Warum gibt es den Versorgungsausgleich?
In einer Ehe entschließen sich Partner häufig nach einigen Jahren, eine Familie zu gründen. Um die Kinder zu betreuen, ist es in Deutschland üblich, dass einer der Eheleute zumindest vorübergehend zu Hause bleibt und keiner Berufstätigkeit nachgeht.
In dieser Zeit erwirbt er nur sehr geringe Rentenanwartschaften, da die Kindererziehungszeiten erst seit kurzem zu einem geringen Teil berücksichtigt werden.
Der arbeitende Ehepartner hat somit die Chance, weiterhin Rentenansprüche für sich zu erwerben. Dagegen erwirbt der die Kinder betreuende Ehepartner nur in eingeschränktem Maße Rentenansprüche. Da die Entscheidung, Kinder zu bekommen, die Entscheidung von beiden Ehepartnern ist, ist es nach allgemeinem Verständnis ungerecht, wenn nach einer Scheidung nur der immer berufstätige Ehegatte seine vollen Rentenansprüche behält und der die Kinder betreuende Ehegatte in Bezug auf seine Rentenansprüche einen Nachteil erleidet.
Deswegen hat der Gesetzgeber im Jahre 1977 einen Rentenausgleich, den Versorgungsausgleich, geschaffen. Wer seine Scheidungskosten berechnen will und wirklich alles miteinbezieht, landet früher oder später hier.
Rentenversicherungsbeiträge zahlen Angestellte UND Selbstständige
Bei Arbeitnehmern wird ein Teil des Lohnes einbehalten und an die gesetzliche Rentenversicherung abgeführt. Daneben zahlt auch der Arbeitgeber einen Anteil zur gesetzlichen Rentenversicherung für jeden seiner Arbeitnehmer. Freiberufler wie z.B. Ärzte, Rechtsanwälte, Architekten, Künstler etc. sind in der Regel Mitglieder eines berufsständischen Versorgungswerks, welches die Zahlung einer Rente garantieren soll. Auch hierfür müssen Freiberufler monatlich Beiträge zahlen. Hierfür erwerben sie ebenfalls Ansprüche auf eine Rentenzahlung.
Eine Scheidung ohne Versorgungsausgleich gibt es nur, wenn das Ehepaar dies wirksam im Vorhinein, meist über einen Ehevertrag, ausgeschlossen hat. Gleichsam ist es beiden (Ex-)Partnern aber auch möglich, einen durchgeführten Ausgleich nachträglich abändern zu lassen, falls die Voraussetzungen dafür vorliegen.
Was fällt in den Versorgungsausgleich?
In den Versorgungsausgleich bei Scheidung werden fast alle Anwartschaften und Ihre laufenden, bereits in Anspruch genommenen Altersversorgungsbezüge einbezogen. Anwartschaft bedeutet, dass Sie aufgrund Ihrer laufenden Zahlungen in einen Altersvorsorgevertrag oder eine Rentenkasse das Recht erwerben, bei Eintritt eines bestimmten Lebensalters eine Altersversorgung zu beziehen. Ihre bis dahin bestehende Anwartschaft erwächst in einen konkreten Anspruch auf Zahlung einer Rente.
Für den Versorgungsausgleich bei Scheidung kommen in Betracht:
- Gesetzliche Rentenversicherung (Deutsche Rentenversicherung Bund = BfA = Bundesanstalt für Angestellte; Deutsche Rentenversicherung eines Bundeslandes; Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See)
- Beamtenversorgung (Pensionsansprüche)
- Ansprüche als Berufssoldat
- Betriebliche Altersversorgung
- Tariflich vereinbarte Zusatzversorgungen
- Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes (RZVK; KZVK)
- Berufsständische Altersversorgung (Freiberufler)
- Private Rentenversicherungen (z.B. Riesterrente; Rürup-Rente)
- Private Kapitallebensversicherung, sofern Sie bereits ein Rentenwahlrecht ausgeübt haben
- Rentengleich wiederkehrende Leistungen (z.B. Altershilfe für Landwirte)
Wie fülle ich den Fragebogen für den Versorgungsausgleich aus?
