Wenn die Grenzen der Geschlechter verfließen
Spüren tun sie es intuitiv ihr ganzes Leben lang und eines Tages sind sie sich sicher, dass sie eine Transidentität besitzen. Das bei der Geburt zugeordnete Geschlecht stimmt für manche Menschen nicht mit dem überein, mit dem sie sich identifizieren. Bereits in der Kindheit kann sich dies über verschiedene Symptome äußern. So können Transgender bereits als Kinder eher die Kleidung und die Spielzeuge des Geschlechts bevorzugen, dem sie bei der Geburt nicht zugeordnet wurden. Bei der Geburt dem männlichen Geschlecht zugeordnete Kinder ziehen etwa gerne Kleider an und bevorzugen Spiele, die eher mädchentypisch sind. Kinder, die bei der Geburt dem weiblichen Geschlecht zugeordnet wurden, möchten draußen sein, Fußball spielen und sich mit Jungs raufen. Dies allein muss jedoch noch lange nicht bedeuten, dass das Kind transgender ist. Darüber hinaus äußern viele Transgender-Kinder auch beharrlich, mit welchem Geschlecht sie sich identifizieren.
Natürlich lösen sich Klischees immer mehr auf und weder Jungen noch Mädchen hängen in typischen Geschlechterrollen fest. Der Unterschied ist jedoch, dass Transgender-Personen sich einfach mit dem anderen Geschlecht identifizieren und sich ihm zugehörig fühlen. Dies verstärkt sich meist im Laufe des Lebens und führt entweder zu einem frühen „Coming-Out“ und einem Leben als Transgender oder zur Verdrängung und einem nach außen hin genormten Leben. Mit Partner, Kindern und Eigenheim. Doch irgendwas fehlt in der Familie. Vielleicht spürt es die ganze Familie über Jahre hinweg. Irgendetwas fühlt sich nicht richtig an. Wenn ein Partner oder Elternteil eines Tages den Schritt zum Coming-Out beschreitet, sind vielleicht einige trotz Vorahnung wie vor den Kopf gestoßen oder mit der Situation überfordert. Viel zu weit weg von der eigenen Vorstellung und Lebenswelt ist die Transgeschlechtlichkeit, als dass es möglich ist, sich in die Rolle des Gegenübers zu versetzen. Erste Reaktionen sind deshalb wohl meistens Schock, Verleugnung, Wut und Verzweiflung.
Trennung und Scheidung wegen Geschlechtertausch
Ob Sie sich dazu entscheiden, weiter mit Ihrem Partner zusammen zu bleiben oder sich zu trennen, hängt von vielen Faktoren ab. Um es vorweg zu sagen: Die meisten Beziehungen enden durch die Geschlechtsanpassung bzw. Transition eines Partners in einer Trennung oder Scheidung. Zudem ist Ihnen wahrscheinlich auch nicht klar, ob Ihr Partner überhaupt auf Sie steht, rein körperlich gesehen. Oder ob Sie sich vorstellen können, mit einer Transfrau/ einem Transmann Sexualität zu leben. Dabei ist Transsexualität nicht gleichzusetzen mit Homosexualität. Die Geschlechtsanpassung bedeutet nicht gleichzeitig, dass sich die Partnerpräferenz verändert. Wenn Ihr Partner Sie bisher begehrt hat, wird sich daran womöglich auch nichts ändern. Obwohl nicht auszuschließen ist, dass dieser in Zukunft auch sexuell andere Erfahrungen sammeln möchte.
Etwas anders sieht dies womöglich in homosexuellen bzw. queeren Beziehungen an sich aus. Da das Thema sexuelle Identität in diesen Beziehungen oft viel präsenter ist und offener damit umgegangen wird, können queere Paare ggf. besser mit einer solchen Situation umgehen. Doch auch hier braucht es gewiss eine Zeit der Anpassung.
Wichtig ist lediglich, dass Sie sich klarmachen, dass die Möglichkeit durchaus besteht, dass Sie die Beziehung fortführen. Dies verlangt von Ihnen beiden großen Mut und noch mehr gegenseitige Liebe. Ist dies jedoch gegeben, kann Ihnen eine Trans-Beziehung gelingen. Beratung finden Sie hierzu beispielsweise bei der Selbsthilfeorganisation Trans-Ident e.V..
Auch wenn es womöglich zu Auseinandersetzungen kam: Es ist immer noch möglich, eine Trennung oder Scheidung wegen Transgeschlechtlichkeit einigermaßen geregelt ablaufen zu lassen. Machen Sie sich klar, dass Ihr Partner Sie nicht verletzen wollte. Der Wunsch nach einem anderen Leben ist keine Laune und auch keine Krankheit. Wäre es Ihnen etwa lieber gewesen, wenn Ihr Partner sein Innerstes weiterhin verleugnet hätte? Sie werden weiterhin mit demselben Menschen zu tun haben, der Ihnen Tee gekocht und den Kindern Geschichten vorgelesen hat. Bleiben Sie ruhig und behandeln Sie diesen weiterhin mit Respekt.
Probleme könnte es auch mit Reaktionen aus Ihrem Umfeld geben. Vielleicht haben Sie Glück und die Menschen um Sie herum werden Ihre Situation auf irgendeine Art und Weise verstehen. Sollten Sie Sätze darüber hören, dass das vielleicht an Ihnen liegt oder dass Ihr/e Ex geisteskrank ist, können Sie ohne schlechtes Gewissen das Weite suchen. Das Gute an Extremsituationen im Leben ist, dass Sie hinterher wissen, wer echte Freunde sind. Die Spreu trennt sich hier sicher schnell vom Weizen. Es wird eine Zeit dauern, aber Sie werden, wenn Sie dies wollen, auch in der Zukunft verbunden sein: Als Freunde, die gemeinsam durch dick und dünn gehen. Somit kann das Thema Transsexualität eine Chance sein, die ihnen bisher unbekannte Seiten des Lebens eröffnet und Ihnen dabei helfen kann, auch Ihr eigenes Potential zu leben.