5 und mehr Gründe, aus denen Sie nicht automatisch geschieden werden
Dienstag, 18.04.2023 , geschrieben von iurFRIEND-Redaktion
Schnelle Heirat, schnelle Scheidung – das wünscht sich so mancher, der in seiner Ehe vielleicht sehr unglücklich ist. Abgesehen von Härtefällen (z. B. Gewalttätigkeit des Partners oder der Partnerin) und Eheannullierungen, die möglich sind, wenn die Voraussetzungen für eine Eheschließung nicht bestanden haben, nehmen Trennungen und Scheidungen meist doch etwas Zeit in Anspruch. Ehen stehen schließlich unter dem Schutz des Gesetzgebers, der zu verhindern sucht, dass sie zu leichtfertig wieder aufgelöst werden. Wir führen in der Folge einige Gründe auf, aus denen eine Ehe in Deutschland NICHT automatisch geschieden werden kann, obwohl es vielleicht für den einen oder anderen sehr gelegen käme.
Beide Ehepartner sind mit einer Scheidung einverstanden
Zunächst einmal klingt es ganz vernünftig: Wenn zwei erwachsene Menschen zu der Überzeugung gelangt sind, dass ihre Ehe gescheitert ist, warum sollte die Scheidung in diesem Fall nicht sofort durchgeführt werden? Wo es doch beide wollen!
Der Gesetzgeber sieht das aus guten Gründen nicht so. Er will verhindern, dass Ehen nur aus einer plötzlichen Laune heraus geschieden werden. Die Ehepartner sollen eine längere Bedenkzeit einhalten, bevor sie einen möglicherweise folgenschweren Entschluss treffen. Vorgeschrieben ist aus diesem Grund das sogenannte Trennungsjahr: Die Beteiligten müssen mindestens ein Jahr getrennt leben, bevor eine Scheidung möglich ist.
Wenn Sie externe Inhalte von www.youtube-nocookie.com aktivieren, werden Daten automatisiert an diesen Anbieter übertragen.
Wenn einer der Ehepartner ein Umzugsunternehmen beauftragt hat und nach einem freundlichen „Auf Nimmerwiedersehen!“ in eine andere Wohnung umsiedelt, wo möglicherweise schon eine gewisse Person auf ihn oder sie wartet – ist dieser Schritt nicht derart eindeutig, dass er eine automatische Scheidung rechtfertigt?
Leider nein. Selbst wenn einer der Partner nach Timbuktu oder Grönland verzieht, stellt dieser Umstand allein für den Gesetzgeber keinen Grund für die automatische Scheidung der Ehe dar. Der Auszug eines Partners ist allerdings nicht ohne Bedeutung – ist er dokumentiert, stellt er einen einwandfreien Beleg für eine Trennung der Partner dar und damit für den Beginn des Trennungsjahrs. Und getrennt müssen die Eheleute – wie eben erwähnt – nach deutschem Recht ja mindestens ein Jahr lang sein, bevor eine Scheidung ausgesprochen werden kann.
Die Ehe wurde nie vollzogen
Wer gerne historische Filme oder Serien schaut, der weiß, dass die Hochzeitsnacht in vergangenen Zeiten manchmal eine „öffentliche“ Angelegenheit war, die unter Zeugen stattfand. Das hing wesentlich damit zusammen, dass der „Vollzug“ der Ehe, d. h. die Tatsache, dass es zum (einvernehmlichen) Geschlechtsverkehr kam, eine enorme Bedeutung hatte. Ohne den war eine geschlossene Ehe nämlich nicht gültig.
In den Augen der katholischen Kirche hat sich daran nichts geändert, kirchenrechtlich kann eine Ehe nach wie vor für nichtig erklärt werden, wenn nachweisbar ist, dass es nie eine Geschlechtsgemeinschaft zwischen den Eheleuten gegeben hat. Da wir aber im Zeitalter der Zivilheirat leben, Ehen also unter Schirmherrschaft des Staates standesamtlich geschlossen werden, ist eine solche Annullierung im Sinne des bürgerlichen Rechts unwirksam, d. h. die Partner sind dann lediglich für die Kirche kein Ehepaar mehr, bürgerlich aber nach wie vor, falls die Ehe im Vorfeld nicht gerichtlich geschieden wurde.
In Scheidungsverfahren vor deutschen Gerichten spielt das sexuelle Leben des Paars als Teil des privatesten Bereiches heutzutage nur noch eine geringe Rolle. Bis zur frühen Neuzeit galt allerdings in Europa: Die Ehe ist ein Sakrament und daher unauflöslich. Angeblicher oder wirklicher „Nichtvollzug“ war eines der wenigen möglichen Vorwände für Monarchen und Angehörige des Adels, ihre Ehe legal zu beenden.
