Warum muss man Kindesunterhalt zahlen?
Als Elternteil sind Sie verpflichtet, für die Pflege und Erziehung Ihres Kindes Sorge zu tragen und Ihrem Kind die Entwicklung zu einer selbstständigen Persönlichkeit zu ermöglichen. Diese Entwicklung ist nur möglich, wenn Sie nach Kräften die wirtschaftlichen Mittel zur Verfügung stellen, damit Ihr Kind diesen Weg gehen kann.
Betreuen Sie das Kind in Ihrem Haushalt, erfüllen Sie in der Regel Ihre Verpflichtung bereits dadurch, dass Sie ihm Kost und Logis gewähren. Lebt das Kind nicht in Ihrem Haushalt, sind Sie barunterhaltspflichtig. Für Sie stellt sich dann die Frage, wie lange Sie Ihrem Kind Unterhalt gewähren müssen und wann der Anspruch auf Kindesunterhalt entfällt.
Pauschale Aussagen sind nicht möglich. Dazu ist die Lebenssituation zu vielgestaltig. Ihre Unterhaltspflicht gegenüber einem Kind ist ein Unterfall des allgemeinen Verwandtenunterhaltsrechts. Danach sind Blutsverwandte in gerader Linie allgemein verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren. Bei Kindern ergeben sich Besonderheiten daraus, dass Sie als Elternteil eine besondere Verantwortung für Ihr Kind tragen. Sie sind nicht nur ein bloßer Verwandter, sondern eben Vater oder Mutter eines Kindes. Je nachdem, ob Ihr Kind minderjährig oder volljährig ist, sich in einer Schul- oder Berufsausbildung befindet oder sich Ihre wirtschaftliche Situation so ändert, dass Ihr Selbstbehalt tangiert wird, entscheidet sich die Frage, wie lange Unterhalt für das Kind zu zahlen ist.
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Überblick Kindesunterhalt
Wann muss man Kindesunterhalt definitiv zahlen?
- Ihr minderjähriges und schulpflichtiges Kind ist stets unterhaltsberechtigt. Hier gibt es keine Ausnahme. Ihre Leistungsfähigkeit ist gesondert zu beurteilen.
- Haben Sie ein nichteheliches Kind oder ein fremdes Kind adoptiert, steht dieses Kind rechtlich einem ehelichen Kind vollkommen gleich. Es gibt in der Unterhaltspflicht keine Unterschiede.
- Haben Sie ein Stiefkind oder ein Pflegekind, besteht hingegen kein Unterhaltsanspruch, wenn Sie der Stiefelternteil sind. Sie stehen diesem Kind rechtlich wie eine fremde Person gegenüber.
- Ist Ihr Kind nicht verheiratet, aber volljährig, ist es bis zu seinem 21. Lebensjahr unterhaltsberechtigt. Voraussetzung ist, dass Ihr Kind noch bei einem Elternteil lebt und sich in der allgemeinen Schulausbildung befindet.
Wie kann ich Kindesunterhalt einfordern?
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Wann Kinder (U18 und Ü18) nicht mehr voll unterhaltsberechtigt sind
Nach den obligatorischen Fällen, in denen Sie Kindesunterhalt leisten müssen, kommen wir nun zu den Szenarien, in denen sich ein Anspruch auf Unterhaltszahlung nicht mehr pauschal bildet.
Minderjährige Kinder: Zinserträge und Mieteinnahmen
Kleinkinder und minderjährige Schüler bis zum 18. Lebensjahr haben stets einen Unterhaltsanspruch. Auch wenn Ihr Kind die Schulklasse wiederholt, ändert sich daran nichts. Da das Unterhaltsrecht stets auch auf die Bedürftigkeit der unterhaltsberechtigten Person abstellt, kann Ihre Unterhaltspflicht in dem Augenblick beendet sein, in dem das Kind über Vermögenseinkünfte verfügt, die es in die Lage versetzen, sich wenigstens teilweise selbst zu unterhalten. Erbt Ihr Kind von den Großeltern ein Vermögen, braucht es zwar nicht das Vermögen selbst für den Unterhalt einzusetzen, muss sich aber Zinserträge oder Mieteinnahmen aus einer vermieteten Immobilie anrechnen lassen.
