Scheidungskinder in den Sommerferien bei Corona

EliteXPERT Porträt: Jan Martin Fehr

Mittwoch, 24.06.2020 , geschrieben von iurFRIEND-Redaktion

Im Jahr 2020 hat das Wort „Schulfreizeit“ wohl eine ganz andere Bedeutung bekommen. Da Kindergärten, Kindertagesstätten und Schulen geschlossen waren, verbrachten Kinder jeden Alters die Corona-Zeit zu Hause. Jetzt stehen die Sommerferien an. Die Kinder sind wieder zu Hause. Wer früh genug planen konnte, hat vielleicht das Glück, die Sommerferien anderenorts zu verbringen. In einer besonderen Situation finden sich auch Scheidungskinder, die die Sommerferien bei dem Elternteil verbringen möchten, der ein Umgangsrecht hat.

Corona verhindert nicht den Umgang mit dem Kind

Eines muss vorweg klar sein. Auch die Corona- Pandemie verhindert nicht, dass Ihnen als dem nicht betreuenden Elternteil der Umgang mit dem Kind verweigert werden kann. Das Oberlandesgericht Braunschweig (Beschluss vom 20.5.2020, Az. 1 UF 51/20) hat hierzu eine klare Entscheidung getroffen. In dem zugrunde liegenden Fall bestand der Vater eines sechsjährigen Mädchens darauf, dass das Kind am Wochenende bei ihm übernachten durfte. Die Mutter war dagegen.

 

Die Richter entschieden, dass der Umgang mit dem Vater dem Kindeswohl diene. Die Mutter sei nicht berechtigt, den Umgang allein wegen der Corona-Pandemie zu verweigern. Auch wenn Vater und Kind nicht ständig in einem Haushalt lebten, unterliege der Umgang keinem Verbot. Schließlich gehöre der Umgang zwischen dem Kind und seinem nicht betreuenden Elternteil zu dem „absolut notwendigen Minimum zwischenmenschlicher Kontakte“. Selbst wenn das Kind „normal“ krank sei, müsse der Umgang möglich sein, weil auch der umgangsberechtigte Elternteil sein krankes Kind versorgen und pflegen könne.

 

Die Richter verwiesen darauf, dass der Umgang allenfalls verweigert werden könnte, wenn das Kind zu Hause bei der Mutter unter Quarantäne stünde oder der umgangsberechtigte Elternteil oder ein Mitglied seines Haushalts nachweislich mit dem Corona-Virus infiziert sei. Daraus ergibt sich die klare Erkenntnis, dass ein Scheidungskind auch die Sommerferien problemlos bei dem umgangsberechtigten Elternteil verbringen kann.

Nehmen Sie Ihr Umgangsrecht verantwortungsvoll wahr

Schaubild

Ihr Recht auf Umgang mit dem Kind ist das eine. Eine andere Frage ist es, wie Sie das Umgangsrecht in den Sommerferien im Hinblick auf die Corona-Problematik wahrnehmen. Schließlich muss es darum gehen, die Weiterverbreitung des Corona-Virus einzudämmen und Infektionsrisiken vorzubeugen. Möchten Sie als Elternteil verantwortungsvoll auftreten, empfiehlt es sich, die üblichen Hygieneregeln einzuhalten, größere Menschenansammlungen zu vermeiden, Hot-Spots zu umgehen und natürlich in der Öffentlichkeit, zumindest dort wo es vorgeschrieben ist, eine Schutzmaske zu tragen.

Respektieren Sie das Umgangsrecht des anderen Elternteils

Sind Sie umgekehrt derjenige Elternteil, der dem anderen Elternteil das Umgangsrecht in den Sommerferien zugestehen muss, sollten Sie die Risiken realistisch einschätzen. Da die Infektionszahlen nach unten gehen und das Risiko mittlerweile aufgrund der medizinischen Erkenntnisse als beherrschbar erscheint, können die eigenen vier Wände unter Beachtung aller Sicherheitsmaßnahmen wohl wieder verlassen werden. Auch wenn Sie eher vorsichtiger oder ängstlicher Natur sind, sollten Sie berücksichtigen, dass das alltägliche Leben wieder in normale Bahnen zurückgeführt werden sollte, zumindest insoweit, als alle Beteiligte sich des Risikos bewusst sind und alles dafür tun, dass die Risiken niedrig gehalten oder möglichst ausgeschlossen werden.