In den USA ist fehlender Vollzug der Ehe auch heute noch ein Scheidungsgrund, wobei hier nicht die katholische Kirche Stichwortgeber war, sondern die einheimischen protestantischen Religionsgemeinschaften.
Die Ehe ist unfruchtbar bzw. bringt nur Kinder des „falschen“ Geschlechts hervor
Im Jahr 1796 heiratete Napoleon Bonaparte, der zu dieser Zeit noch als General diente, die sechs Jahre ältere Josephine de Beauharnais. Man nimmt an, dass es sich um eine Liebesheirat handelte. 1804 krönte sich Napoleon zum Kaiser der Franzosen, zu dieser Zeit hatte Josephine schon ihr 40stes Lebensjahr überschritten. Da Napoleon eine Dynastie begründen wollte, d. h. einen männlichen Nachkommen benötigte, blieb ihm keine andere Wahl, als sich von Josephine zu trennen, die ihm keine Kinder geschenkt hatte und es aller Wahrscheinlichkeit auch nicht mehr tun würde. Napoleon ließ sich 1808 scheiden, was in Frankreich nach der Revolution keine Probleme bereitete und neue Kaiserin wurde eine österreichische Prinzessin, die er vor der Hochzeit nie gesehen hatte.
Unfruchtbarkeit der Ehefrau bzw. das Ausbleiben von Söhnen war einer der häufigsten faktischen Scheidungsgründe für Potentaten, die aus politischen Gründen ihre Erblinie fortsetzen wollten. Auch die erste Ehe des berüchtigten englischen Königs Heinrich der VIII. scheiterte aus diesem Grund. Anders als der glücklichere Napoleon benötigte Heinrich für seine Scheidung die Annullierung der Ehe durch den Papst – die ihm dieser 1534 endgültig verweigerte. Was Anlass dafür wurde, dass sich England von der katholischen Kirche lossagte.
Die katholische Kirche hatte Unfruchtbarkeit oder gar das Ausbleiben eines männlichen Stammhalters übrigens zu keiner Zeit als legitimen Grund für eine Ehe-Auflösung anerkannt. Und natürlich ist auch in Deutschland ungewollte Kinderlosigkeit oder gar das Geschlecht der geborenen Kinder kein automatischer Scheidungsgrund.
Vater oder Mutter haben einen besseren Partner für ihr Kind gefunden
Schaubild
Es klingt natürlich absurd, dass dieser Gedanke eines Elternteils zur Auflösung der Ehe von Sohn oder Tochter führen sollte. Im frühen römischen Reich handelte es sich aber um eine gängige Praxis:
Der römische Familienvater – „pater familias“ – war rechtlich der uneingeschränkte Herrscher über seine Frau und seine Kinder, der sie sogar töten durfte, wenn er wollte. Hatte ein solcher Patriarch den Eindruck, dass für seinen Sohn oder seine Tochter eine lukrativere Heirat möglich sei, als die bereits vollzogene, konnte er das Kind zur sofortigen Scheidung und Neuheirat zwingen. Die heute unvorstellbare Macht des männlichen Familienvorstandes wurde erst nach Christi Geburt im Kaiserreich allmählich eingeschränkt.
Weitere 7 Gründe, aus denen Sie leider nicht automatisch geschieden werden
Dieser Artikel schließt mit einer Reihe weiterer Nicht-Gründe, die natürlich nicht ernst gemeint sind. Es lässt sich allerdings nicht ausschließen, dass der eine oder andere bei manchen Lesern Zuspruch findet…
Ihr Partner blockiert jeden Morgen die Toilette, weil er die ganze Zeitung liest, auch die Kleinanzeigen und Inserate.
Ihr Partner kann nicht kochen (auch wenn Sie das vielleicht auch nicht können).
Ihr Partner weigert sich, Trompetenunterricht zu nehmen. Er spielt aber von früh bis spät.
Ihr Partner schnarcht die ganze Nacht, so dass Sie nicht schlafen können.
Ihr Partner erwartet von Ihnen, alle James-Bond-Filme zum fünfzehnten Mal anzuschauen (auch den mit George Lazenby).
Ihr Partner wirft ständig Dinge weg, die Sie noch brauchen können.
Sie haben gerade erst – durch diesen Artikel - erfahren, dass eine Ehe unbefristet ist und wollen „da raus“.