Keine Verfahrenskostenhilfe bei Besitz von 15.000 EUR-PKW

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Donnerstag, 07.01.2021 , geschrieben von iurFRIEND-Redaktion

Leben Sie in engen finanziellen Verhältnissen und verfügen nur über ein geringes Einkommen, können Sie für Ihre Scheidung bei Gericht Verfahrenskostenhilfe (VKH) beantragen. Bevor das Gericht Verfahrenskostenhilfe bewilligt, müssen Sie Ihre wirtschaftlichen Verhältnisse offenlegen. Soweit Sie Vermögenswerte besitzen, sind Sie verpflichtet, Ihr Vermögen einzusetzen, wenn es Ihnen zumutbar ist. Die Gerichte sehen sich immer wieder veranlasst, darüber zu entscheiden, wann genau dies der Fall ist.

Fahrzeug im Wert von 15.000 EUR schließt VKH aus

Schaubild

Sind Sie im Besitz eines Pkw mit einem Fahrzeugwert von 15.000 EUR, müssen Sie nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Brandenburg (Beschluss vom 17.11.2020, Az. 13 UF  134/20) damit rechnen, dass Ihr Antrag auf Verfahrenskostenhilfe abgelehnt wird. Ein Ehegatte wollte sich gegen seine Verpflichtung, dem getrennt lebenden Partner Trennungsunterhalt zahlen zu müssen, gerichtlich zur Wehr setzen.

 

Sein Pkw im Wert von 15.000 EUR stelle einen verwertbaren Vermögenswert dar und müsse, bevor der Staat Verfahrenskostenhilfe bewillige, verwertet werden. Vor allem dann, wenn das Fahrzeug beruflich nicht benötigt werde, sei es unabhängig von seiner Größe und seinem Wert zu berücksichtigen. Auch wenn der Antragsteller das Fahrzeug beruflich benötigen würde, wäre es ihm zuzumuten, das Fahrzeug zu verkaufen und ein weniger werthaltiges Fahrzeug zu nutzen.

Welches Fahrzeug ist angemessen und gilt als Schonvermögen?

Der Fall führt zur der Frage, welche Vermögenswerte Sie überhaupt berücksichtigen müssen, wenn Sie für Ihre Scheidung oder für ein mit Ihrer Trennung oder Scheidung einhergehendes Verfahren (z.B. Unterhalt, Zugewinnausgleich) Verfahrenskostenhilfe beantragen möchten. Insbesondere geht es um die Frage, welches Fahrzeug als angemessen gilt und als Schonvermögen zu betrachten ist.

 

Das Gesetz bestimmt in § 115 Abs. III ZPO, dass eine Partei ihr Vermögen einzusetzen hat, soweit dies zumutbar ist. Die Beurteilung, ob ein Fahrzeug Schonvermögen ist oder Ihrem Antrag auf Verfahrenskostenhilfe entgegensteht, beurteilt sich zunächst danach, ob und inwieweit Sie auf den Pkw angewiesen sind.

 

Sind Sie gehbehindert und im Besitz eines Schwerbehindertenausweises, sind Sie wahrscheinlich auf das Fahrzeug angewiesen. Ähnlich ist es, wenn Sie Arbeitnehmer sind und von Ihrem Wohnort zur Arbeitsstelle fahren müssen und dabei nicht in zumutbarer Art und Weise auf öffentliche Verkehrsmittel verwiesen werden können. Auch wenn Sie wegen der Betreuung Ihres Kindes den Pkw benötigen, weil Sie es wegen der örtlichen Verhältnisse in den Kindergarten oder zur Schule fahren müssen, sind Sie auf das Fahrzeug angewiesen.

 

Sind Sie auf Ihr Fahrzeug angewiesen, kommt es im nächsten Schritt auf den Wert Ihres Fahrzeuges an. Als Grenze wird ein Verkehrswert von 7.500 EUR angesehen (Bundessozialgericht, Beschluss vom 6.9.2017, Az. B 14/7 AS 66/06). Ein Fahrzeug bis zu 7.500 EUR Verkehrswert dürfen Sie also behalten und brauchen es für die Finanzierung Ihrer Scheidung oder eines sonstigen gerichtlichen Verfahrens nicht zu verwerten. Liegt der Verkehrswert Ihres Fahrzeuges über 7.500 EUR, wird es Ihnen aller Wahrscheinlichkeit nach zuzumuten sein, das Fahrzeug gegen ein geringwertigeres Fahrzeug einzutauschen.

