Wer kann eine Getrenntlebendbescheinigung ausstellen?
Trennen Sie sich oder leben Sie getrennt, gibt es keine Institution und auch sonst keine offizielle Stelle die Ihnen eine Getrenntlebendbescheinigung ausstellen kann. Auch wenn Sie dem Einwohnermeldeamt eine neue Wohnadresse mitteilen, kann und wird das Einwohnermeldeamt nicht bescheinigen, dass Sie von Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin getrennt leben. Es ist und bleibt ausschließlich Ihre Aufgabe, den Nachweis zu führen, dass Sie getrennt voneinander leben und in der Konsequenz das Trennungsjahr vollzogen haben. Letztlich obliegt es im Zweifel dem Familiengericht, verbindlich festzustellen, zu welchem Zeitpunkt Sie sich getrennt haben und wie lange Sie getrennt voneinander leben.
Podcast:
Voraussetzungen für die Scheidung
Warum ist das Trennungsjahr so wichtig?
Ihr Rechtsanwalt oder Ihre Rechtsanwältin muss im Scheidungsantrag vortragen, dass Sie getrennt leben und das Trennungsjahr vollzogen haben. Ihr Ehepartner kann dazu Stellung nehmen und seinerseits vortragen, was er oder sie zum Trennungszeitpunkt und zum Vollzug des Trennungsjahres zu sagen hat. Der Vollzug des Trennungsjahres ist zwingend Voraussetzung, bevor Sie den beim Familiengericht einreichen können. Der Gesetzgeber will nämlich beiden Ehepartner vor Augen führen, dass sie sich klar entscheiden müssen, ob die Scheidung wirklich gewollt ist oder ob vielleicht doch noch die Chance auf eine Versöhnung besteht.
Der Richter oder die Richterin wird Sie im Scheidungstermin persönlich fragen, wann Sie sich getrennt haben und ob Sie getrennt voneinander leben. Stimmen Sie mit Ihrem Ehepartner oder Ihrer Ehepartnerin darin überein, dass Sie ein Jahr getrennt leben, wird das Gericht nicht weiter nachfragen und sich auf Ihre Angaben im Scheidungsantrag verlassen. Sie brauchen daher auch keine Meldebescheinigung über eine neue Wohnadresse oder einen neuen Mietvertrag vorzulegen oder gar Zeugen für Ihre Trennung zu benennen.
Ein Problem könnte aber dann entstehen, wenn Ihr Ehepartner oder Ihre Ehepartnerin bestreitet, dass das Trennungsjahr abgelaufen ist. Im ungünstigsten Fall erklärt er oder sie im mündlichen Scheidungstermin auf Nachfrage des Gerichts, dass Sie noch kein Jahr getrennt voneinander leben. Auch widersprüchliche Angaben könnten sich als Stolperfalle herausstellen. In diesem Fall müsste das Gericht prüfen, wer Recht hat. Stellt sich heraus, dass das Trennungsjahr noch nicht abgelaufen ist, muss das Gericht Ihren Scheidungsantrag zurückweisen. Sie können dann noch nicht geschieden werden. Nur dann, wenn Sie den Vollzug des Trennungsjahres zur Überzeugung des Gerichts nachweisen können, kann das Gericht das Scheidungsverfahren fortführen.
Wie beweisen Sie notfalls, dass Sie getrennt leben?
Im einfachsten Fall verständigen Sie sich mit Ihrem Ehepartner oder Ihrer Ehepartnerin, dass Sie die Tatsache Ihrer Trennung schriftlich auf einem Stück Papier dokumentieren. Beide Partner unterschreiben die Erklärung, in der festgehalten wird, dass Sie sich zu einem bestimmten Datum getrennt haben. Diese Erklärung ist dann Ihre Getrenntlebendbescheinigung.
Es genügt, wenn Sie ein Stück Papier verfassen, auf dem Sie niederschreiben, dass Sie beispielsweise am 18.112022 aus der gemeinsamen ehelichen Wohnung in der Hauptstraße 33 in Düsseldorf ausgezogen sind. Lassen Sie sich von Ihrem Ehepartner den Auszug aus der Wohnung auf diesem Stück Papier mit seiner Unterschrift bestätigen. Dann sind Sie Besitz des Nachweises für Ihre Trennung. Wichtig ist, dass Sie den Trennungsbrief mit einem Datum versehen und unterschreiben. Vorteilhaft wäre, wenn Sie auch die Umstände kurz beschreiben, wie Sie die Trennung vollziehen, ohne aber den Partner oder die Partnerin mit der Formulierung zu provozieren.
Wenig zielführend ist, wenn Sie den Trennungsbrief mit der Post zustellen. Dann haben Sie keinen Nachweis, dass der Brief tatsächlich in den Briefkasten des Partners oder der Partnerin gelangt ist. Auch ein Einwurfeinschreiben ist kein sicherer Nachweis dafür, dass der Briefumschlag Ihren Trennungsbrief enthalten hat. Sie könnten ja auch einen leeren Briefumschlag verschickt haben.