Volljährige Kinder: Eigene Hochzeit und Selbstversorgung
Ist Ihr Kind volljährig, ist es dem Grundsatz nach für sich selbst verantwortlich. Es kann von Ihnen dennoch unter den Voraussetzungen des allgemeinen Verwandtenunterhaltsrechts Kindesunterhalt verlangen. Allerdings sind einige Besonderheiten zu berücksichtigen. Erreicht Ihr Kind das 18. Lebensjahr und befindet sich in einer Schul- oder Berufsausbildung, steht es regelmäßig noch nicht auf wirtschaftlich sicheren Füßen. Es hat sich noch nicht verselbstständigt. Sie bleiben als Elternteil über die Vollendung des 18. Lebensjahres hinaus daher unterhaltspflichtig, soweit Ihr Kind unverheiratet ist und noch im Haushalt eines Elternteils lebt. Das Gesetz stellt das volljährige Kind in diesem Fall bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres einem minderjährigen Kind gleich.
Eine Einschränkung ergibt sich daraus, dass Sie Ihr volljähriges Kind auf Kost und Logis im Elternhaus verweisen dürfen. Leben Sie von Ihrem Partner getrennt, trifft im Regelfall derjenige Elternteil die Entscheidung, der den Barunterhalt leistet. Eine Grenze ergibt sich dort, wo Ihre Entscheidung, Ihr volljähriges Kind solle weiterhin im Haushalt des betreuenden Elternteils wohnen, unzumutbar in dessen Selbstbestimmungsinteresse eingreift. Hierzu gibt es eine Reihe von Gerichtsentscheidungen.
Eine Unzumutbarkeit kann sich daraus ergeben, dass zwischen Elternhaus und Ausbildungsstätte eine zu große Entfernung besteht und Ihr Kind sich deshalb veranlasst sehen darf, am Ort der Ausbildungsstätte eine eigene Unterkunft zu beziehen. Eine Ausnahme kann auch dann bestehen, wenn dem Kind ein auswärtiger Studienplatz zugeteilt wird.
Allerdings genügt der bloße Wunsch des Kindes, das Elternhaus zu verlassen, nicht, seinen Auszug aus dem elterlichen Haushalt zu rechtfertigen. Dieser Wunsch wiederum wäre zu respektieren, wenn eine tiefgreifende Entfremdung zum Elternteil begründet erscheint. Nehmen Sie nicht die gebotene Rücksicht auf die Belange Ihres volljährigen Kindes, kann das Familiengericht auf Antrag des Kindes Ihrem Kind einen Unterhaltsanspruch in Form von Bargeld zuerkennen und die Entscheidung beider Elternteile, das Kind müsse zu Hause wohnen, aufheben.
Was muss ich zum Kindesunterhalt wissen?
Beide Elternteile sind dem Kind zum Unterhalt verpflichtet - doch was ist nach der Trennung zu beachten?
Sonderfälle, in denen weiterhin Anspruch auf Unterhalt besteht
Sonderfälle sind zu berücksichtigen bei Behinderung, Studien- und Ausbildungstätigkeit sowie einer nachvollziehbaren Kombination von Ausbildung und Studium.
Ist Ihr Kind behindert und außerstande, seinen Lebensunterhalt aus eigener Kraft zu bestreiten, ist es auch mit Erreichen der Volljährigkeit unbegrenzt berechtigt, Unterhalt zu beziehen.
Ihr Kind darf seinen Berufswunsch selbstständig wählen. Sie können es nicht auf eine Lehre und eine damit mögliche Ausbildungsvergütung verweisen. Möchte Ihr Kind studieren, kann es seinen Anspruch auf Kindesunterhalt verlieren, wenn es sein Studium ohne gewichtige Gründe vernachlässigt. Eine gewisse Toleranz ist jedoch zuzugestehen.
Sie bleiben in der Regel für die Dauer der Regelstudienzeit unterhaltspflichtig. Promoviert Ihr Kind, entfällt regelmäßig der Unterhaltsanspruch, nicht zuletzt deshalb, als Ihr Kind meist als wissenschaftliche Hilfskraft dann eigenes Geld verdient.
Hatte Ihr Kind zunächst eine Lehre begonnen und möchte jetzt studieren, müssen Sie auch für die Zeit des Studiums Unterhalt an das Kind zahlen, sofern zwischen Lehre und Studium ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht. Daran kann es fehlen, wenn Ihr Kind eine Lehre als Speditionskaufmann absolviert hat und jetzt Rechtswissenschaften studieren möchte. Ähnlich ist es, wenn Ihr Kind nach mehr als zwei Semestern das Studienfach wechselt, weil es feststellt, dass es sich bei der Berufswahl getäuscht hat. Bricht das Kind die Ausbildung oder das Studium endgültig ab, entfällt sofort Ihre Unterhaltspflicht.
