sie legen das Endvermögen auf einen bestimmten Wert fest und beziehen dazu den Wert des Unternehmens ein.
  • Sie verständigen sich, den Unternehmenswert einvernehmlich festzulegen.
  • Sie einigen sich, statt Bargeld Sachwerte zu übertragen.
  • Sie vereinbaren, den Zugewinnausgleich für einen bestimmten Zeitraum zu stunden.
  • Sie vereinbaren, den Zugewinnausgleich in Teilzahlungen zu leisten.

Alles in allem

Ein Zugewinnausgleichsverfahren bei der Scheidung stellt sich oft als eine echte Herausforderung dar. Vor allem ist das Kostenrisiko hoch. Die Verfahrensgebühren richten sich nämlich nach der Höhe Ihrer Forderung. Dabei bleibt das Ergebnis meist ungewiss. Möchten Sie derartige kaum kalkulierbare Risiken vermeiden, empfiehlt sich immer ein modifizierter Zugewinnausgleich. Finden Sie sich mit Ihrem Unternehmen oder dem Ihres Partners in Ihrer individuellen Situation hier noch nicht wieder, rufen Sie gern zur ersten Orientierung unseren InfoPoint Familienrecht an. Sie erreichen uns 24/7 kostenfrei unter 0800 34 86 72 3 (alle Gespräche gratis).

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