Unterschied von Sorgerecht und Umgangsrecht
Das Umgangsrecht beinhaltet das Recht des Elternteils mit dem gemeinsamen Kind Umgang zu pflegen. Kern ist der regelmäßige Kontakt eines Elternteils mit dem bei dem anderen Elternteil lebenden Kind. Der bloße Umgang beinhaltet noch nicht das Recht, über die Angelegenheiten des Kindes zu entscheiden.
Wo das Umgangsrecht endet und das Sorgerecht beginnt
Das Kind wohnt bei der Mutter. Der Vater übt sein Umgangsrecht dadurch aus, dass er das Kind an jedem zweiten Wochenende über Nacht zu sich nimmt, es beaufsichtigt und verpflegt und danach wieder der Mutter übergibt. Solange er die Aufsicht über das Kind ausübt, darf er den Alltag des Kindes bestimmen (wann es zu Bett gehen soll, welche Ausflüge unternommen werden). Eine Grenze findet sich dort, wo es um eine dauerhafte oder endgültige Entscheidung in Bezug auf die Angelegenheiten des Kindes geht (z.B. Anmeldung an einer anderen Schule).
Sorgerecht miteinander verheirateter Eltern
Die Eltern haben die Pflicht, aber auch das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen (§ 1616 BGB).
Konkret unterscheidet das Gesetz zwischen
- Personensorge: Diese betrifft die persönlichen Angelegenheiten des Kindes in Bezug auf seine Person (§ 1631 BGB)
und
- Vermögenssorge: Diese betrifft die Angelegenheiten des Kindes in Bezug auf seine wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse (§ 1638 BGB).
Als Personensorge definiert das Gesetz die Pflicht und das Recht, das Kind zu pflegen, zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen. Beide Elternteile haben dieses Recht in eigener Verantwortung und in gegenseitigem Einvernehmen zum Wohl des Kindes auszuüben. Sind sie verschiedener Meinung, müssen sie versuchen, sich zu einigen.
Die Eltern haben bei der Pflege und Erziehung des Kindes die wachsenden Fähigkeiten und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbstständigem und verantwortungsbewusstem Handeln zu berücksichtigen. Soweit es dem Entwicklungsstand des Kindes entspricht, besprechen Sie Fragen der elterlichen Sorge gemeinsam mit dem Kind und streben Einvernehmen an.
In Angelegenheiten von Ausbildung und Beruf haben die Eltern Rücksicht auf Neigung und Eignung des Kindes zu nehmen. Im Zweifel ist der Rat des Lehrers einzuholen. Das Kind hat ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und sonstige entwürdigende Maßnahmen sind verboten. Freiheitsentziehende Maßnahmen (z.B. in einem Kindererziehungsheim) bedürfen, mit Ausnahme unaufschiebbarer Maßnahmen, der Genehmigung des Familiengerichts.
Die Eltern dürfen Vermögenswerte des Kindes nicht in Vertretung des Kindes verschenken. Ausnahmen sind Schenkungen, die einer sittlichen Pflicht oder dem Anstand (Geburtstagsgeschenk) entsprechen (§ 1641 BGB). Umgekehrt dürfen Eltern auch in Vertretung des Kindes keine Schenkungen Dritter annehmen, insbesondere soweit damit Belastungen und Verpflichtungen verbunden sind (z.B. auch das Geschenk eines Grundstücks beinhaltet steuerliche und Verkehrssicherungspflichten). Solche Schenkungen bedürfen der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Das so weit zur Vermögenssorge.
Zum Kindeswohl gehört
- der Umgang des Kindes mit beiden Elternteilen. Nur so ist eine sozialgerechte Erziehung zu einer verantwortungsvollen Persönlichkeit zielführend.
- der Umgang mit engen Bezugspersonen, zu denen das Kind eine emotionale Beziehung besitzt, soweit deren Aufrechterhaltung für seine Entwicklung förderlich ist. Dazu zählen insbesondere die Großeltern, jüngere und ältere Geschwister und andere nahe Verwandte oder Bekannte.
Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern
Bei unverheirateten Elternteilen bestimmt das Gesetz folgende Grundsätze:
- Mit der Geburt des Kindes steht zunächst allein der Mutter das alleinige Sorgerecht zu (§ 1626a Abs. III BGB).