Sie können auch Ihren Rechtsanwalt oder Ihre Rechtsanwältin beauftragen, dass die Kanzlei ein kurzes offizielles Schreiben an den anderen Ehepartner richtet, in der die Kanzlei feststellt, dass Sie sich getrennt haben und nunmehr getrennt leben. Auch wenn dieses Schreiben noch keinen absoluten Beweis für das Datum Ihrer Trennung darstellt, ist es dennoch ein gewichtiges Indiz, mit dem Sie im Streitfall argumentieren können. Bestenfalls fühlt sich Ihr Partner oder Ihre Partnerin herausgefordert und bestätigt im Schriftverkehr auch noch die Umstände Ihrer Trennung.
Gelingt es Ihnen nicht, Ihre Trennung schriftlich zu dokumentieren, müssen Sie zu anderen Beweismitteln greifen. Ein Indiz für Ihre Trennung ist, wenn Sie aus der ehelichen Wohnung ausziehen und sich mit Ihrer neuen Wohnadresse beim Einwohnermeldeamt anmelden. Genauso kann der Abschluss eines neuen Mietvertrages als Indiz herhalten.
Unterschied von Indizien und Beweisen
Rechtlich ist ein Indiz nicht unbedingt ein Beweis, sondern allenfalls ein Anhaltspunkt, der sich mit anderen Umständen zu einem Beweis verdichten kann. Die gemeinsam unterzeichnete Getrenntlebendbescheinigung hätte hingegen einen echten Beweiswert.
Änderung der Steuerklasse
Ein Indiz für Ihre Trennung kann auch Ihre „Erklärung zum dauernden Getrenntleben“ darstellen, mit der Sie dem Finanzamt mitteilen, dass Sie infolge Ihrer Trennung vom Ehepartner oder von der Ehepartnerin zum folgenden Kalenderjahr die Steuerklasse wechseln wollen. Dieses Formular ist seit 01. Oktober 2021 auch online bei ELSTER verfügbar. Übrigens finden Sie dort auch ein Formular für die Erklärung zur Wiederaufnahme der ehelichen bzw. lebenspartnerschaftlichen Gemeinschaft, falls es wieder zur Versöhnung kommen sollte.
Auch ein Zeugenbeweis kommt in Betracht. Als Zeugen kommen Nachbarn, Verwandte und sogar die eigenen Kinder in Frage. Zeugen könnten bestätigen, dass Sie oder der Partner oder die Partnerin zu einem bestimmten Zeitpunkt aus der Wohnung ausgezogen sind.
Ob Sie allerdings Ihre Kinder tatsächlich in Ihre Beweisführung einbeziehen wollen, sollten Sie sich wegen der möglichen psychischen Belastung für Ihre Kinder genau überlegen. Auf jeden Fall müssen Sie damit rechnen, dass das Familiengericht darauf bestehen könnte, die Zeugen mündlich anzuhören und sich nicht damit zufriedengibt, was Sie im Hinblick auf das Trennungsdatum behaupten. Mit einer Getrenntlebendbescheinigung lassen sich derartige Beweisprobleme jedenfalls weitgehend vermeiden.
Kein falsches Datum untereinander ausbaldowern
Lassen Sie sich nicht darauf ein, in Absprache mit Ihrem Ehepartner oder Ihrer Ehepartnerin den Trennungszeitpunkt wahrheitswidrig auf einen früheren Zeitpunkt vorzuverlegen, so dass das Trennungsjahr scheinbar abgelaufen ist. Sie riskieren, dass der Partner oder die Partnerin später oder auf die Frage des Familiengerichts sich in Widersprüche verstrickt oder die Wahrheit auf den Tisch legt und Ihre ursprünglich übereinstimmende Erklärung bestreitet. Das Gericht wird dann Ihren Scheidungsantrag gebührenpflichtig zurückweisen. Auch setzen Sie sich dem Risiko des Prozessbetruges aus.
Wie handhaben Sie Ihre Trennung innerhalb der ehelichen Wohnung?
Ziehen Sie aus der gemeinsam genutzten Ehewohnung aus, müssen Sie eine eigene Wohnung bezahlen und wahrscheinlich einen eigenen Hausstand begründen. Ist die finanzielle Belastung zu hoch, könnten Sie die Trennung vom Partner oder der Partnerin auch innerhalb Ihrer gemeinsamen ehelichen Wohnung vollziehen.
Voraussetzung für den Vollzug der Trennung ist, dass Ihre Wohnung groß genug ist, um jedem Partner wenigstens einen Raum zur ausschließlichen Nutzung zuzuweisen. Lediglich gemeinschaftliche Räume, wie Küche oder Badezimmer, dürfen Sie gemeinsam nutzen. Gegenseitige Unterstützungsleistungen sind aber tabu. Sie brauchen sich zwar nicht zwanghaft aus dem Wege zu gehen, sollten sich aber davor hüten, Mahlzeiten gemeinsam einzunehmen, oder an Familienfeiern teilzunehmen. All dies könnte Ihrer Trennung widersprechen. Auch riskieren Sie, dass scheinbare Versöhnungsversuche den Ablauf des Trennungsjahres behindern.
