Das Thema Depression in der Ehe hat zwei Seiten. Einerseits kann dem Erkrankten die Lebensgemeinschaft eine feste Stütze geben und die Rückkehr zu einem weitgehend unbeschwerten Leben fördern. Das ist der Idealfall. Als Partner können Sie viel im Umgang mit depressiven Menschen tun. In erster Linie sind dies natürlich die natürliche emotionale Zuwendung und die Geborgenheit einer Gemeinschaft, die in schweren Zeiten Halt geben. Wenn eine Depression jedoch länger anhält und das alltägliche Leben beeinträchtigt, sollte ärztlicher Rat eingeholt werden.
Was Sie im Umgang mit jemand Depressivem tun können
Was ist beim Verdacht einer Depression des Partners besonders wichtig? Und was können Sie als Partner tun? Vor allem das offene Gespräch hilft. Denn Kommunikation ist der Schlüssel zur Besserung.
- Reden Sie mit Ihrem Partner über das, was ihn bedrückt. Vermeiden Sie dabei Vorwürfe!
- So banal dies klingt: Aktivitäten an der frischen Luft, Spaziergänge, Sport und Bewegung wirken manchmal Wunder.
- Motivieren Sie Ihren Partner, professionelle psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Der Gang zum Arzt stellt für viele Betroffene eine besondere Hürde dar. Für viele Menschen es noch als Eingeständnis von Schwäche, wegen eines psychischen Leidens zum Arzt zu gehen. Die psychologische Beratung durch einen Experten ist aber sehr wichtig. Bei der Bekämpfung der Volkskrankheit Depression sind in den letzten Jahrzehnten bedeutende Fortschritte gemacht worden. Vergessen Sie bitte nicht: Depressionen sind kein unabwendbares Schicksal – Depressionen sind heilbar. Entscheidend ist aber vor allem der Wille des Partners, sich helfen zu lassen.
Depression kann eine Ehe belasten
Manchmal wird die Depression jedoch zu einer Belastung für die Ehe selbst. Der Partner stößt irgendwann an seine eigenen psychischen Grenzen. Die Depression wird so stark, dass sie auch die Gesundheit des anderen Partners gefährdet. Depressionen sind facettenreich: Manchmal verschließt sich der depressive Partner vollständig. Er zieht sich zurück, wirkt wie erstarrt, er zeigt eine emotionale Kälte, die regelrecht erschreckend wirkt. Oft ist eine Depression die Ursache für Suchtkrankheiten. Viele Depressive suchen Trost im Alkohol – mit den bekannten negativen Folgen für sie selbst und ihr Umfeld.
Manche Ehepartner sehen dann keinen anderen Ausweg mehr als eine Scheidung oder Trennung. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn sich der Depressive weigert, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es ist dann für jeden Ehepartner eines Depressiven wichtig, die Grenzen seiner eigenen Möglichkeiten zu erkennen. Wenn Sie selbst so weit gekommen sind, dass Sie ernsthaft über eine Scheidung und Trennung wegen Depression nachdenken, sollten Sie über die rechtlichen Voraussetzungen Bescheid wissen, bevor Sie einen falschen Schritt tun. Zwei Dinge sind dabei besonders wichtig:
- Ob eine Ehe geschieden wird, bestimmt sich danach, ob diese gescheitert ist. Das ist ein objektives Kriterium. Es kommt nicht darauf an, wer das Scheitern der Ehe zu verantworten hat.
- Für das Scheitern der Ehe gelten unwiderlegbare gesetzliche Vermutungen, die sich an der Dauer der Trennung orientieren.
Wann ist eine Ehe gescheitert?
Wenn die Ehe gescheitert ist, kann sie gemäß § 1565 Abs. 1 Satz 1 BGB geschieden werden.
Die Ehe ist gescheitert, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wiederherstellen.
Es spielt dabei keine Rolle, warum die Ehe gescheitert ist: Es zählt nur der objektive Tatbestand des Scheiterns. Auch die Depression eines Ehepartners kann zu einer völligen Entfremdung führen, die ein Scheitern der Ehe zur Folge hat.
