Anwalt wechseln mit VKH?

Antrag Verfahrenskostenhilfe Ausfuellen iurFRIEND® AG

Mittwoch, 10.01.2024 , geschrieben von iurFRIEND-Redaktion

Es kann gute Gründe geben, um den Anwalt zu wechseln. Wurde Ihnen bereits Prozesskostenhilfe bzw. Verfahrenskostenhilfe (VKH) bewilligt und vom Familiengericht ein Anwalt beigeordnet, müssen Mandanten die Scheidungskosten nach einem Wechsel hin zu einem anderen Anwalt selbst bezahlen. Ersatzweise wäre jedoch zu prüfen, ob ein neuer Anwalt beigeordnet werden kann. Kündigen Sie nicht voreilig, sondern fragen im Zweifel bitte uns nach der besten Vorgehensweise. Sind Sie mit dem Thema Scheidung das erste Mal in Berührung, hilft Ihnen bestimmt auch unser Gratis-InfoPaket zur Scheidung weiter mit den wichtigsten Informationen.

Was bedeuten VKH und Beiordnung?

Schaubild

Wurde Ihnen für Ihr Scheidungsverfahren oder eine sonstige familienrechtliche Angelegenheit Verfahrenskostenhilfe (VKH) bewilligt, hat Ihnen das Familiengericht für das gerichtliche Verfahren zugleich einen Rechtsanwalt „beigeordnet“. Beigeordnet wird meist derjenige Anwalt, den Sie sich selbst ausgewählt haben. Der beigeordnete Anwalt vertritt Sie im Verfahren vor Gericht. Die Gerichtskasse übernimmt die Gebühren für diesen Anwalt. Der Anwalt rechnet seine Gebühren direkt mit der Gerichtskasse ab.

Was bedeutet es, den Anwalt zu wechseln?

Wechseln Sie den Anwalt, kündigen Sie zwangsläufig das Mandat mit dem zuerst beigeordneten Anwalt. Waren Sie mit der Beratung und Vertretung dieses Anwalts nicht zufrieden, dürfen Sie das Mandat jederzeit kündigen und können den Anwalt wechseln. Es kann ja sein, dass Sie sich nicht zuverlässig und überzeugend beraten und vertreten fühlen. Auch wenn Ihnen VKH bewilligt wurde, können Sie dem Anwalt das Mandat entziehen und vom Familiengericht verlangen, dass Ihnen ein neuer Anwalt beigeordnet wird. Ob das Gericht einen neuen Anwalt tatsächlich beiordnet, hängt von gewissen Voraussetzungen ab.

 

Sie brauchen nicht selbst das Gericht anzuschreiben und auf eventuelle Probleme mit Ihrem zuerst beigeordneten Anwalt hinzuweisen. Das Gericht interessiert sich dafür nicht. Das Gericht hat keine Möglichkeit, auf Ihren Anwalt und dessen Arbeitsweise einzuwirken. Vielmehr wird sich Ihr neuer Anwalt selbst um seine Beiordnung durch das Gericht bemühen.

Kann ich jederzeit den Anwalt wechseln?

Das Anwaltsmandat begründet ein Vertrauensverhältnis. Schließlich offenbaren Sie einer für Sie wahrscheinlich völlig fremden Person Details aus Ihrem Privatleben. Fühlen Sie sich dabei nicht zuverlässig beraten und vertreten, muss es möglich sein, das Anwaltsmandat zu beenden. Sie brauchen also kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn Sie den Anwalt wechseln wollen. Sie brauchen dem Anwalt für die Kündigung des Mandats keine Gründe anzugeben und brauchen keine Kündigungsfrist einzuhalten.

CHECKLISTE

Wie erkenne ich einen kompetenten Anwalt?

Die Wahl der richtigen anwaltlichen Vertretung ist wichtig - worauf sollten Sie bei der Suche also achten? Und wie können Sie den Anwalt wechseln, wenn Sie unzufrieden sind?

Checkliste

Der kompetente Anwalt

So finden Sie den richtigen Anwalt für sich - und das können Sie tun, falls Sie unzufrieden sind.

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Was ist, wenn VKH bewilligt wurde?

Die Beiordnung eines neuen Anwalts ist kein Selbstläufer. Ein neuer Anwalt wird beigeordnet, wenn der Gerichtskasse durch den Anwaltswechsel keine Mehrkosten entstehen. Sollten Mehrkosten entstehen, wird ein neuer Anwalt nur beigeordnet, wenn Sie einen triftigen Grund haben, der Sie zum Anwaltswechsel veranlasst hat. Im Grundsatz dürfen Sie auch nach der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe einen anderen Rechtsanwalt beauftragen und haben Anspruch, dass der neue Anwalt beigeordnet wird.

In welchen Fällen kommt die Beiordnung eines neuen Anwalts in Betracht?

Sie haben gute Chancen, im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe nach der Kündigung des Mandats einen neuen Rechtsanwalt beigeordnet zu erhalten,

 

1)      …wenn aufgrund objektiv nachvollziehbarer und nachhaltiger Gründe das Vertrauensverhältnis zu Ihrem Anwalt zerstört ist.

