Wenn Ehepaare sich trennen, ziehen sie meist in verschiedene Wohnungen. In manchen Fällen ist dies aber nicht so einfach möglich – sei es wegen des Geldes oder wegen der Wohnungssuche. Eine Trennung unter einem Dach ist eine schwierige und belastende Situation – insbesondere, wenn der Noch-Ehepartner einen neuen Partner mit in die gemeinsame Wohnung bringt. Doch darf der neue Partner überhaupt mit in die eheliche Wohnung kommen und dort vielleicht sogar übernachten? Oder kann der Ehepartner dem neuen Partner ein Hausverbot erteilen?
Dauer: 15:24
Podcast:
Trennung unter einem Dach
Was sagen Gesetz und Rechtsprechung?
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Ihre Ehewohnung die äußere sachliche Grundlage für das gemeinsame Ehe- und Familienleben bildet. Dies gilt selbstverständlich für den Zeitraum Ihrer Ehe, aber auch für den Zeitraum, in dem Sie die Trennung anstreben – auch, wenn Sie innerhalb der Wohnung getrennt sind. Solange Sie nur getrennt leben und noch nicht geschieden sind, besteht Ihre Ehe, wenn auch nur formal, fort (BGHZ 6, 360). Auch im Zeitraum Ihrer Trennung begründet Ihre formal noch bestehende Ehe eheliche Pflichten.
Das Eherecht verpflichtet die Ehepartner „zur ehelichen Lebensgemeinschaft, in der sie füreinander Verantwortung tragen“ (§ 1353 BGB). Daraus ergeben sich Verhaltenspflichten. Teil dieser Verhaltenspflichten sind auch im Zeitraum der Trennung die gegenseitige Achtung, Rücksichtnahme, Respekt der Privatsphäre und die Wahrung der menschlichen und persönlichen Würde des Partners.
Die Rechtsprechung hat in diesem Sinne anerkannt, dass der sogenannte räumlich-gegenständliche Bereich der Ehe dem Schutz des Persönlichkeitsrechts unterliegt (§ 823 BGB). Sie müssen daher nicht dulden, dass durch den Einzug des neuen Partners in Ihre Ehewohnung Ihr ehelicher Lebensbereich beeinträchtigt wird. Dabei geht es weniger um den Schutz der Ehe als vielmehr darum, dem Ehepartner den notwendigen Lebensbereich zur Entfaltung seiner Persönlichkeit zu erhalten. Seine bzw. ihre Würde soll in diesem persönlichen Rückzugsbereich ebenso wie in der Öffentlichkeit geschützt werden.
Müssen Sie den Besuch des Liebhabers erlauben?
Normalerweise ist gegen gelegentliche und zeitlich begrenzte Besuche Dritter nichts einzuwenden. Doch dürfte durch den Besuch eines Liebhabers Ihres Ex oder Ihrer Ex Ihr räumlich-gegenständlicher Lebensbereich betroffen sein. Die eheliche Wohnung ist also Ihre persönliche Schutzzone.
Fühlen Sie sich dann provoziert und gedemütigt, dürfte es Ihnen kaum zuzumuten sein, auch einen gelegentlichen Besuch des Liebhabers akzeptieren zu müssen. Allein der Umstand, dass der Liebhaber sich in Ihrer Ehewohnung aufhält, dürfte bereits die Grenzen dessen überschreiten, was Ihnen zuzumuten ist. Einen Aufenthalt über Nacht brauchen Sie keinesfalls zu gestatten.
Was bedeutet das in der Praxis? Möchte Ihr bzw. Ihre Ex den neuen Partner in die eheliche Wohnung lassen, können Sie dies untersagen. Sie haben dann gegenüber Ihrem oder Ihrer Ex einen Unterlassungsanspruch. Insbesondere können Sie auch von dem Liebhaber bzw. der Liebhaberin Ihres Noch-Ehepartners verlangen, dass dieser Ihre eheliche Wohnung gar nicht erst betritt.