Bei der Scheidung sind zwei Regelfälle zu unterscheiden, für die das Gesetz eine unwiderlegbare Vermutung des Scheiterns einer Ehe aufstellt:
Auch wenn dieses Prinzip auf den ersten Blick sehr einfach wirkt, ist es in jedem Fall wichtig, anwaltlichen Rat einzuholen, um die jeweiligen konkreten Umstände unter juristischen Aspekten zu beurteilen.
Erste Schritte bei Trennung wegen Depression
Wenn Sie nicht mehr mit Ihrem Partner zusammenleben wollen, wird Ihnen ein Anwalt wahrscheinlich raten, sich zunächst von Ihrem Partner zu trennen. Den Ausdruck Trennung können Sie wörtlich nehmen – damit ist auch im Sinne des Gesetzes ein faktisches Auseinandergehen gemeint. Beispiel: Sie ziehen in eine andere Wohnung.
Die Trennung wegen Depression hat vor allem zwei Gründe:
- Sie selbst werden psychisch entlastet und schaffen sich damit die Chance für einen Neustart. Oft hilft eine Trennung auch dem depressiven Partner.
- Die Trennung schafft die Voraussetzungen für eine Scheidung.
Wenn Sie sich ernsthaft mit dem Gedanken einer Scheidung tragen, ist es wichtig, diesen ersten Schritt zu tun. Denn die reale Trennung hat auch rechtlich eine entscheidende Bedeutung.
Trennung unter einem Dach
Eine Trennung muss nicht unbedingt mit einem Wohnungswechsel verbunden sein. Es reicht aus, dass die Ehepartner innerhalb der gemeinsamen Wohnung getrennt leben. Wenn Sie sich beispielsweise einen Umzug finanziell nicht leisten können, beginnen Sie mit einer klaren Trennung von Tisch und Bett innerhalb der eigenen Wohnung!
Scheidung wegen Depression
Bestimmt wird es Ihnen in erster Linie zunächst auf eine räumliche Trennung von Ihrem Partner ankommen. Wenn Sie diese bewältigt haben, ist schon ein großer Schritt getan. Im Anschluss daran stellt sich oft die Frage der Ehescheidung, beispielsweise beim Wunsch nach der Heirat mit einem neuen Partner. Für die Scheidung – also die rechtliche Auflösung der Ehe – kommt es im Wesentlichen auf die Dauer der Trennung an:
- Ohne eine Trennung oder vor dem Ablauf des ersten Trennungsjahrs ist es sehr schwierig, allein wegen einer Depression des Partners eine Scheidung zu erreichen – sogar dann, wenn auch der Antragsgegner der Auflösung der Ehe zustimmt.
- Nach einem Jahr Trennung ist die Scheidung möglich, wenn beide Ehepartner dies wollen.
- Nach drei Jahren Trennung wird kraft Gesetzes zwingend vermutet, dass die Ehe zerrüttet ist. Der Partner, der die Ehescheidung nicht will, kann jetzt nur noch in engen Ausnahmefällen einen Härtefall geltend machen. In der Regel reicht auch hier allein das Argument einer Depression nicht aus.
Härtefälle bei Scheidung und Trennung wegen Depression
Die Ausnahme von den Regelfällen bilden die Härtefälle – entweder für den Antragsteller oder den Antragsgegner einer Scheidung:
- Härtefall 1 (für den Antragsgegner): Die Aufrechterhaltung der Ehe ist ausnahmsweise geboten, obwohl diese gescheitert ist (§ 1568 BGB).
- Härtefall 2 (für den Antragsteller): Vorzeitige Scheidung ohne Trennungsjahr. Die Fortsetzung der Ehe ist für den Antragsteller unzumutbar – und zwar aus Gründen, die in der Person seines Ehepartners liegen (§ 1565 Abs. 2 BGB).
Die vom Gesetzgeber gewählten Formulierungen für Härtefälle sind sehr scharf. Allein in § 1568 BGB finden sich folgende Wendungen:
- Eine sofortige Ehescheidung muss aus besonderen Gründen ausnahmsweise notwendig sein.
- Die Einhaltung des Trennungsjahres muss aufgrund außergewöhnlicher Umstände eine besondere Härte darstellen.
- Eine sofortige Scheidung ist ausnahmsweise geboten.