Mit den Angaben in diesem Fragebogen können Ihre Rentenanwartschaften bei der Scheidung richtig aufgeteilt werden.
Großes zusammenbringen statt weniges zu teilen
Manchmal wären die Ansprüche bei einem der Versorgungsträger bei einer Halbteilung derart gering, dass sich der Verwaltungsaufwand für den Versorger, aber auch die Auszahlungssumme an die beiden Ex-Ehepartner nicht rentieren würde. Ein Versorgungsträger kann dann gegen einen Ausgleich diese Ansprüche an einen anderen Träger transferieren (externe Teilung), der das ehemalige Paar „im größeren Stil“ bedient und den Verwaltungsaufwand ohnehin stemmt.
Welche Zeiten fallen in den Versorgungsausgleich?
Die Fristen, in denen Ansprüche in den Versorgungsausgleich bei Scheidung einbezogen werden, beginnen vom 1. Tag des Monats Ihrer Eheschließung und enden am letzten Tag des Monats vor der Zustellung des Scheidungsantrags durch das Familiengericht an Ihren Ehepartner.
Versorgungsausgleich bei Scheidung nach 20 Jahren
Sie haben am 18. September 1999 geheiratet. Der Ehegatte beantragt im Mai 2021 die Scheidung. Der Scheidungsantrag wird Ihnen am 12. Mai 2021 durch das Familiengericht zugestellt. Der Versorgungsausgleich bei Scheidung berechnet sich daher für den Zeitraum vom 1. September 1999 bis zum 30. April 2021.
Obacht zu geben ist bei der Aufstellung von Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung der Deutschen Rentenversicherung Bund (früher BfA). Hier kommt es darauf an, dass sämtliche rentenversicherungspflichtigen Zeiten in Ihrem persönlichen und beruflichen Werdegang erfasst sind. Zwar werden die meisten Rentenversicherungszeiten automatisch an die Rentenversicherung gemeldet. Dennoch bestehen oft Lücken, weil eine rentenversicherungsrelevante Zeit nicht erfasst wurde. Die Lücke bleibt dann einfach bestehen. Insbesondere Zeiten der Schul- und Berufsausbildung sowie Zeiten der Kindererziehung bleiben so gut wie immer unberücksichtigt.
In Betracht kommen insbesondere:
- Zeiten der Schwangerschaft und Mutterschaft während der Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz
- Zeiten der Kindererziehung
- Zeiten, in denen Sie Schlechtwettergeld bezogen haben
- Zeiten der Pflege von Angehörigen
- Wehr- und Zivildienstzeit
- Ausbildungszeiten in Schule und Hochschule
- Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme
- Zeiten der Arbeitslosigkeit
- Zeiten einer Erkrankung
- Zeiten in der ehemaligen DDR vor dem 31.12.1991
Was, wenn Ex-Partner im Rentenalter stirbt?
Verstirbt Ihr ehemaliger Partner im Alter, ohne dass Sie beide erneut geheiratet hätten, erben Sie nicht die Ansprüche aus seiner Rente. Haben Sie Rentenpunkte abgegeben, können Sie diese nun nicht mehr zurückfordern. Der Versorgungsausgleich ist mit der Scheidung gemeinhin abgeschlossen. Es gibt jedoch eine Ausnahme: Hat der Ex-Partner nur Rente für maximal 36 Monate bezogen, so können Sie die Anpassung beantragen und für die Zukunft wieder mehr Rente erhalten.