Auf die Miet- und Eigentumsverhältnisse kommt es nicht an
Ihre eheliche Wohnung ist Ihr persönlicher Lebensbereich. Ihre Eheschließung hat Ihr Recht begründet, sich in dieser Wohnung aufzuhalten und dort Ihren Lebensmittelpunkt zu begründen. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob Sie oder allein Ihr Partner den Mietvertrag unterschrieben haben oder der Partner allein Eigentümer der Wohnung ist. Entscheidend ist, dass diese Wohnung Ihre eheliche Wohnung ist. Sie haben deshalb allein aufgrund Ihrer Eheschließung Anspruch darauf, in dieser Wohnung zu leben. Gleichfalls haben Sie Anspruch darauf, dass dieser Lebensbereich nicht durch Dritte beeinträchtigt wird. Insoweit steht Ihnen eine Art „Hausrecht“ zu.
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Wie setzen Sie das Hausverbot gerichtlich um?
Sie haben zivilrechtlich einen Unterlassungsanspruch (§§ 1004, 823 BGB). Dieser Unterlassungsanspruch besteht sowohl gegenüber dem Ehepartner sowie auch gegenüber dem neuen Partner. Da es sich bei der Wohnung um Ihre Ehewohnung geht, handelt es sich um eine sogenannte Familiensache (§ 111 FamFG). Sie könnten daher beim Familiengericht Ihres örtlich zuständigen Amtsgerichts beantragen, dass Ihr Ex oder Ihre Ex den neuen Partner nicht in Ihre Wohnung aufnehmen und / oder dieser Ihre eheliche Wohnung nicht betreten darf.
Ein gerichtlicher Beschluss ist dann notfalls zwangsweise vollstreckbar (§ 890 ZPO). Handelt der oder die Ex oder der Liebhaber dem gerichtlichen Gebot zuwider, können Sie bei Gericht beantragen, ein Ordnungsgeld festzusetzen. Für den Fall, dass dieses nicht gezahlt wird, kann sogar Ordnungshaft angeordnet werden.
EXPERTENTIPP
Staatliche Finanzierungshilfe beantragen
Da ein gerichtliches Verfahren Gebühren verursacht, können Sie staatliche Verfahrenskostenhilfe beantragen, wenn Sie wenig oder überhaupt kein eigenes Einkommen haben. Sie können Ihr Recht also durchsetzen, ohne dass Ihre fehlende Liquidität entgegensteht.
Beantragen Sie die Zuweisung der Ehewohnung
Eine Option könnte auch darin bestehen, dass Sie sich trennen und bei Gericht beantragen, Ihnen die eheliche Wohnung zur alleinigen Nutzung zuzuweisen (§ 1361b BGB). Sie müssten sich dazu auf einen sogenannten Härtefall berufen. Dies bedeutet, dass es Ihnen nicht zuzumuten ist, noch länger mit Ihrem Ehepartner oder Ihrer Ehepartnerin in der ehelichen Wohnung gemeinsam leben zu müssen. In der Praxis ergibt sich eine solche Härte oft daraus, dass Kinder in der Wohnung leben. Dann allerdings kann es gut sein, dass der Einzug eines neuen Partners den Interessen der Kinder entgegensteht.
Zu guter Letzt
Ist Ihre Ehe gescheitert, sollten Sie sich trennen. In vielen Fällen ziehen Ehepartner dazu in verschiedene Wohnungen oder einer der Ehepartner zieht aus der gemeinsamen Wohnung aus. Doch gerade, wenn das Geld knapp oder der Wohnungsmarkt angespannt ist, geht das nicht so einfach bzw. nicht so schnell. Wenn Sie sich in einer solchen Situation befinden, sollten Sie Rücksicht aufeinander nehmen. Leben Sie bereits in einer neuen Beziehung, treffen Sie sich beim neuen Partner oder außerhalb – aber nicht in der ehelichen Wohnung. Denn dann hat Ihr Partner das gute Recht, dagegen vorzugehen.