Dies zeigt, dass die Aufrechterhaltung einer an sich gescheiterten Ehe die absolute Ausnahme ist. Zwei Faktoren können diese Ausnahmefälle begründen: das Interesse der minderjährigen Kinder oder eine außergewöhnliche Härte für den Antragsgegner.
Gerichtsentscheidungen zu Scheidung und Trennung wegen Depression (Härtefall 1)
Wer sich aufgrund einer Depression auf einen Härtefall im Sinne von § 1568 BGB beruft, hat zumeist sehr geringe Chancen. Stichworte sind hier: die Schwere der Depression, die Eigenverantwortlichkeit des psychisch Erkrankten, die üblicherweise mit einer Scheidung einhergehenden Belastungen. Einige Beispiele:
- Die psychischen Folgen, die erst durch die Trennung auftreten, begründen keinen Härtefall. Hier ist streng zwischen der Trennung der Partner und der Aufhebung der Ehe zu unterscheiden. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Antragsgegner eine fachärztliche Behandlung seiner Depressionen ablehnt (OLG Brandenburg, Urteil vom 6. November 2008, 9 UF 50/08).
- Eine Depression allein ist kein Grund, die Ehe aufrechtzuerhalten, wenn der Antragsgegner selbst in der Lage ist, Hilfe in Anspruch zu nehmen, aber diese Hilfe ablehnt. Wenn er sich nicht behandeln lassen will und dies zu einer Verschlimmerung der Depression führt, liegt kein Härtefall vor (OLG Stuttgart, Urteil vom 19. September 1992, 16 UF 181/91).
- Es reicht für die Annahme eines Härtefalls ebenfalls nicht aus, dass sich ein psychisch labiler Antragsgegner von der Ehe Halt verspricht (OLG Schleswig, Palandt, § 1568 Rn. 6).
- Die seelische Belastung durch eine Scheidung muss der Antragsgegner hinnehmen. Dies gilt auch dann, wenn er meint, sich mit der Trennung nicht abfinden zu können (BGH, Urteil vom 31. Januar 1979, IV ZR 72/78).
Diese beispielhaften Urteile machen den Ausnahmecharakter der Härtefallregelung des § 1568 BGB mehr als deutlich. Der Gesetzgeber hat sich bewusst für das Zerrüttungsprinzip entschieden: Wenn eine Ehe gescheitert ist, kann sie geschieden werden – und die gesetzliche Vermutung für eine Zerrüttung orientiert sich allein an der Dauer der Trennung. Auch Depressionen können dazu führen, dass sich Ehepartner auseinanderleben. Wenn sich die Eheleute daraufhin trennen, reicht nach drei Jahren grundsätzlich der Antrag eines einzelnen Ehegatten aus, um die Ehe aufzulösen.
Die Beweislast des Antragsgegners
Wenn der Antragsgegner vorbringt, dass aufgrund seiner Depression die Scheidung für ihn eine außergewöhnliche Härte sei, muss er dies umfassend darlegen. Denn die Vermutung des Gesetzes geht vor: Die Ehe ist gescheitert, die Ehepartner leben seit drei Jahren getrennt, die Ehe muss auf Antrag geschieden werden.
Daraus folgt: Die Beweislast für einen Ausnahmefall liegt beim Antragsgegner. Er hat zum Beispiel im Einzelnen darzulegen, wie schwer er durch eine Erkrankung im Alltag behindert wird. Zusätzlich muss er vorbringen, dass die Scheidung an sich (nicht nur die Trennung!) für ihn eine schwere und unzumutbare Härte bedeuten würde.
Anwaltliche Beratung hilft beim Vorbringen von Argumentationsketten
Gerade bei Scheidungsverfahren vor dem Hintergrund einer psychischen Erkrankung zeigt es sich, wie wichtig kompetente Rechtsberatung ist. Inwieweit eine Depression einen Härtefall begründen kann, ist im Wesentlichen auch eine Frage des Vorbringens von Fakten und der geschickten Argumentation. Ein kompetenter Rechtsanwalt für Scheidungsrecht hilft Ihnen dabei, Ihre Interessen durchzusetzen.
Bedenken wegen der Reaktion des depressiven Partners?