 

Demgemäß hatte in einem ähnlichen Fall das Oberlandesgericht Stuttgart (Beschluss vom 9.4.2010, Az. 13 W 17/10) eine Antragstellerin darauf verwiesen, einen Mercedes 280 im Wert von 13.000 EUR zu verwerten. Das Fahrzeug gehöre nicht zum Schonvermögen, da der Antragsteller keine besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Nutzung vortragen konnte. Er habe das Fahrzeug nicht zur Ausübung seiner Berufstätigkeit benötigt. Er machte auch geltend, das Fahrzeug sei das einzige in der Familie, konnte aber nicht darlegen, dass der Verlust der Nutzungsmöglichkeit des Fahrzeuges für seine Familie eine unzumutbare Härte darstellen oder die angemessene Lebensführung wesentlich erschweren würde. Auch wurde nicht dargetan, dass er darauf angewiesen sei, die Kinder zur Schule zu fahren und die notwendigen Wege ausschließlich mit einem Pkw bewältigt werden könnten. Soweit der Antragsteller darauf verwiesen wurde, ein günstigeres Fahrzeug zu erwerben, wurde auch die Erwägung, mit dem Erwerb eines Gebrauchtwagens seien Risiken verbunden, zurückgewiesen.

 

In einem ähnlichen Fall hatte das Oberlandesgericht Brandenburg (Beschluss v. 1.10.2007, Az. 9 WF 215/07) einer Frau in einem Unterhaltsrechtsstreit die Verfahrenskostenhilfe verweigert. Die Frau hatte in ihrem Antrag auf Verfahrenskostenhilfe einen Mittelklasse-Pkw Marke Opel Corsa mit einem Verkehrswert von 9.000 EUR angegeben. Das Gericht stellte klar, dass der Pkw bei einem Verkehrswert von 9.000 EUR zur Mittelklasse gehöre. Es sei der solidarisch verbundenen Allgemeinheit nicht zuzumuten, dass die Frau einen unnötig wertvollen Pkw fahre und zugleich den Steuerzahler in Anspruch nehme. Der Mittelklasse-Pkw Marke Opel Corsa sei also einsetzbares Vermögen. Ähnliches hatte das OLG Bamberg (JurBüro 1992, 346) für einen Mercedes 230 E angenommen.

CHECKLISTE

Wann kann ich Verfahrenskostenhilfe erhalten?

Verfahrenskostenhilfe ist eine staatliche Finanzierungshilfe, die Sie beantragen können, wenn Sie das Verfahren nicht selber finanzieren können. 

Checkliste

Verfahrenskostenhilfe (VKH)

Wenn Sie diese Voraussetzungen erfüllen, erhalten Sie wahrscheinlich eine finanzielle Unterstützung vom Staat für Ihr Gerichtsverfahren.

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Welche Vermögenswerte gelten überhaupt als Schonvermögen?

Geht es um Fahrzeuge, ist anerkannt, dass Sie ein „angemessenes“ Fahrzeug nicht verwerten müssen, wenn Sie Verfahrenskostenhilfe beantragen wollen. Ansonsten regelt § 90 SGB XII im Detail, welche Vermögenswerte einzusetzen sind und welche Vermögenswerte bei der Beantragung von Verfahrenskostenhilfe unberücksichtigt bleiben. Je nachdem wird Ihr Antrag auf Verfahrenskostenhilfe abgelehnt, ohne Ratenzahlung oder ab einem gewissen Einkommen mit Ratenzahlung bewilligt.

Der Gesetzgeber hat im Hinblick auf Barvermögen mit Wirkung ab 1.4.2017 die Beträge für das sogenannte Schonvermögen angehoben. Kleinere Barbeträge dürfen Sie auf jeden Fall für sich behalten. Das einzusetzende Schonvermögen wurde für eine alleinstehende Person von ursprünglich 2.600 EUR auf nunmehr 5.000 EUR erhöht. Soweit Sie einer Person (z.B. Ihrem Kind) unterhaltspflichtig sind, erhöht sich der Freibetrag um weitere 500 EUR. Erst wenn Sie Vermögenswerte oberhalb dieses Betrages besitzen, hätte Ihr Antrag auf Verfahrenskostenhilfe keine Aussichten auf Erfolg. Oder umgekehrt: Haben Sie Vermögenswerte bis 5.000 EUR, haben Sie im Hinblick auf Ihre Vermögenswerte auch Anspruch auf Verfahrenskostenhilfe.

Praxisbeispiel

Schonvermögen berechnen

Soweit Sie für Ihre Scheidung Verfahrenskostenhilfe beantragen und zwei unterhaltsberechtigte Kinder betreuen, beträgt Ihr Schonvermögen 5.000 EUR + 500 EUR Kind 1 + 500 EUR Kind 2 = 6.000 EUR.

Der Gesetzgeber hat mit Wirkung zum 1.1.2021 im Hinblick auf die Einkommensfreibeträge und Unterhaltsfreibeträge die Einkommensgrenzen neu geregelt, die zum Zeitpunkt der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe Geltung haben (§ 115 ZPO).

Zum Ratgeber: VKH berechnen

Alles in allem

Beantragen Sie Verfahrenskostenhilfe, müssen Sie das dafür amtlich vorgesehene Formular „Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe" ausfüllen und bei Gericht vorlegen. Zur Orientierung können Sie vorab das Hinweisblatt zu diesem Formular studieren. Um aber alle Fragen richtig zu beantworten und die mit einer Antwort oft verbundenen Fallstricke zu vermeiden, empfiehlt sich, dass Sie Ihren Rechtsanwalt oder Ihre Rechtsanwältin bitten, Sie über die Details des Antrags zu informieren und zu beraten.

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