Wer darf das Kind aus der Kita abholen?

Freitag, 07.10.2022 , geschrieben von iurFRIEND-Redaktion

In die Kita zu gehen, ist ein Meilenstein im Leben eines Kleinkindes. Damit geht für die gesamte Familie Veränderung einher. Oft entzünden sich dann Streitigkeiten, insbesondere nach der Trennung der Eltern: Wer holt und bringt das Kind? Braucht man eine Vollmacht zur Abholung? Wann dürfen Geschwisterkinder ein Kind vom Kindergarten abholen? In diesem Beitrag erfahren Sie, was nach der Scheidung beim Kitabesuch zu beachten ist.

Kind aus Kita abholen – wer entscheidet?

Nach der Trennung und Scheidung besteht das gemeinsame Sorgerecht der Eltern für das gemeinsame Kind unverändert fort. Dies bedeutet aber nicht, dass Entscheidungen in Angelegenheiten des Kindes immer von beiden Elternteilen gemeinsam getroffen werden müssen. Handelt es sich nämlich um eine Angelegenheit des täglichen Lebens des Kindes, ist der betreuende Elternteil berechtigt, allein zu entscheiden.

 

So hat das Oberlandesgericht Bremen (Beschluss vom 1.7.2008, Az. 4 UF 39/08) klargestellt, dass die Frage, wer das Kind aus der Kita abholen soll, eine Angelegenheit des täglichen Lebens ist: der betreuende Elternteil ist berechtigt, diese Entscheidung allein zu treffen. Das Gericht hat Folgendes klargestellt:

 

  • Die Notwendigkeit, über das Recht zur Abholung aus der Kita zu entscheiden, könne sich oft relativ kurzfristig ergeben, wenn der betreuende Elternteil das Kind nicht selbst abholen kann.
  • Dann muss der betreuende Elternteil in der Lage sein, eine schnelle Entscheidung zu treffen.
  • Müsste der Elternteil dazu den anderen Elternteilen noch um Zustimmung bitten, wäre eine praktikable Entscheidung kaum möglich.
  • Da mit der Frage der Abholung weder die Weichen für die Zukunft des Kindes gestellt werden, noch sich schwer abzuändernde Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes abzeichnen, handelt es sich gerade nicht um eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung.

 

Auch der Einwand des anderen Elternteils, dass es sich wegen der hochstrittigen Situation zwischen den Elternteilen auch für das Kind um eine wichtige Angelegenheit handele, die die Eltern gemeinsam entscheiden müssten, wurde zurückgewiesen. Dies sei lediglich die persönliche Sicht der Dinge. Damit die Abgrenzung zwischen gemeinsamem und alleinigem Entscheidungsrecht praktisch umsetzbar bleibt, müsse die Abgrenzung objektiv getroffen. Auch gelte es, zu verhindern, dass sich dieses Alltagsproblem in grundsätzlichen Erwägungen verliert und damit auch das Kind beeinträchtige.

 

Aber: Das Gerichtsurteil betrifft die Frage, ob die Elternteile aufgrund des gemeinsamen Sorgerechts gemeinsam entscheiden müssen. Soweit der Elternteil vorgetragen hatte, dass es zu einer Entfremdung mit dem Kind komme, weil er das Kind nicht in der Kita abholen dürfe, handelt es sich um eine Frage des Umgangs des Elternteils mit dem Kind und nicht um eine Frage der gemeinsamen Sorge.

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Wer ist abholberechtigt?

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Ungeachtet des alleinigen Entscheidungsrechts des betreuenden Elternteils können Sie untereinander jederzeit vereinbaren, wer das Kind bei der Kita abholt. Ist der umgangsberechtigte Elternteil daran interessiert, sich an der Betreuung und Erziehung des Kindes verantwortungsvoll zu beteiligen, sollten die Elternteile ein angemessenes Umgangsrecht vereinbaren und in der Vereinbarung auch die Frage regeln, ob und wann der Elternteil das Kind bei der Kita abholen darf. Letztlich kann eine einvernehmliche Regelung anlässlich der Scheidung eine erhebliche Belastung für den betroffenen Elternteil bedeuten, wenn er oder sie berufstätig ist oder aus persönlichen Gründen verhindert ist, das Kind aus der Kita abzuholen. Nicht zuletzt profitiert das Kind, wenn es den Kontakt zu beiden Elternteilen pflegt und das Gefühl hat, dass sich auch der nicht betreuende Elternteil verantwortungsvoll um sein Wohlergehen kümmert.

Wie entscheiden die Betreuer in der Kita?

Besteht das gemeinsame Sorgerecht fort, ist aus Sicht Dritter an sich jeder Elternteil berechtigt, das Kind in der Kita abzuholen. Die Mitarbeiter der Kita dürfen es einem sorgeberechtigten Elternteil nicht verweigern, das Kind in Empfang zu nehmen. Den Betreuern in der Kita wäre es nicht zuzumuten, prüfen zu müssen, ob ein Elternteil berechtigt ist, das Kind abzuholen.

 

Hat der betreuende Elternteil die Entscheidung getroffen, dass er oder sie das Kind immer persönlich abholt, sind die Betreuer nicht verpflichtet, diese Information zu berücksichtigen. Die Betreuer sitzen sozusagen zwischen den Stühlen. Streiten sich die Elternteile, sollten diese auf eine klare Regelung hinwirken. Gegebenenfalls nehmen Sie dazu die Beratung des Jugendamtes oder einer Beratungsstelle in Anspruch oder führen in letzter Konsequenz eine gerichtliche Entscheidung herbei. Dabei ist davon auszugehen, dass der betreuende Elternteil im Regelfall das alleinige Entscheidungsrecht zugesprochen bekommt, wer das Kind in der Kita abholt.

Vollmacht zur Abholung

Haben Sie sich im Rahmen einer Umgangsregelung verständigt, dass der nicht betreuende Elternteil das Kind in der Kita abholen darf, kann eine Vollmacht hilfreich sein. In dieser Vollmacht bevollmächtigten Sie als betreuender Elternteil den nicht betreuenden Elternteil, das Kind in der Kita abzuholen. Wichtig ist, dass Sie genaue Zeitangaben angeben, an welchen Tagen und zu welcher Uhrzeit dies der Fall sein soll. So wissen die Betreuer in der Kita, was Sache ist. Gleiches gilt natürlich für andere mögliche Abholpersonen, wie z.B. Großeltern oder Nanny. Ggf. hat die Kita noch eigene Regelungen oder stellt eine Liste bereit, in der Sie verschiedene Personen eintragen können.

Wie alt muss man sein, um ein Kind vom Kindergarten abzuholen?

Um ein Kind vom Kindergarten abzuholen, gibt es keine Altersgrenzen. Auch Geschwisterkinder können ein Kind vom Kindergarten abholen, wenn der betreuende Elternteil das Geschwisterkind beauftragt hat und das Geschwisterkind in der Lage ist, diese Aufgabe zu übernehmen. Auch hier ist hilfreich, wenn Sie dies mit den Betreuern in der Kita absprechen.

Alles in allem

Egal, ob es um das Sorgerecht oder das Umgangsrecht geht: Sie sollten stets im Auge behalten, was dem Kind dient. Nutzen Sie die damit verbundene Chance, sich selbst in der Betreuung des Kindes zu entlasten. Schaffen Sie sich Freiräume und ermöglichen Sie dem anderen Elternteil, sich am Alltag des Kindes zu beteiligen.

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