- Beiden Elternteilen steht das gemeinsame Recht dann zu, wenn sie erklären, die Sorge gemeinsam übernehmen zu wollen und der leibliche Vater eine Sorgeerklärung dazu abgibt. Die Sorgeerklärung wird gegenstandslos, soweit das Familiengericht gegenteilig entscheidet.
- Es steht beiden Elternteilen auch dann zu, wenn sie einander heiraten.
- Es steht beiden Elternteilen dann zu, wenn ihnen das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge gemeinsam überträgt. Dieses Recht kann auch allein auf die Personensorge oder die Vermögenssorge beschränkt werden.
Was ist eine Sorgeerklärung?
Mit einer Sorgeerklärung (verschiedentlich auch Sorgerechtserklärung genannt) bekundet der Vater des Kindes, dass er die elterliche Sorge für das Kind übernehmen möchte. Eine Sorgeerklärung, die unter einer Bedingung (Mutter des Kindes soll mich heiraten) oder und einer Zeitbestimmung (Vater will die Sorge nur für die nächsten zwei Jahre übernehmen) abgegeben wird, ist unwirksam. Der Vater kann die Sorgeerklärung bereits vor der Geburt des Kindes abgeben.
Ist der leibliche Vater minderjährig, benötigt er zur Sorgeerklärung die Zustimmung seiner Eltern als gesetzliche Vertreter.
Wie übernehmen wir zusammen die Sorge für unser Kind?
Unser Muster zeigt Ihnen, wie eine Sorgerechtserklärung aussehen könnte. Eine Sorgeerklärung können Sie vor einer Urkundsperson des Jugendamtes kostenfrei abgeben.
Sorgerecht bei getrenntlebenden Eltern
Auch bei einer Scheidung mit Kind üben beide Eltern üblicherweise weiter das gemeinsame Sorgerecht aus. Ob ein Elternteil eine Entscheidung das Kind betreffend allein fällen darf, kommt auf deren jeweilige Tragweite an. Man unterscheidet zwei Arten von Entscheidungen.
Leben die Eltern getrennt, muss es möglich sein, dass ein Elternteil die alltäglichen Angelegenheiten des Kindes entscheidet, ohne umständlich den anderen Elternteil befragen zu müssen. Dazu bestimmt § 1687 BGB folgende Grundsätze:
Die getrenntlebenden Elternteile stimmen sich im Idealfall in ihrer Entscheidung ab und entscheiden einvernehmlich. Man spricht vom gemeinsamen Sorgerecht.
Da die einvernehmliche Regelung nicht alltagstauglich ist, kann derjenige Elternteil, bei dem sich das Kind gewöhnlich aufhält, in Angelegenheiten des täglichen Lebens alleine entscheiden. Entscheidungen in täglichen Angelegenheiten sind solche, die häufig vorkommen und keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes mit sich bringen. Diese Entscheidungslast kann nur derjenige Elternteil verantwortungsvoll wahrnehmen, bei dem das Kind lebt. In diesen Fällen kann der betreuende Elternteil das Kind auch gesetzlich nach außen gegenüber Dritten eigenverantwortlich vertreten.
Beispiele:
- Wann geht ein Kind abends zu Bett?
- Was bekommt das Kind mittags zu essen?
- Ärztliche Behandlung: Aufsuchen des Kinderarztes bei Erkrankung, Zahnbehandlung.
Die alleinige Entscheidungsbefugnis besteht insbesondere, wenn Gefahr in Verzug besteht und ein sofortiges Handeln im Interesse des Kindeswohls unabdingbar ist (z.B., wenn das Kind in einen Unfall verwickelt wurde und sofort in ein Krankenhaus eingewiesen werden muss).
Bedeutende Angelegenheiten
Erst, wenn es um eine Angelegenheit geht, die für das Kind von richtungsweisender, erheblicher Bedeutung ist, bedarf es des Einvernehmens beider Elternteile. Können sich die Elternteile nicht einigen, entscheidet auf Antrag das Familiengericht. Dazu wird es im Regelfall die Entscheidungsbefugnis im Einzelfall oder in einer bestimmten Art von Angelegenheiten einem Elternteil übertragen. Bedeutende Angelegenheiten dieser Art sind solche, die die Entwicklung des Kindes prägen.