Das Kind befindet sich in einer Ausbildung
Eine Berufsausbildung begründet Ihre Unterhaltspflicht. Die Ausbildungsvergütung wird allerdings wenigstens teilweise auf den Unterhaltsanspruch angerechnet. Bricht das Kind aus guten Gründen eine Lehre ab und beginnt eine weitere Lehre, bleibt Ihre Unterhaltspflicht bestehen.
Kindesunterhalt während Zweitausbildung
Die Frage, wann Sie Ihrem Kind eine Zweitausbildung finanzieren müssen, ist Gegenstand einer ganzen Reihe von Gerichtsentscheidungen. Diese stehen im Spannungsverhältnis einer expansiven Bildungspolitik und der Frage, inwieweit normalverdienenden Eltern die Einschränkung ihres Lebensstandards zuzumuten ist.
In welchen weiteren Fällen entfällt der Anspruch auf Unterhalt?
Ganz allgemein kann Ihr Kind auf seinen Unterhaltsanspruch für die Zukunft nicht verzichten. Sie können diesbezüglich keine wirksame Vereinbarung treffen. Sie können Ihre Unterhaltszahlungen auch nicht deshalb verweigern oder einstellen, weil das Kind den Umgang mit Ihnen verweigert. Ein Verzicht kann allenfalls für rückständige Unterhaltsansprüche in der Vergangenheit vereinbart werden.
Ihre Barunterhaltspflicht entfällt, wenn Ihr Einkommen den notwendigen Selbstbehalt nicht übersteigt. Der Gesetzgeber gesteht Ihnen zur Sicherstellung Ihres eigenen Lebensunterhaltes einen Selbstbehalt zu. Damit sollen Sie einerseits motiviert werden, selbst Geld zu verdienen, zum anderen soll vermieden werden, dass Sie selbst sozialhilfebedürftig werden.
Minderjähriges Kind: Höheres Einkommen als der Unterhaltspflichtige
Ihr minderjähriges Kind kann seinen Unterhaltsanspruch nicht dadurch „verwirken“, dass Sie ihm eine schwere Verfehlung vorwerfen. § 1611 Abs. II BGB stellt ausdrücklich klar, dass in diesem Fall die Unterhaltspflicht von Eltern auch gegenüber ihren minderjährigen unverheirateten Kindern fortbesteht.
Der Unterhaltsanspruch bei minderjährigen Kindern entfällt dann, wenn entweder das Kind ausreichend eigene Einkünfte hat, um sich selbst zu versorgen oder wenn der den Unterhalt zahlende Elternteil nicht in der Lage ist, Unterhalt zu zahlen, weil er selbst nicht genügend zum Leben hat.
Wegen des Verbots von Kinderarbeit in Deutschland und der Pflicht zur allgemeinen Schulbildung kann ein minderjähriges Kind erst ab einem Alter von ca. 16 Jahren eine Lehre beginnen, mit der es ein eigenes Einkommen hat.
Auch wenn ein minderjähriges Kind ein Lehrlingsgehalt bezieht, reicht dieses nicht aus, um den Unterhaltsanspruch entfallen zu lassen. Zwar muss sich ein Kind sein Lehrlingsgehalt zumindest zum Teil anrechnen lassen. Die Eltern sind jedoch weiterhin verpflichtet, den darüber hinaus bestehenden Unterhaltsbetrag nach der Düsseldorfer Tabelle ergänzend zu zahlen. Minderjährige Kinder sind erhöht schutzwürdig, da sie sich in der Regel selbst nicht unterhalten können. Sie genießen damit bezüglich ihres Verhaltens eine gewisse Narrenfreiheit, so dass sie durch ihr Verhalten den Unterhaltsanspruch nicht verlieren, d.h. juristisch nicht "verwirken" können. Auch wenn sich minderjährige Kinder gegenüber dem zahlenden Elternteil undankbar verhalten oder den Kontakt ganz verweigern, führt dieses nicht dazu, dass kein Unterhalt mehr gezahlt werden muss.
- Ihre Unterhaltspflicht kann entfallen, wenn der das Kind betreuende Elternteil ein höheres Einkommen erzielt als Sie selbst.
