Während des Umgangs Fotos senden?

Dienstag, 04.06.2024 , geschrieben von iurFRIEND-Redaktion

Betreuende Elternteile sind – zumindest bei den ersten Malen nach einer vielleicht streitigen Trennung - in Sorge, ob es dem Kind in der Obhut des umgangsberechtigten Elternteils wirklich gut geht. Daraus könnte sich der Wunsch entwickeln, dass der umgangsberechtigte Elternteil Fotos vom Kind macht und diese dem betreuenden Elternteil übersendet. Ob Sie als umgangsberechtigter Elternteil dazu verpflichtet oder gar dazu berechtigt sind, sie z.B. über WhatsApp zu versenden, erfahren Sie hier. Damit es zu diesen Sorgen gar nicht erst kommt, und Sie im Guten auseinander gehen, ist die einvernehmliche Scheidung vielleicht eine Option für Sie – diese können Sie hier bei uns online beantragen.

Bin ich verpflichtet, dem betreuenden Elternteil Fotos zu schicken?

Es gibt keine gesetzliche Regelung oder sonstige Richtlinie, die den umgangsberechtigten Elternteil verpflichten würde, dem betreuenden Elternteils Fotos zu schicken, um nachzuvollziehen und nachzuprüfen, ob es dem Kind wirklich gut geht. Die Antwort findet sich vielmehr darin, was den Zweck des Umgangsrechts ausmacht. 

 

Zweck des Umgangsrechts ist es, dem leiblichen Elternteil die Möglichkeit zu gewähren, die Beziehung zum eigenen Kind zu pflegen und aufrechtzuerhalten. Der umgangsberechtigte Elternteil handelt aus seiner Verantwortung für das leibliche Kind heraus. Er ist Elternteil des Kindes und sollte aus eigener Verantwortung wissen, was richtig ist und was falsch ist.

 

Das Umgangsrecht ist insoweit ein selbstständiges, vom Sorgerecht unabhängiges Recht des Kindes und jenes Elternteils, mit dem das Kind nicht ständig zusammenlebt. Das Umgangsrecht hat sogar Verfassungsrang. Damit entscheidet der umgangsberechtigte Elternteil in eigener Verantwortung, wie er den Umgang mit dem Kind gestaltet. Es ist und bleibt seine Entscheidung als Elternteil, ob er/sie dem betreuenden Elternteil Fotos schickt oder es als unangemessen empfindet, fortlaufend über die Situation des Kindes berichten zu müssen. 

CHECKLISTE

Wie können wir die Trennung & Scheidung für unsere Kinder gestalten?

Die Scheidung ist insbesondere für die Kinder belastend. Wie können Sie als Eltern Ihre Kinder entlasten?

Checkliste

Trennung und Scheidung mit Kind

Auf diese Aspekte sollten Sie bei einer Trennung und Scheidung mit Kind achten.

Download

Fotos nur bei Vereinbarung oder Gerichtsbeschluss

Ungeachtet der gesetzlichen Gegebenheiten bleibt es die freie Entscheidung des umgangsberechtigten Elternteils, ob er oder sie auf freiwilliger Basis während des Umgangs Fotos vom Kind macht und die Fotos dem betreuenden Elternteil übersendet. Die Bereitschaft hierzu könnte vertrauensbildend wirken und dazu dienen, den vielleicht kritisch betrachteten Umgang mit dem Kind zu fördern und ein eventuelles Misstrauen gar nicht erst entstehen zu lassen.

 

Genauso gut bleibt es den Eltern unbenommen, jederzeit eine Vereinbarung zu treffen, die den Austausch von Fotos während des Umgangs vorsieht. Die Absprachen können mündlich oder formell schriftlich erfolgen. Sie können das Vertrauen stärken und dem vielleicht besorgten und ängstlichen betreuenden Elternteil darüber hinweghelfen, dass er/sie in der Zeit des Umgangs keine Kontrolle über das Kind hat. Sollte der andere Elternteil diese Absprache nicht respektieren, lässt sich daraus allerdings keine rechtlich verbindliche Regelung entnehmen.

 

Eine Option könnte darin bestehen, den umgangsberechtigten Elternteil per Gerichtsbeschluss zu verpflichten, während des Umgangs Fotos zu übersenden. Gemäß § 1684 Abs. II BGB kann das Familiengericht nämlich die Ausübung des Umgangsrechts näher regeln und detailliert vorgeben, unter welchen Bedingungen der Umgang gewährt wird. Entsprechende Gerichtsentscheidungen im Hinblick auf die Verpflichtung, beim Umgang Fotos zu übersenden, sind jedoch nicht bekannt und dürften eher ungewöhnlicher Natur sein. 

Darf man Kinderfotos über WhatsApp versenden?

Kommunizieren beide Elternteile über WhatsApp, spricht nichts dagegen, Kinderfotos über WhatsApp zu versenden. Es ist durchaus gängige Praxis, Kinderfotos über Messaging-Dienste zu verschicken. Allerdings sind dabei gewisse Datenschutz- und Sicherheitsrisiken abzuwägen.