Beispiele:
- Welche weiterführende Schule soll das Kind besuchen?
- Vermögensverwaltung des Kindes
- medizinische Eingriffe größerer Art außerhalb von Notfällen.
Wenn die Eltern nicht einig über den Lebensmittelpunkt des Kindes werden
Eine problematische Situation stellt sich dann ein, wenn sich die Eltern nicht einigen können, bei wem das Kind wohnen und seinen Lebensmittelpunkt begründen soll. Das Problem verschärft sich zusätzlich, wenn der betreuende Elternteil in eine andere Stadt umziehen oder im Extremfall sogar ins Ausland gehen möchte und der andere Elternteil sich zurückversetzt fühlt.
In einem Fall des OLG Nürnberg (Beschluss v. 14.3.2012, 10 UF 1899/11) bewertete das Gericht das Interesse des Kindes, bei der Mutter nach einem Umzug nach Irland zu verbleiben und stellte darauf ab, dass die Mutter-Tochter-Beziehung eindeutig die stärkere Verbindung aufwies, so dass die Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht zugewiesen bekam. Anders entschied das OLG Koblenz (Beschluss v. 4.5.2010, 11 UF 149/10). Hier wurde die Rechtsposition des Vaters in den Vordergrund gestellt. Grund war, dass die Mutter nach Italien ziehen wollte, unter anderem um das Umgangsrecht des Vaters zu torpedieren.
Manchmal greifen Eltern auch zu einem aus ihrer Sicht letzten, aber drastischen Mittel und reisen mit ihrem Kind ohne den anderen Elternteil in ein anderes Land, um das festgelegte Sorgerecht außer Kraft zu setzen oder Zugeständnisse abringen zu wollen. Diese Entziehung Minderjähriger genannten Fälle kommen immer wieder vor.
Wenn ein Partner dem anderen Sorgerecht nicht zugestehen will
Der Gesetzgeber hat zum 19.5.2013 das Recht neu geregelt und die Position des leiblichen und nicht mit der Mutter verheirateten Partners gestärkt. Damit kann auch dieser das Mitsorgerecht für das Kind erhalten, wenn die Mutter nicht zustimmt. Dies kann die Mutter nur dann noch verhindern, wenn dadurch das Wohl des Kindes beeinträchtigt wird.
Vaterschaft beim Jugendamt anerkennen
Will der unverheiratete leibliche Vater eines Kindes das nach dem Gesetz der Mutter zustehende Sorgerecht auch auf seine Person ausdehnen, sollte er zunächst beim Jugendamt die Vaterschaft anerkennen. Willigt die Mutter nicht ein, muss er beim Familiengericht beantragen, ihm als leiblichen Vater ein Mitsorgerecht einzuräumen.
Voraussetzungen für das alleinige Sorgerecht
Will ein Elternteil entgegen dem Willen des anderen Partners das alleinige Sorgerecht beanspruchen, muss er schwerwiegende Gründe vortragen, die dagegen sprechen, dem anderen Elternteil das Mitbestimmungsrecht zu belassen. Rein emotionale Aspekte sind nicht tragfähig. Da das Kindeswohl im Mittelpunkt steht, kann einem Elternteil das Recht entzogen werden, wenn er alkoholkrank ist, zu Gewalttätigkeiten gegenüber dem Partner oder dem Kind neigt oder in erheblichem Maße straffällig geworden ist.
Familiengerichte beurteilen für das Sorgerecht nach folgenden Aspekten:
- Bei welchem Elternteil wird das Kind am besten betreut?
- Wo liegt der Lebensmittelpunkt des Kindes?
- Welches ist die vertraute Umgebung des Kindes?
- Welche Beziehung des Kindes zu welchem Elternteil ist am besten ausgeprägt?
- Wo wird das Kind besser gefördert (Förderprinzip)?
- Wo sind Gleichmäßigkeit, Stabilität und Konzeption der Erziehung am besten gewährleistet (Prinzip der Kontinuität)?
- Wo leben die Geschwister, nahe Verwandte, insbesondere die Großeltern?
- Wo hat das Kind das beste Umfeld für seine Erziehung?