- Gleiches ist anzunehmen, wenn Ihr Kind über ein so hohes Vermögen verfügt, dass es sich selbst unterhalten kann (z.B. Erbschaft, Einnahmen aus einer Mietimmobilie). Es braucht jedoch keinesfalls auf den Stamm des Vermögens zurückzugreifen und das Vermögen verbrauchen. Sie können es jedoch darauf verweisen, dass es aus dem Vermögen Erträge erzielt, die auf Ihre Barunterhaltszahlungen anzurechnen sind.
- Bezieht der betreuende Elternteil Kindergeld, ermäßigt sich Ihre Barunterhaltspflicht insoweit, als die Hälfte des Kindergeldes anzurechnen ist (§ 1612b BGB).
Volljähriges Kind: Lehrstellenverzicht und tätliche Angriffe
Für volljährige Kinder muss dann kein Unterhalt mehr gezahlt werden, wenn das Kind entweder ausreichende Einkünfte hat, um sich selbst versorgen zu können oder wenn der Unterhalt zahlende Elternteil nicht genügend verdient.
Ein Unterhaltsanspruch des volljährigen Kindes kann entfallen, wenn das Kind nach Beendigung seiner Schulausbildung verpflichtet ist, eine Lehrstelle oder nach Beendigung des Ausbildung eine Arbeitsstelle anzunehmen, und sich nicht um die Lehrstellen- oder Arbeitsstellensuche kümmert.
- Heiratet Ihr Kind, wird sein Ehepartner unterhaltspflichtig. Ihre Unterhaltspflicht entfällt. Dies gilt auch dann, wenn Ihr Kind bei der Hochzeit noch minderjährig ist. Eine Unterhaltspflicht kann sich dennoch nach dem Verwandtenunterhaltsrecht ergeben, wenn auch der Ehegatte selbst nicht leistungsfähig sein sollte.
- Gegenüber einem volljährigen Kind, kann Ihre Unterhaltsverpflichtung entfallen, wenn es eigene Einkünfte bezieht, durch eigenes Verschulden bedürftig wird, es sich schwerer Verfehlungen Ihrer Person gegenüber schuldig macht oder es seiner Arbeitspflicht nicht Folge leistet. Bloße Streitigkeiten bleiben dabei außer Betracht. Auch Alkoholismus oder Drogensucht sind für sich allein keine Gründe. In Betracht kommen allenfalls in Ausnahmefällen tätliche Angriffe, grobe Beleidigungen oder die grobe Vernachlässigung elterlicher Interessen (z.B. im Pflegefall).
Kind greift Eltern an oder verleumdet sie
Sofern das Kind Straftaten gegen die Eltern wie z.B. schwere Beleidigungen, körperliche Angriffe, Bedrohung der Eltern oder Verschweigen von eigenen Einkünften verübt, kann der Unterhaltsanspruch des Kindes entfallen. Ebenso kann das Kind seinen Unterhaltsanspruch dadurch verwirken, dass es den zahlungspflichtigen Elternteil in beruflicher und wirtschaftlicher Hinsicht schädigt oder in seinem Ansehen erheblich gefährdet. Schließlich kann das Kind noch durch die Herbeiführung seiner eigenen Bedürftigkeit aufgrund von Drogen- oder übermäßigen Alkoholkonsums seinen Unterhaltsanspruch verlieren.
Der Unterhaltsanspruch kann dann weiter entfallen, wenn das Kind durch sein eigenes Verhalten kein eigenes Einkommen verdient, obwohl es ihm zuzumuten wäre, oder wenn es sich durch sein Verhalten in erheblichem Umfang undankbar gegenüber dem zahlungspflichtigen Elternteil erwiesen hat.
Gerichte setzen Unterhaltsanspruch selten aus
Die Gerichte sind bei der Frage der Verwirkung des Unterhaltsanspruches durch ein volljähriges Kind sehr zurückhaltend. In einem Verfahren wird ermittelt, ob die Eltern für das Verhalten des Kindes nicht zumindest teilweise mitverantwortlich sind. Wenn ein Kind drogen- oder alkoholkrank ist, kann es nicht seinen Unterhaltsanspruch verwirken. Nur solange das volljährige Kind sein Handeln selbst kontrollieren kann und sein Verhalten von seinem eigenen Willen abhängt, besteht die Möglichkeit, dass Kinder keinen Unterhalt mehr verlangen könne.