Beispiel für zerstörtes Vertrauensverhältnis

Tritt der Anwalt den Mandanten bei „fast jeder Frage der Vorsitzenden des Gerichts“ unter dem Tisch gegen das Bein, können das „strategische Hinweise“ sein oder aber das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant stark belasten. In einer Entscheidung des OLG Hamm (Beschluss vom 20.10.2015 – Az. 2 WF 146/15) war einem Ehepartner in einem familiengerichtlichen Verfahren Verfahrenskostenhilfe bewilligt und ihm ein Rechtsanwalt zur Vertretung beigeordnet worden. Der Anwalt hatte sich über den Mandanten geärgert und legte das Mandat nieder. Der Mandant beantragte, ihm im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe einen neuen Anwalt beizuordnen und beanstandete in einer Stellungnahme an das Gericht, sein Anwalt habe ihn regelrecht genötigt, vorsätzlich falsche Angaben vor dem Amtsgericht zu machen und habe ihn bei fast jeder Frage des Richters unter dem Tisch gegen das Schienbein getreten. Das Gericht bewilligte den Anwaltswechsel. Der Mandant habe dafür triftige Gründe gehabt, da der frühere Anwalt ihn dazu zu bewegen suchte, sich eines versuchten Prozessbetruges schuldig zu machen.

 

Schlussfolgerung1:

 

In der Rechtsprechung ist weitgehend anerkannt, dass ein Anwaltswechsel problemlos ist, wenn der Mandant triftige, objektiv nachvollziehbare und nachhaltige Gründe für den Wechsel geltend macht und eine Partei, die die Kosten selber tragen müsste, vernünftigerweise einen anderen Anwalt beauftragen würde. Dann kann es nicht darauf ankommen, dass der Landeskasse dadurch zusätzliche Kosten entstehen.

 

Schlussfolgerung2:

 

Liegen keine triftigen Gründe vor, kommt die Beiordnung eines neuen Anwalts nur mit der Einschränkung in Betracht, dass der Landeskasse keine zusätzlichen Kosten entstehen. Voraussetzung sollte dann sein, dass der neue Anwalt möglichst darauf verzichtet, bereits an den früheren Anwalt bezahlte Kosten selbst zusätzlich geltend zu machen.

 

2)      … wenn die Partei das Vertrauensverhältnis zu dem beigeordneten Anwalt durch objektiv nicht gerechtfertigtes Verhalten zerstört, aber subjektiv gemeint hat, sie sei mit ihrem Verhalten im Recht (BGH NJW-RR 1992, 189) Auch dann sei ihr ein neuer Anwalt beizuordnen.

Beispiel für nicht gerechtfertigtes Verhalten

Eine Frau hatte eine Scheinehe geschlossen, um dem Partner die Aufenthaltserlaubnis in Deutschland zu ermöglichen. Danach beantragte die Frau die Scheidung und erhielt VKH bewilligt. Ihr beigeordneter Anwalt war religiös und weigerte sich, ihre Scheidung zu begleiten. Da die Frau dem Aufruf einer Hilfsorganisation folgte, mit der Ehe einem Flüchtling eine Heimat zu schenken, könnte sie argumentieren, dass Sie sich im Recht glaubte, auch wenn sie objektiv geltendes Recht verletzt habe (§ 1314 Abs. II Nr. 5 BGB verbietet die Scheinehe!).

 

3)      … wenn Sie Ihrem bisherigen Anwalt nachweisen können, dass er sein Mandat unzureichend oder fehlerhaft wahrgenommen hat. Hierzu bedarf es einer überzeugenden Beweisführung. Pauschale Argumente führen nicht zum Ziel.

Beispiel für Interessenkonflikt

Sie bringen in Erfahrung, dass Ihr Anwalt Ihren Ehepartner bereits in einem anderen Verfahren anwaltlich vertritt und Ihre familiären und wirtschaftlichen Verhältnisse im Detail kennt. Wegen des potentiell möglichen Interessenkonflikts ist es Ihnen nicht zuzumuten, das Mandat aufrechterhalten. Ungeachtet dessen hätte der Anwalt Ihr Mandat erst gar nicht annehmen dürfen.

 

4)      … wenn Ihr bisheriger Anwalt das Mandat niederlegt (z.B., weil er sich nicht kompetent fühlt oder in einem anderen Verfahren überlastet ist) und Sie als Mandant die Mandatshinterlegung nicht durch eigenes, sachlich nicht gerechtfertigtes oder mutwilliges Verhalten verursacht haben (so z.B. Landesarbeitsgericht Hamburg, Urteil v. 28.4.2011, Az. 4 Ta 26/10).

Praxisbeispiel

Lassen Sie sich beraten

Das Verfahrenskostenhilferecht ist komplex. Sie sollten gar nicht erst versuchen, in die Details einzusteigen. Besser ist, wenn Sie sich durch Ihren neuen Rechtsanwalt beraten lassen. Nur der Anwalt kann zuverlässig beurteilen, ob der Anwaltswechsel im Hinblick auf die Verfahrenskostenhilfe zweckmäßig ist oder eher nicht. Im ungünstigsten Fall könnten Sie mit Ihrem neuen Anwalt auch außerhalb der Verfahrenskostenhilfe eine Kostenvereinbarung treffen.

Alles in allem

Wurde Ihnen Verfahrenskostenhilfe bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet, können Sie den Rechtsanwalt wechseln. Sie brauchen dafür gute Gründe und sollten keinesfalls aus einer emotionalen Erwägung heraus den Anwalt wechseln, da die Übernahme Ihrer Scheidungskosten durch den Staat sonst wackelt. Sollte einer unserer Kooperationsanwälte Ihnen beigeordnet sein, sprechen Sie uns bitte unbedingt an, bevor Sie das Mandat kündigen und wechseln wollen. Wir haben eventuell bestehende und meist vermeintliche Probleme immer schnell bereinigen können. Wenden Sie sich dafür gern an unseren InfoPoint unter der kostenlosen Nummer 0800 34 86 72 3 oder schreiben eine E-Mail an feedback@iurfriend.com. Vielen Dank für Ihre Meldung schon einmal jetzt!

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