Nachweise für den Versorgungsausgleich
Oft ist es so, dass der Versorgungsausgleich das Scheidungsverfahren erheblich verzögert. Es liegt an den Parteien selbst, dafür zu sorgen, dass das Scheidungsverfahren zügig durchgeführt werden kann, indem sie ihre Altersversorgung auf den Prüfstand stellen. Es ist empfehlenswert, möglichst frühzeitig damit zu beginnen, die Unterlagen zusammenzutragen, die das Familiengericht für die Durchführung des Versorgungsausgleichs bei Scheidung benötigt.
Um Ihre eventuell bestehenden Ansprüche aus diesen Zeiten abzuklären, benötigen Sie entsprechende Unterlagen, deren Beschaffung oft Zeit erfordert und einen gewissen Aufwand mit sich bringt. Sie sind also gut beraten, sich frühzeitig darum zu bemühen. Vereinbaren Sie bei einer Auskunfts- und Beratungsstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund einen Beratungstermin. Der zuständige Sachbearbeiter wird mit Ihnen gemeinsam versuchen, fragliche Zeiten abzuklären. Er weiß aus Erfahrung, wo Sie fehlende Dokumente unter Umständen noch nachträglich beschaffen können. Problematisch sind oft Lohn- und Gehaltsunterlagen über Arbeitszeiten in der ehemaligen DDR. Diese sind bei Nachfolgeunternehmen oder in Archiven teils noch vorhanden. Die verpflichtenden Fristen zur Aufbewahrung solcher Unterlagen sind jedoch Ende 2011 abgelaufen.
So gehen Sie bei der Kontenklärung vor
Um den Versorgungsausgleich bei Scheidung zu beschleunigen und Ihr Versicherungskonto abzuklären, rufen Sie am besten bei einer Auskunfts- und Beratungsstelle der Deutschen Rentenversicherung an oder richten ein kurzes Schreiben dorthin. Die Rentenversicherung wird Ihnen Formulare zuschicken, in denen alle wichtigen Angaben abgefragt werden. Die richtige Adresse finden Sie auf deutsche-rentenversicherung.de.
Sie erhalten diese Formulare aber auch bei den bundesweit ehrenamtlich tätigen Versichertenberatern und Versichertenältesten sowie teils auch bei Gemeinde- und Stadtverwaltungen. Die Berater helfen auch dabei, die Formulare zu verstehen und auszufüllen.
Sofern Sie sich bei einer Auskunfts- und Beratungsstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund beraten lassen möchten, müssen Sie damit rechnen, dass Sie mehrere Wochen auf einen Termin warten müssen. Es bestehen erhebliche Vorlaufzeiten. Die Dauer der Bearbeitung im Übrigen richtet sich danach, ob es für eventuell bestehende Lücken noch aussagekräftige Unterlagen gibt. Können Sie alles lückenlos nachweisen, ist Ihr Versicherungsverlauf zügig geklärt und dem Versorgungsausgleich bei Scheidung steht nichts mehr im Weg. Ihr Rentenversicherungsträger wird im Rahmen der Kontenklärung Ihre bisher erfassten Daten überprüfen und Sie informieren, falls Lücken bestehen.
Auch ohne Scheidung Auskunft von der DRV erhalten
Auch außerhalb eines laufenden Scheidungsverfahrens können Sie jederzeit Auskunft über den Stand Ihres Versicherungskontos bekommen. Sind Sie älter als 27 Jahre, informiert Sie der Rentenversicherungsträger regelmäßig, meist im Jahresrhythmus, automatisch über Ihre Rentenansprüche. Sind Sie älter als 55 Jahre, erhalten Sie alle drei Jahre anstelle der einfachen Renteninformation eine ausführlichere Rentenauskunft. Betreiben Sie die Kontenklärung erst dann, wenn Sie Rente beantragen, besteht das Risiko, dass Sie aufgrund des Zeitverlaufs rentenversicherungspflichtige Zeiten vielleicht nicht mehr nachweisen können und verzögern damit die Bearbeitung Ihres Rentenantrags und der zu erwartenden Rentenzahlungen.