Ob die Trennung innerhalb der Wohnung die notwendige Distanz erlaubt, die Trennung auch emotional zu vollziehen, müssen Sie sich selbst beantworten. Jedenfalls dürfte es so sein, dass die Trennung innerhalb der ehelichen Wohnung auf Dauer kein Zustand ist und Sie früher oder später eine bessere Lösung finden müssen.
Wie teilen Sie dem Finanzamt mit, dass Sie dauernd getrennt leben?
Trennen Sie sich, müssen Sie zu Beginn des nächsten Kalenderjahres Ihre Steuerklassen ändern. Ab dem 1. Januar des folgenden Kalenderjahres werden Sie steuerrechtlich als Singles betrachtet, unabhängig davon, ob Sie die Scheidung bereits eingereicht oder vollzogen haben. Nehmen Sie den Steuerklassenwechsel bei Trennung nicht vor, riskieren Sie empfindliche Steuernachzahlungen. Der Steuerklassenwechsel erfolgt allerdings nicht automatisch, sondern muss beantragt werden. Dafür hält der Fiskus eigens ein Formular bereit.
Im August getrennt, im Januar die Steuerklasse wechseln
Sie haben sich am 10.8.2021 getrennt. Sie müssen dann zum 1.1.2023 [CK1] Ihre Steuerklassen ändern. Aber: Es kommt nicht darauf an, wie lange Sie bereits getrennt leben. Entscheidend ist, dass Sie sich getrennt haben und in der Konsequenz zum Beginn des kommenden Kalenderjahres Ihre Steuerklassen anpassen müssen. Er ist also auch nicht so, dass Sie die Steuerklasse erst nach Ablauf des Trennungsjahres oder erst nach der Scheidung ändern müssten.
Die Änderung der Steuerklassen wird im Regelfall nachteilig sein. Waren Sie verheiratet und wurden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt, haben Sie bislang vom steuergünstigen Ehegatten-Splitting profitiert und haben weniger Einkommensteuer gezahlt. Ändern Sie wegen Ihrer Trennung Ihre Steuerklassen, entfällt die Besteuerung nach dem Ehegatten-Splitting. Sie zahlen also mehr Einkommensteuer als während Ihrer Ehe. Insoweit kann es günstiger sein, wenn Sie sich mit der Trennung Zeit lassen und für das laufende Jahr noch nach dem Ehegatten-Splittingtarif besteuert werden.
Sollte man sich kurz vor Jahreswechsel trennen?
Sie beabsichtigen, sich am 28.12.2022 zu trennen. Folgerichtig müssen Sie dann zum 1.1.2023 Ihre Steuerklassen anpassen. Besser wäre, wenn Sie die Trennung erst ab dem 1.1.2023 vollziehen. Damit nutzen Sie auch noch für das ganze Jahr 2023 die Besteuerung nach dem Ehegatten-Splitting.
Berücksichtigen Sie, dass der Ehepartner Anspruch darauf hat, im Trennungsjahr gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt zu werden (BGH, Urteil vom 18.11.2009, Az. XII ZR 173/06). Beide Ehepartner sind verpflichtet, der gemeinsamen Veranlagung zuzustimmen, um die Steuerbelastung des Partners zu reduzieren. Sie dürfen Ihre Zustimmung lediglich davon abhängig machen, dass der Partner oder die Partnerin Sie von einer eventuellen Steuernachzahlung aufgrund der Zusammenveranlagung freistellt. Zahlen Sie aufgrund Ihrer geringen Erwerbseinkünfte ohnehin keine Steuern, kann Ihnen auch kein steuerlicher Nachteil entstehen.
Können Eheleute getrennte Wohnsitze haben?
Sind Sie verheiratet, sparen Sie Einkommensteuern. Trotzdem besteht keine Verpflichtung, auch gemeinsam in einer ehelichen Wohnung zu wohnen. So hat das Finanzgericht Münster (Urteil vom 22.2.2017, Az. 7 K 2442/15) klargestellt, dass auch langjährig getrenntlebende Ehepartner gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt werden können.
Das Gericht habe nach persönlicher Anhörung der Parteien festgestellt, dass die Eheleute zwar räumlich, nicht aber persönlich und geistig getrennt leben. In diesem Fall kam hinzu, dass der Auszug der Ehefrau durch die schwierige familiäre Situation mit der im selben Haus lebenden pflegebedürftigen Mutter des Ehemannes begründet gewesen sei. Ungeachtet dessen hätte sich das Paar weiterhin regelmäßig abends und an Wochenenden getroffen und gemeinsame Ausflüge, Urlaube und sonntägliche Kirchenbesuche getätigt. Dieses Modell des Zusammenlebens, auch als „living apart together“ bezeichnet, dürfte ebenso gut zutreffen, wenn Sie aufgrund beruflicher Gegebenheiten zwei Wohnsitze unterhalten. Sie sollten also zumindest nachvollziehbare Gründe haben, warum Sie nicht in derselben Wohnung leben.