Datenschutz

WhatsApp verschlüsselt Nachrichten Ende-zu-Ende, sodass nur der Sender und der Empfänger den Inhalt sehen können. Trotz dieser Sicherheitsmaßnahme sollten Sie vorsichtig sein, wem Sie persönliche Fotos senden, da Sie die Kontrolle über die Bilder verlieren, sobald sie gesendet wurden. Der Empfänger kann die Fotos speichern, weiterleiten oder anderweitig verwenden, ohne Ihre Zustimmung. Ist der Empfänger der Elternteil des Kindes, sollten Sie davon ausgehen dürfen, dass der Datenschutz gewährleistet bleibt.

Rechtliche Aspekte

In vielen Ländern regelt die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) den Schutz personenbezogener Daten, insbesondere von Kindern. Eltern oder Erziehungsberechtigte haben zwar in der Regel das Recht, Fotos ihrer Kinder zu teilen, sie müssen jedoch sorgfältig überlegen, ob und wie sie diese teilen, um die Privatsphäre und Sicherheit ihrer Kinder zu wahren.

Einwilligung

Ältere Kinder sollten in einem altersgerechten Rahmen in die Entscheidung einbezogen werden, ob Fotos von ihnen geteilt werden dürfen. Es kann lehrreich sein, dem Kind den Datenschutz und persönliche Grenzen zu vergegenwärtigen.

Alternativen

Für den privaten Austausch von Fotos gibt es sicherere Alternativen, wie z.B. Cloud-Dienste mit eingeschränktem Zugriff oder private, passwortgeschützte Alben, die mehr Kontrolle über den Zugriff bieten.

Darf der Elternteil Fotos vom Kind beliebig posten?

Eine ganz andere Frage ist es, wenn der umgangsberechtigte Elternteil, aber auch der betreuende Elternteil, Fotos vom Kind beliebig posten möchte und der andere Elternteil nicht der alleinige Adressat ist. Dann haben auch Dritte Zugriff auf die Fotos vom Kind, mit der Konsequenz, dass der Datenschutz eine besondere Rolle spielt. 

Praxisbeispiel

Volljähriges Kind klagt wegen Kinderfotos auf Facebook

In einem Fall, der 2017 vom Amtsgericht Halle (Saale) entschieden wurde, ging es um die Klage einer Tochter gegen ihren Vater wegen der Veröffentlichung von Kinderfotos auf Facebook ohne ihre Zustimmung. Die zum Zeitpunkt der Klage bereits volljährige Tochter, forderte, dass der Vater die Fotos entfernt, da sie ohne ihre Einwilligung veröffentlicht wurden und ihr Persönlichkeitsrecht verletzten. Das Gericht gab der Tochter Recht und entschied, dass die Veröffentlichung der Fotos ohne ihre Zustimmung eine Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts darstellte. Der Vater wurde verpflichtet, die Fotos zu entfernen.

Praxisbeispiel

Informationen über Kind geteilt – reicht schon!

In Italien wurde eine Mutter zu einer Geldstrafe verurteilt, weil sie Fotos und Informationen über ihren Sohn ohne seine Zustimmung auf Facebook gepostet hatte. Das Gericht in Rom entschied, dass dies eine Verletzung seiner Privatsphäre darstellte. Dieser Fall unterstreicht, wie ernst einige Länder den Datenschutz von Kindern in sozialen Medien nehmen, selbst wenn die Eltern diejenigen sind, die die Informationen teilen.

In Frankreich warnen Behörden und Rechtsexperten regelmäßig Eltern davor, Fotos ihrer Kinder in sozialen Medien zu teilen. Französisches Recht ermöglicht es Kindern, ihre Eltern für die Veröffentlichung von Fotos ohne ihre Zustimmung zu verklagen, was zu Geldstrafen und in extremen Fällen sogar zu Gefängnisstrafen führen kann. Dies basiert auf den strengen Datenschutzgesetzen Frankreichs, die die Rechte des Einzelnen auf Privatsphäre schützen.

Alles in allem

Steht die Ausübung des Umgangsrechts zur Debatte, sind Elternteile gut beraten, die Interessen des jeweils anderen Elternteils ernst zu nehmen alles dafür zu tun, dass das Umgangsrecht angemessen ausgeübt werden kann und seinen Zweck erfüllt. Genauso sollte der umgangsberechtigte Elternteil die Sorgen und Ängste des anderen Elternteils ernst nehmen, wenn dieser das Kind aus seiner Obhut entlässt und darauf vertrauen muss, dass der umgangsberechtigte Elternteil seiner Verantwortung für das Kind gerecht wird. Jede Maßnahme, die vertrauensbildend wirkt, ist eine gute Maßnahme. Ist die Übersendung von Fotos zumutbar, kann darin eine gute Option bestehen, das Umgangsrecht vertrauensvoll zu gestalten.

5 Sterne 5.0
Icon: TÜV-NordIcon: TÜV-Nord
"Mein Vertrauen in iurFRIEND war gerechtfertigt."
War diese Seite hilfreich für Sie?
Ja    Nein

96% der Benutzer finden diesen Beitrag hilfreich.