Das Kindeswohl rechtfertigt es, dass Kinder ab 14 Jahren widersprechen können (§ 1671 Abs. I S. 1 BGB).
Entzug der Vermögenssorge bei Unterhaltsversagung
Leistet der sorgeberechtigte Elternteil keinen Kindesunterhalt, ist in der Regel anzunehmen, dass dadurch das Vermögen des Kindes gefährdet ist und insoweit Anlass besteht, ihm die Vermögenssorge zu entziehen. Besitzt das Kind Vermögenswerte, kann das Familiengericht die Elternteile verpflichten, ein Vermögensverzeichnis des Kindes einzureichen und über deren Verwaltung Rechnung abzulegen (§ 1667 BGB). Es kann anordnen, dass das Geld des Kindes in bestimmter Weise anzulegen ist und die Eltern nur mit Genehmigung des Gerichts verfügen können. Auch Sicherheitsleistungen kommen in Betracht.
Sorgerecht von neuen Partnern der Eltern
Viele Ehepartner gehen nach der Trennung neue Beziehungen ein. Leben die Kinder mit dem neuen Partner in einem Haus, ist es für ein gedeihliches Zusammenleben unabdingbar, dass der neue Partner auch Entscheidungen in Angelegenheiten des Kindes trifft. § 1687b BGB bestimmt deshalb, dass auch Stiefelternteile in Angelegenheiten der täglichen Betreuung ein Entscheidungsrecht haben und vor allem bei unaufschiebbaren Entscheidungen alles Notwendige veranlassen dürfen, um dem Wohl des Kindes gerecht zu werden. Dieses Recht wird auch das kleine Sorgerecht des Stiefelternteils genannt.
Auch Pflegeeltern dürfen in Angelegenheiten des täglichen Lebens Entscheidungen treffen, da sie insoweit die sorgeberechtigten Elternteile vertreten (§ 1688 BGB). Sie dürfen auch die Vermögenssorge betreiben und dazu Unterhalts-, Versicherungs-, Versorgungs- und sonstige Sozialleistungen für das Kind geltend machen. Wird die Entscheidungsfreiheitsbefugnis im Ganzen auf die Pflegeeltern übertragen, liegt ein Fall der Vormundschaft vor.
Wer das alleinige Sorgerecht für ein Kind ausübt, sollte darauf bedacht sein, dass das Kind im Fall des eigenen Ablebens versorgt ist. Dieses Ziel lässt sich mit einer Sorgerechtsverfügung erreichen. In Betracht kommen vorwiegend Fälle, in denen es nur einen sorgeberechtigten Elternteil gibt.
Für verheiratete Elternteile ist die Sorgerechtsverfügung nicht unbedingt notwendig, da mit dem Ableben eines Elternteils das Recht automatisch auf den anderen Elternteil übergeht und das Kind versorgt bleibt. Aber auch gemeinsam sorgeberechtigte Eltern können für den Fall ihres quasi zeitgleichen Ablebens (z.B. anlässlich einer Flugreise) eine gemeinsame Person ihres Vertrauens dazu bestimmen.
In einer solchen Verfügung können ein allein sorgeberechtigter Elternteil oder beide sorgeberechtigte Elternteile gemeinsam oder jeder für sich allein bestimmen,
- wer im Fall seines Todes als gesetzlicher Vertreter für das minderjährige Kind sorgen und
- wer auf keinen Fall das Recht erhalten soll.
Eine solche Sorgerechtsverfügung ist wie ein Testament. Darin bestimmt der sorgeberechtigte Elternteil eine Person seines Vertrauens als gesetzlichen Vormund für das minderjährige Kind. Wichtig ist, dass die Sorgerechtsverfügung handschriftlich verfasst wird (§ 1777 Abs. III BGB).
Wie bestimme ich vorsorglich einen Vormund für meine Kinder?
Erstellen Sie eine persönliche und handschriftliche Sorgerechtsverfügung mit Datum und Unterschrift.
Eine ähnliche Situation kann eintreten, wenn ein Elternteil seine Pflicht faktisch infolge Erkrankung nicht mehr ausüben kann. Bei nichtehelichen Kindern kann der sorgeberechtigte Elternteil der Übertragung auf den anderen, bislang nicht sorgeberechtigten Elternteil widersprechen.