Schuldgefühle sind in Scheidungverfahren, die vor dem Hintergrund einer Depression des Antragsgegners stattfinden, nicht selten. Bitte bedenken Sie aber immer: Ihr Partner ist letztlich für sein Schicksal selbst verantwortlich. Sie kennen Ihren Partner gut und wissen selbst, wann Ihre Hilfe an die Grenzen des Machbaren stößt. Dann aber zeigt der Entschluss zu einer Scheidung und Trennung wegen Depression auch ein großes Verantwortungsbewusstsein.
Sogar dann, wenn sich ein Ehepartner aufgrund einer schweren seelischen Belastung durch die Scheidung als selbstmordgefährdet einstuft, rechtfertigt dies allein nicht die Annahme eines Härtefalls im Sinne von § 1568 BGB. Kein Ehepartner kann durch das Aufrechthalten einer gescheiterten Ehe vor einer Fehlreaktion geschützt werden, die er letztlich selbst zu verantworten hat.
Sprechen Sie heute noch mit jemandem. An folgende kostenlose Nummern können Sie sich wenden und erhalten Hilfe von offiziellen Stellen.
Telefonseelsorge: 0800 11 10 111
Info-Telefon Depression: 0800 33 44 533
Scheidung ohne Trennungsjahr wegen Depressionen
Im zweiten Härtefall ist die Konstellation umgekehrt: Das Trennungsjahr ist noch nicht erfüllt, der Antragsteller wünscht jedoch eine vorzeitige Scheidung. Wenn Sie als Ehepartner eines Depressiven eine Scheidung der Ehe ohne oder vor Ablauf des Trennungsjahres erreichen wollen, ist dies ebenfalls sehr schwierig. Denn das bloße Scheitern einer Ehe reicht hierfür nicht aus – auch dann nicht, wenn dieser Tatbestand zweifelsfrei feststeht.
Voraussetzung für eine Scheidung nach § 1565 Abs. 2 BGB ist nicht nur, dass das bloße Zusammenleben eine unzumutbare Härte für Sie bedeutet und dass der Grund dafür in der Person Ihres Ehepartners liegt. Das bloße Weiter-miteinander-verheiratet-Sein (also die rechtliche Bindung der Eheleute) muss darüber hinaus für Sie unzumutbar sein. Allein eine Depression reicht dafür in der Regel nicht aus. Hinzukommen müssen weitere Umstände.
Gerichtsentscheidungen zu Scheidung und Trennung wegen Depression (Härtefall 2)
Auch zur Scheidung ohne Trennungsjahr gibt es eine Vielzahl von Gerichtsentscheidungen. Eine unzumutbare Härte wurde zum Beispiel angenommen bei
- Misshandlungen des Ehegatten und anderer Familienmitglieder (OLG Stuttgart, Beschluss vom 30. März 1988, 17 WF 98/88),
- Beleidigungen, Demütigungen, ernsthaften Bedrohungen (OLG Brandenburg, Beschluss vom 18. Januar 2001, 9 UF 166/00).
Eine unzumutbare Härte wurde dagegen nicht angenommen bei
- einem Fehlverhalten, das auf einer psychischen Krankheit beruht (OLG Brandenburg, Beschluss vom 5. Oktober 1994, 9 WF 124/94),
- einer einmaligen körperlichen Misshandlung im Affekt (OLG Stuttgart, Urteil vom 27. Februar 2001, 17 UF 411/00),
- bloßen Lieblosigkeiten (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 2. April 2013, I-3 Wx 147/12).
Bei depressiven Menschen sind Gewalttätigkeiten erfahrungsgemäß eine Ausnahme. Symptome einer Depression sind eher das Zurückziehen oder eine emotionale Kälte, unter der der Partner leidet. Andererseits kann eine Depression den Grundstein für ein Suchtverhalten legen – und Gewalttätigkeiten unter Alkoholeinfluss sind nicht selten. Die eigentliche Ursache, die Depression, ist dann aber nicht als unzumutbare Härte einzuordnen.
Blitzscheidungen mit hohen Kosten(risiken) verbunden
In der Regel ist es nicht ratsam, eine sogenannte Blitzscheidung zu verlangen. Ein solches Vorgehen ist mit hohen prozessualen (und Kosten-)Risiken verbunden. Konzentrieren Sie sich deshalb zunächst auf