 

Berücksichtigen Sie, dass Ihr Kind möglicherweise den Wunsch hat, die Sommerferien bei dem umgangsberechtigten Elternteil zu verbringen und sich vielleicht seit vielen Monaten genau auf diese Zeit gefreut hat. Je jünger das Kind ist, desto schwieriger dürfte es sein, ihm zu erklären, warum Sie die Sommerferien in der Obhut des anderen Elternteils jetzt in Frage stellen wollen. Berücksichtigen Sie, dass der Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil (zumindest im Idealfall) der gedeihlichen Entwicklung des Kindes dient und auch der andere Elternteil das Recht hat, gemeinsame Zeit mit seinem Kind verbringen zu dürfen.

 

Vielleicht beruhigt es Sie, dass öffentliche Schwimmbäder geschlossen sind, viele Veranstaltungen und größere Menschenansammlungen verboten bleiben und die Hygieneregeln weitgehend beachtet werden. Durch diese Gegebenheiten sollte das Risiko einer Infektion überschaubar bleiben. Hinzu kommt, dass sich Kinder nach Einschätzung der Mediziner wohl weniger schnell anstecken als Erwachsene und im Fall einer Ansteckung der Krankheitsverlauf, wenn überhaupt, weitaus weniger schwerwiegend verläuft als es bei erwachsenen Personen der Fall ist. Machen Sie Ihrem Kind also die Freude, und gestehen Sie zu, dass es die vielleicht schönste Zeit des Jahres, so wie Sie es vereinbart haben, bei und mit dem anderen Elternteil verbringen darf.

Ist die Arbeit im Home-Office für Sie ein Problem?

Arbeiten Sie selbst oder der umgangsberechtigte Elternteil im Home-Office, könnten Sie ein Problem haben. Sie müssen das Kind betreuen und gleichzeitig Ihre Arbeit erledigen. Auch wenn Sie diese Form der Arbeit bislang bereits praktiziert haben, könnte es in den Sommerferien insofern schwieriger werden, als Sie das Kind jetzt auch noch so betreuen müssen, dass das Kind die Ferien wirklich als Freizeit empfindet. In der Zeit zuvor, in der lediglich Kindergärten und Schulen geschlossen waren, war es wohl so, dass Sie und das Kind die freie Zeit nicht als freiwillige Freizeit, sondern mehr als erzwungene Freizeit empfunden haben. Die Sommerferien haben insoweit einen ganz anderen Charakter.

 

Schwierig kann sich die Situation für den umgangsberechtigten Elternteil darstellen, wenn er in Wahrnehmung seines Umgangsrechts das Kind in den Sommerferien betreuen und zugleich seine Arbeit im Home-Office erledigen muss. Trifft die Situation auf Sie zu, müssen Sie Lösungen finden, wie Sie damit umgehen. Sie können Ihr Kind nicht den ganzen Tag im Zimmer einsperren oder vor den Fernseher setzen. Sie stehen vor der Aufgabe, das Kind irgendwie zu beschäftigen und ihm das Gefühl zu geben, dass es seine Sommerferien einigermaßen sinnvoll nutzen kann. Sofern Sie ein echtes Interesse am Umgang mit Ihrem Kind haben, sollten Sie kreative Wege gehen und in Absprache mit Ihrem Kind festlegen, wann Sie arbeiten und wann Sie Zeit mit dem Kind verbringen. Noch besser ist es natürlich, wenn Sie in den Sommerferien selbst Urlaub haben und sich Ihrem Kind voll und ganz widmen können.

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Alles in allem

Geht es um den Umgang mit dem gemeinsamen Kind, bewegen sich viele Eltern auf einem schwierigen Terrain. Die Organisation erfordert immer irgendwie Kreativität. Die Corona-Zeit stellt zusätzliche Herausforderungen und veranlasst Sie dazu, Ihr Umgangsrecht und die zusätzliche Verantwortung im Umgang mit dem Kind in Einklang zu bringen. Da Sie sicherlich das Wohl Ihres Kindes im Blick haben, sollten Sie guter Dinge sein, die richtige Lösung zu finden. Der Dank Ihres Kindes ist Ihnen sicherlich gewiss.

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